ZWEI EXPERTINNEN ERKLÄREN, WIE ZU INTENSIVES SURFEN AM HANDY ZU PHYSISCHEN UND PSYCHISCHEN BEEINTRÄCHTIGUNGEN FÜHRT
Das macht das Smartphone mit dem Körper
München – Sehnenscheidenentzündungen, Übergewicht und Muskelzerrungen – das sind nur drei der vielen Folgen, die stundenlanges Surfen am Handy für Kinder und Jugendliche haben kann.
Wie sich übermäßiger Smartphone-Konsum auf die Gesundheit auswirkt.
Haltungsschäden
Die Halswirbelsäule trägt das Gewicht des Kopfes. In gebeugter Haltung ist das aber deutlich schwerer, als im aufrechten Gang. Wer beim Gehen auf sein Handy blickt, belastet Wirbelsäule, Muskeln, Sehnen und Bänder währenddessen mit einer bis zu fünffachen Gewichtskraft. „Auf Dauer macht das die Nacken- und Rückenmuskulatur nicht mit“, sagt Kinderorthopädin Cora Behnisch-Gärtner vom Klinikum Schwabing. Haltungsschäden wie ein Buckel, Muskelzerrungen und eingeklemmte Nerven sind die unangenehmen Folgen.
Smartphone-Nacken
Der Smartphone-Nacken entsteht, weil Jugendliche bei der Handynutzung den Hals nach vorne recken und nach unten schauen. Mit der Zeit passt sich die Hals- und Nackenmuskulatur dieser Haltung an. Dadurch kann es zu Kopfschmerzen, Schwindelgefühlen und Sehstörungen kommen. „Manchmal ist die Nacken- und Rückenmuskulatur so verändert, dass eine Operation nötig wird“, sagt Behnisch-Gärtner. Regelmäßiges Nackentraining, zum Beispiel in Form von kreisenden Kopfbewegungen, und vor allem weniger Smartphone-Konsum helfen, die Symptome zu bekämpfen.
Handy-Daumen
„Viele Jugendliche texten einhändig, dadurch wird der Daumen übermäßig beansprucht“, erklärt Behnisch-Gärtner. „Die Folge sind Verschleiß und Sehnenscheiden-Entzündungen, wie sie sonst üblicherweise im hohen Alter auftauchen.“ Beim Wischen und Tippen führt der Daumen viele schnelle Bewegungen aus, die er evolutionstheoretisch nicht gewohnt ist. Ärzte raten, bei Schmerzen einen Arzt aufzusuchen.
Soziale Isolation
Eine psychische Folge von exzessiver Handynutzung ist Vereinsamung. „Auch wenn die sozialen Medien das Gegenteil suggerieren, isolieren sich Jugendliche mit gesenktem Blick immer mehr von der realen Außenwelt“, sagt Dr. Sigrid Aberl, Chefärztin der Kinder- und Jugend- psychosomatik. „Ihnen fehlen zunehmend wichtige Handlungskompetenzen im zwischenmenschlichen Kontakt, was Ängste verstärken kann.“ Auch Essstörungen können durch übermäßigen Smartphone-Konsum entstehen. Manche Jugendliche seien so in die Medienwelt vertieft, dass sie das Handy nicht einmal zu den Mahlzeiten weglegen würden, sagt Aberl. Daher würden diese Jugendlichen oft auch immer seltener und unregelmäßiger essen.
Übergewicht
Wer stundenlang mit dem Smartphone auf dem Sofa liegt, bewegt sich nicht genügend. Durch den Bewegungsmangel bildet sich mit der Zeit die Beinmuskulatur zurück und es kommt bereits in jungen Jahren zu Übergewicht. In Deutschland gelten derzeit über 3,5 Millionen Jungen und Mädchen als übergewichtig. Die Tendenz ist steigend. Deshalb ist es ratsam, Bewegung in den Alltag zu integrieren. Einem Sportverein beitreten, zügig spazieren gehen oder mit dem Rad in die Schule fahren sorgt für den nötigen Ausgleich. cia