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UN-Showdown: Mitten in der Nacht fallen heftige Worte - Ukraine-Gesandter schickt zwei Botschaften an Putin

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Von: Hannes Niemeyer

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In einer Sondersitzung tagte der UN-Sicherheitsrat zu den neuen Schritten im Russland-Ukraine-Konflikt.
In einer Sondersitzung tagte der UN-Sicherheitsrat zu den neuen Schritten im Russland-Ukraine-Konflikt. © Evan Schneider / dpa

Nach den neuen Ankündigungen Putins kam der UN-Sicherheitsrat noch in der Nacht zu einer Sondersitzung zusammen. Heftiger Worte in Richtung Russland inklusive.

New York - Sondersitzung mitten in der Nacht. Um drei Uhr in der früh (deutscher Zeit) ist eine kurzfristig einberufene Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates gestartet. Bis fünf Uhr tagten die Botschafter über die voranschreitende Eskalation im Konflikt zwischen der Ukraine und Russland.

Keines der Mitglieder des mächtigsten UN-Gremiums verteidigte Moskaus Entsendungsbefehl von Truppen in das Nachbarland bei einer hitzigen Dringlichkeitssitzung in New York am Montagabend (Ortszeit). Die USA sehen die Handlungen als ersten Schritt zu einem vollständigen Einmarsch. Russland gab unterdessen der Ukraine die Schuld und drohte mit „äußerst gefährlichen Folgen“. Moskaus Partner China hielt sich auffallend zurück.

Ukraine-Eskalation: In UN-Sondersitzung fallen heftige Worte - „hanebüchen, falsch“

Die US-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield verurteilte die Anerkennung der selbst ernannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk in der Ostukraine durch Russland sowie die Entsendung von Truppen in die Regionen. Die Bezeichnung der Truppen durch Putin als „Friedenswächter“ nannte sie „Unsinn. Wir wissen alle, was sie wirklich sind. Und wir dürfen jetzt nicht wegschauen. Darüber hinaus ist dieser Schritt von Präsident Putin eindeutig die Grundlage für den Versuch Russlands, einen Vorwand für eine weitere Invasion der Ukraine zu schaffen“, sagte sie. Putins Begründung nannte Thomas-Greenfield „hanebüchen und falsch“. Auch die Behauptung des Kreml-Chefs, die Ukraine wolle durch westliche Hilfe ihre Atomwaffenproduktion aufstocken, wies sie klar ab.

Putin habe das Minsker Abkommen „in Stücke gerissen“. Die Botschafterin kündigte schwere Konsequenzen für Moskau an. Thomas-Greenfield warf dem russischen Präsidenten zudem vor, er träume von einem russischen Großreich. „Putin möchte, dass die Welt in der Zeit zurückreist, in die Zeit vor den Vereinten Nationen, in eine Zeit, als Imperien die Welt beherrschten - aber der Rest der Welt hat sich vorwärts bewegt. Es ist nicht 1919, sondern 2022.“

Russland-Botschafter schiebt Ukraine in UN-Sondersitzung Schuld an Aggressionen zu

Völlig gegenteilig reagierte darauf Russlands UN-Botschafter. Wassili Nebensja tat diese und andere Wortmeldungen - unter anderem von Verbündeten wie Irland, Norwegen oder Albanien - als „emotionale Stellungnahmen“ ab. In seiner Rede nahm er die Ukraine ins Visier und behauptete, dass die Aggressionen von dort ausgehen würden. Dort habe man „militärische Pläne“ und beschieße und provoziere Luhansk und Donezk. Die Aktionen pro-russischer Separatisten bezeichnete Nebensja als Freiheitskampf.

Nach Anerkennung der „Volksrepubliken“ durch Moskau könne dies „äußerst gefährliche Folgen haben“. Kiew habe das Minsker Abkommen nicht erfüllen wollen, allerdings gestand auch Nebensja ein, dass das Abkommen „noch nicht tot“ sei. Um einen Krieg zu vermeiden, müsse die Ukraine nun zu einem Ende seiner Provokationen gezwungen werden. „Wir bleiben offen für eine diplomatische Lösung. Aber wir beabsichtigen nicht, ein neues Blutbad im Donbass zuzulassen“, sagte Nebensja.

UN-Sicherheitsrat: „Russland hat die Welt an den Rand des Abgrundes gebracht“

Die Maßnahmen für einen Einmarsch in die Ukraine, vor dem westliche Länder wochenlang gewarnt hatten, waren von UN-Generalsekretär António Guterres als Bruch der Charta der Vereinten Nationen bezeichnet worden - ein seltener Vorwurf gegen eine Vetomacht. Russlands engster Partner im Sicherheitsrat kam derweil nicht zur Hilfe: Nur 1:16 Minuten dauerte das Statement von Pekings Gesandtem Zhang Jun, in dem er sagte, dass alle internationalen Streitigkeiten „mit friedlichen Mitteln im Einklang mit den Zielen und Grundsätzen der UN-Charta“ gelöst werden müssten.

Deutlich dramatischer fiel da die Rede der Botschafterin aus Großbritannien aus. Barbara Woodward sprach von „Krieg, Tod und Zerstörung“ und kündigte ebenfalls „schwerwiegende Konsequenzen“ bei einer möglichen Invasion an. Mit den Worten „Russland hat die Welt an den Rand des Abgrundes gebracht“, schloss sie ihren Beitrag.

Deutsche UN-Botschafterin wirft Russland Lügen vor - „Heute hat es sich entlarvt ...“

Der deutschen UN-Botschafterin Antje Leendertse zufolge offenbarte Russland mit seinem Vorgehen seine wahren Absichten. „Russland hat wiederholt darauf bestanden, nicht an dem (Ukraine)-Konflikt beteiligt zu sein. Heute hat es sich entlarvt und zeigt, dass es das schon immer war“, sagte sie. Wie auch Frankreich, Großbritannien und weitere westliche Länder kündigte sie „entschiedene und angemessene Maßnahmen“ an. Auch Scholz und Baerbock äußerten sich bereits.

Ukraine-Botschafter sendet in UN-Sicherheitsrat gleich zwei drastische Botschaften an den Kreml

Der ukrainische UN-Botschafter Serhij Kyslyzja rief derweil die Partner der Ukraine im UN-Sicherheitsrat zur Unterstützung auf. Man erwarte nun „klare und effiziente Schritte. Es ist entscheidend, jetzt zu sehen, wer unsere echten Freunde und Partner sind. Wer auf der Seite der UN-Charta steht und wer Russland nur mit nichts als Worten aufhalten will“.

Im UN-Sicherheitsrat richtete der ukrainische Abgeordnete Sergiy Kyslytsya zwei drastische Botschaften an Russland.
Im UN-Sicherheitsrat richtete der ukrainische Abgeordnete Sergiy Kyslytsya zwei drastische Botschaften an Russland. © Richard Drew / dpa

An Russland gerichtet hatte Kyslyzja gleich zwei Botschaften. Man werde „keiner Provokation erliegen“, sagte er. Außerdem fügte er hinzu: „Die international anerkannten Grenzen der Ukraine sind unveränderlich. Unabhängig von russischen Aktionen. Gleichzeitig gab der Ukraine-Gesandte sich betont kämpferisch: „Wir werden standfest sein. Wir befinden uns auf unserem Grund und Boden. Wir haben vor nichts und niemandem Angst. Wir schulden niemandem etwas und wir geben niemandem etwas“.

Derweil sollen bereits die ersten russischen Militärfahrzeuge in der Ostukraine aufgetaucht sein. Panzer und Geräte sind allerdings mit einem rätselhaften Zeichen markiert. (han/dpa)

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