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„Russland respektiert nur Stärke“

US-general Hodges im Interview . Erstmals seit Ende des Kalten Kriegs rollen riesige Militärkonvois durch Westeuropa.

Die USA bauen ihre Präsenz wieder auf, brachten Panzer und Material auf den Kontinent, sind mit 30 000 Soldaten präsent. Das Ziel: Eine Abschreckungs-Strategie gegen Russland, eine Stärkung der Nato. Kommandiert wird das Unterfangen von Generalleutnant Ben Hodges, dem ranghöchsten US-Militär in Europa. Wir haben Hodges in München zum Interview getroffen. Der 59-Jährige wird am Jahresende pensioniert. Auch in Washington könnte mancher in der Trump-Administration dann aufatmen: Hodges ist dort wegen mitunter sehr klarer kritischer Worte wohlbekannt.

-30 000 US-Soldaten sorgen derzeit in Europa für Stabilität. Was tun, wenn Ihr Präsident plötzlich das Interesse verliert?

Präsident Trump setzt genau das um, was Obama angekündigt hat. Es wird längere Zeit bei den 30 000 bleiben, vielleicht etwas mehr – das hoffe ich. Ich kann nicht sehen, warum Trump je sein Interesse an Europa verlieren sollte. Unsere wirtschaftliche Zukunft ist eng verbunden mit der Stabilität in Europa – das sind unsere wichtigsten Handelspartner. Auch der Kongress, jede Partei, unterstützt diesen Kurs zu 100 Prozent.

-Fühlt sich Präsident Trump noch an die Nato-Beistandsverpflichtung gebunden? Oder stört ihn massiv, dass die Europäer zu wenig zur kollektiven Sicherheit beitragen?

Das schließt sich doch nicht aus. Der Präsident hat mehr als einmal öffentlich gesagt: Wir bekennen uns zur Beistandsverpflichtung in Artikel 5 des Nato-Vertrags. Wir erinnern unsere Partner aber auch an Artikel 3: Jedes Mitglied muss alles dazu beitragen, sich selbst optimal zu schützen. Die meisten Mitgliedsstaaten sind bei der Anhebung der Verteidigungsausgaben auf einem guten Weg, manche haben zumindest den Abbau gestoppt.

-Putin hat sein großes Sapad-Manöver gestartet, argwöhnisch beäugt. Ist Russland weiterhin ein gefährlicher Nachbar?

Ja, sicher. Eine Krise oder ein Angriff drohen nicht unmittelbar. Aber die Gefahr wird größer, wenn die Nato nicht den Eindruck vermittelt, geschlossen aufzutreten. Russland respektiert nur Stärke. Wo immer es geht, wird Russland sonst versuchen, die Nato und die EU zu spalten.

-Es gab jüngst interne Berichte über massive logistische Probleme der Nato, Ärger mit Grenzen, Transportwegen, Spurbreiten der Züge. Ist der größte Feind in Europa nicht die Bürokratie?

Vor dreieinhalb Jahren hatte der letzte US-Panzer Europa verlassen. Wir haben das schwere Gerät zurück nach Hause gebracht. Wir dachten, wir brauchen es nicht mehr – das war ein Fehler, wie uns die russische Annexion der Krim gelehrt hat. Jetzt kommen wir zurück und müssen die Infrastruktur neu anpassen. Auch diese Investitionen sind übrigens ein Teil der Verteidigungsausgaben.

-In Berlin verhandeln die Jamaika-Unterhändler. Geben Sie denen doch mal einen Rat mit: Was wäre in der Verteidigungspolitik besonders wichtig?

Ich habe da schon Vertrauen. Mir macht Mut, dass mehr und mehr Deutsche bereit sind, internationale Verantwortung zu übernehmen. Der Bundestag hat inzwischen 16 Auslandseinsätze weltweit mandatiert. Die Leute wissen: Wirtschaftswachstum ist kein Geschenk, Freiheit ist kein Geschenk – sondern muss geschützt und manchmal erkämpft werden. Das ist keine philosophische Debatte, sondern eine sehr reale, wenn wir an die Bedrohung durch Angriffe, Terror, Desinformationskampagnen denken.

-Das Nato-Ziel ist, zwei Prozent der Wirtschaftsleistung in Verteidigung zu investieren. Deutschland ist davon weit weg. Würden Sie es akzeptieren, wenn wir Ausgaben für Militär und für Entwicklungshilfe einfach addieren?

Was im direkten Zusammenhang mit Militär steht – Infrastruktur für große Truppenverlegungen, Ausbildung ausländischer Armeen –, kann man einrechnen. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass wir bei Verteidigungsausgaben ernsthaft die klassische Entwicklungshilfe einrechnen können.

-Sie kamen 1981 als Leutnant im Kalten Krieg nach Deutschland. Sie gehen Ende 2018 als General in Pension. Ist die Welt heute sicherer?

Gute Frage. Als ich 1981 kam, gab es auch schon Terrorismus. Es gab eine riesige russische Armee mit Nuklearwaffen drei Stunden entfernt in Ostdeutschland. Trotzdem hatten wir damals eine Art Stabilität angesichts der großen Armeen. Heute finden wir enorm viele Krisenherde in allen Teilen der Welt – Iran, Korea, Syrien, dazu den Migrantenstrom, der in den nächsten Jahren noch massiv zunehmen wird. Vielleicht haben wir heute nicht mehr direkte Gefahr als damals – aber mehr Unsicherheit.

Interview: Christian Deutschländer

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