„Maischberger“ zur Reichsbürger-Razzia: Faeser lobt „gute Idee“ zur Kündigung von Verfassungsfeinden

Wer Umsturzfantasien habe, der habe nichts mehr im öffentlichen Dienst zu suchen, so Innenministerin Nancy Faeser im „Maischberger“-Talk.
Berlin – „Was aussieht wie eine Groteske, war eine sehr, sehr große Nummer“, sagt ARD-Hauptstadtkorrespondentin Tina Hassel im TV-Talk von Sandra Maischberger. Und Nancy Faeser kündigt an: Ab jetzt werde man bei den „Feinden der Demokratie noch genauer hingucken“. Man habe Telefone sichergestellt. Die würden nun ausgewertet, um die Vermutungen zu untermauern und fehlende Beweise zu bekommen.
Rechtsextrem? Faeser: Für eine Kündigung reicht im Öffentlichen Dienst künftig der bloße Verdacht
Die Razzia in der Reichsbürger-Szene nimmt Innenministerin Faeser zum Anlass, noch einmal an die Umkehrung des Disziplinarrechts zu erinnern, die sie im Frühjahr eingeleitet hat. Bei Mitarbeitern des Öffentlichen Dienstes werde es künftig sehr einfach sein, sie zu entfernen. Für eine Kündigung reiche dann der bloße Verdacht auf Demokratiefeindlichkeit. „Da muss man die Möglichkeit haben, jemanden schnell rauszubekommen“, sagt die SPD-Politikerin. „Wir haben eine gute Idee gefunden, das zu tun.“
Der Betroffene werde auch ohne jegliche Beweise mittels eines einfachen Verwaltungsaktes aus dem Dienst entfernt und müsse dann selbst seine Unschuld beweisen. Bisher habe stets der Staat den Verdacht beweisen müssen. Das sei jedoch zu schwierig, weshalb man das Grundprinzip der Rechtsstaatlichkeit aufgebe und lieber dem Verdächtigen künftig die Beweislast übertrage, „zu sagen, ich bin aber anständig und hab mir nichts zuschulden kommen lassen“.
Mit Sandra Maischberger diskutierten am 7. Dezember diese Gäste
- Hannah Bethke (Journalistin, Zeit)
- Nancy Faeser (Bundesinnenministerin, SPD)
- Arved Fuchs (Abenteurer)
- Prof. Johannes Vogel (Biologe und Artenforscher)
- Micky Beisenherz (Komödiant, Moderator)
- Tina Hassel (Journalistin, ARD)
Beim Thema „Illegale Immigration“ sieht Faeser dagegen keinen Handlungsbedarf. Maischberger spielt die Kritik des FDP-Generalsekretärs Bojan Djir Sarai ein: „Jetzt ist nicht der Zeitpunkt für eine Vereinfachung des Staatsbürgerschaftsrechts. Es gibt bisher keinerlei Fortschritte bei der Rückführung und Bekämpfung der illegalen Migration.“ Hintergrund ist die Ermordung eines 14-jährigen Mädchens durch einen illegalen Einwanderer aus Eritrea im baden-württembergischen Illerkirchberg, der auch nach mehreren Jahren noch nicht abgeschoben worden ist.
Maischberger fragt Faeser, warum keine zwei Prozent der abgelehnten Asylbewerber tatsächlich abgeschoben werden. Sie antwortet, man habe auch eine Million Flüchtlinge aus der Ukraine, und viele wollten zurück. Das Problem sei der Fachkräftemangel. Dies bemerke jeder Bürger in seinem Umfeld, wenn „das Lieblingsrestaurant nicht mehr so lange aufhat“. Der Kritik des FDP-Kollegen könne sie nicht folgen, übernimmt sie aber dennoch: „Die Staatsbürgerschaft steht am Ende eines Integrationsprozesses“. „Ja, das sagt er auch…“, erwidert Maischberger.
Ob Faeser im kommenden Jahr für das Amt der Ministerpräsidentin in Hessen kandidieren wird, will sie auch auf minutenlanges Nachfragen nicht beantworten. Das werde auf dem Parteitag im Februar entschieden. Maischberger äußert einen Verdacht: „Es könnte ja auch sein, dass Sie warten, dass die Umfragewerte der SPD etwas besser werden in Hessen und sie dann entscheiden, ob sie springen.“ Faeser lächelt gequält.
Hassel kritisiert One-Love-Binde: „Ziemlich leere Symbolpolitik“
Am Auftritt der Ministerin mit der One-Love-Binde im WM-Stadion von Katar lässt die versammelte Runde kein gutes Haar. Journalistin Hannah Bethke spricht von einer „moralinsauren Debatte“, Hassel nennt es „ziemlich leere Symbolpolitik“. Sie fragt: „Warum ist Katar gut genug, uns Gas zu liefern, aber nicht gut genug, die WM auszurichten? Ich glaube nicht, dass wir da an unserem Image gearbeitet haben.“
Faeser rechtfertigt sich: Es sei „ein Protest gegen die Fifa“ gewesen, nicht gegen Katar. Mit dem Auftritt im Stadion habe sie „versucht, diese Debatte von dem Fußballereignis abzukoppeln“. Maischberger konstatiert: „Das ist ihnen nicht gelungen, das muss man ja mal sagen.“ Sie lässt die Kritik des katarischen Energieministers Saad Scharida al-Kaabi einspielen: „Wenn ich als Regierungsvertreter ein anderes Land besuche und weiß, dass das Land von einer speziellen Geste angegriffen ist, dann würde ich das respektieren.“
Bethke sticht nach: „Wenn die Innenministerin da auftritt und denkt, das würde etwas bewirken, dann finde ich es, Entschuldigung, etwas naiv.“ Hassel erinnert an Vizekanzler Robert Habecks Auftritt vom Frühjahr: Das Foto seines Bücklings vor Energieminister al-Kaabi klebe an ihm „bis in alle Ewigkeit wie ein Kaugummi am Schuh“. Maischberger ergänzt: Weder Scholz noch Habeck hätten bei ihren Gesprächen am Golf „irgendwelche Binden getragen“.
Schlechte Noten für die Ampel: „Die Zeitenwende ist eine Zeitlupenwende“
Das erste Jahr der Ampel-Koalition erntet bei den drei Journalisten einhellig Kritik. „Den Koalitionsvertrag können sie abheften“, sagt Hassel. Der Kanzler sei voller Selbstlob, die Regierung „seit einem Jahr in einer massiven Krise“. Die Koalition produziere „Gesetzesvorlagen wie andere Brezeln“ voller handwerklicher Fehler. Und Komödiant Beisenherz vergleicht die Politik mit einem abstürzenden Flugzeug. Die „vergurkte Gasumlage“ und der Tankrabatt würden bei der Bevölkerung „den Eindruck hinterlassen: So richtig kriegen sie es nicht gebacken.“
Als Maischberger nach der Bilanz von Robert Habeck (Grüne) fragt, bekommt sie zunächst gar keine Antwort: Hassel stöhnt und wirft den Kopf zur Seite. Und Gesundheitsminister Karl Lauterbach? Der sei „besser gewesen, als er nicht Minister war“, sagt Bethke. „Ich kenne keinen anderen Minister, der seine eigenen Vorhaben in einer Talkshow über den Haufen geschmissen hat“, ätzt Hassel.
Kanzler Olaf Scholz schließlich wird für sein beharrliches Schweigen gerügt. Beisenherz sieht in einem solchen Verhalten nur „eine Art von Führungsstärke, wenn ich einen Plan habe – Klammer auf: Ich hoffe, er hat einen, Klammer zu“. Bei der Zeitenwende habe Scholz aber offenbar die Hoffnung, dass „die Zeit sich von ganz allein wendet und er so aus der zweiten, dritten Reihe dann hinten rumkommt und sagt: Na, seht Ihr, Freunde, wie ich das hingekriegt habe“. Hassel fasst ihre Resignation in Worte: „Es gibt ja das böse Wort, dass die Zeitenwende eine Zeitlupenwende ist.“
Fazit des Talks bei Sandra Maischberger
Jede Menge Kritik an Ministerin Faeser und der Ampelkoalition. Was in der Sendung fast unterging: Artenforscher Prof. Johannes Vogel warnt angesichts des Klimawandels vor einer deutlichen Abkühlung (!) und härteren Wintern. „Dann wäre Ackerbau hier nicht mehr möglich. Zustände bei uns wie in New York möchte ich mir gar nicht vorstellen.“ (Michael Görmann)