Schlechtester Wert seit 20 Jahren: Umfrage-Schock für die CSU

Nach der Asyldebatte und dem internen Hickhack erhält die CSU ein verheerendes Zwischenzeugnis. Nur noch 38 Prozent in Bayerns wichtigster Umfrage – Markus Söder reagiert leise. Und gelobt Besserung.
München – Man kann ihn nicht faul nennen, nicht bräsig oder gemütlich. Hinter Markus Söder liegen Tage, die mit Terminen aberwitzig vollgestopft sind. Elf Bierzeltauftritte und Großkundgebungen in zehn Tagen. Als Ministerpräsident ein Wust an Ortsterminen, allein seit Samstag die Schau mit den Flugtaxis, der Grundstein fürs Strafjustizzentrum, das Samba-Festival in Nordfranken, das Gaufest am Chiemsee, die ICE-Taufe, die Baukonferenz, der Ortstermin bei der Grenzpolizei*, die Kabinettssitzung, die Forstmesse.
Und dann kommen diese Zahlen. Am Mittwochnachmittag veröffentlicht der BR seinen großen „Bayerntrend“, die wichtigste Umfrage des Landes. Es ist die schlimmste Ohrfeige, die Söder und seine CSU in der 20-jährigen Geschichte dieser Zahlen je erhalten haben; die schlechtesten Werte, die je ein Ministerpräsident erreichte, das demoskopische CSU-Rekordtief.
Landtagswahl 2018 in Bayern: 38 Prozent - weit weg von möglicher Alleinregierung
Mit 38 Prozent könnte die CSU nicht mehr alleine regieren. Nicht mal mehr mit der FDP (5) würde es reichen, mit den recht heterogenen Freien Wählern (9 Prozent) nur hauchdünn. Die Grünen kommen auf 16 Prozent, deutlich vor SPD (13), AfD (12) und Linken (4). Der Auslöser der für die CSU düsteren Zahlen ist in der Partei jedem klar: der Streit um die Asylpolitik, das tagelange Spektakel um die Rücktrittsdrohungen von CSU-Chef* und Bundesinnenminister Horst Seehofer. „Die Stimmungsdelle war nach den letzten Wochen leider erwartbar“, sagt Söder in einer ersten Reaktion. „Streit nützt nie.“ Er äußert sich ungewöhnlich demütig, adaptiert einen Spruch, den PR-Strategen in aller Welt nur nach großen Unglücksszenarien hervorholen: „Wir haben verstanden.“ Jetzt setze man auf Landespolitik pur, sagt der Ministerpräsident.
Sich rauszuhalten aus Berlin, war sein ursprünglicher Plan, ehe er sich im Juni in Debatten zur Asylpolitik zu schroffen Worten verlocken ließ.* Das hat sich nicht gelohnt. 78 Prozent der Bayern sagen, die unionsinterne Auseinandersetzung um den Kurs habe der CSU geschadet; das meinen auch 68 Prozent der CSU-Anhänger. Dabei geht es eher um den Stil als um das Politikfeld – mehr als jeder zweite Wahlberechtigte hält Zuwanderung und Integration für das wichtigste Thema.
Landtagswahl 2018 in Bayern: Briefwahlphase setzt schon im September ein
Auffällig: Söder und Seehofer sacken in der Umfrage parallel ab. Seehofers Schulnote 3,9 (die schlechteste in der Geschichte der Umfrage) und Söders 3,4 passen zu den Werten für Bundesregierung (66 Prozent unzufrieden) und Staatsregierung (50 Prozent unzufrieden). „Dramatik, Stil und Rhetorik der unionsinternen Konfrontation zur Flüchtlingspolitik haben die Bayern in den letzten Wochen offenbar deutlich irritiert“, sagt Andreas Bachmann, der Redaktionsleiter der BR-Sendung „Kontrovers“. „Die Eskalation zwischen CDU und CSU hat aus meiner Sicht wesentlich zur Verunsicherung der Wahlberechtigten beigetragen.“
Bis zur Wahl am 14. Oktober das Ergebnis zu drehen, wird schwierig – zumal die Briefwahlphase ja schon im September einsetzt. Söders Leute machen sich vorerst damit Mut, dass erst 45 Prozent der Wähler festgelegt sind, ein Detail aus der Umfrage, für die 1003 Bayern zwischen 11. und 16. Juli von Infratest dimap befragt wurden.
Offene Vorwürfe aus der ersten Reihe der CSU an Söder oder Seehofer bleiben vorerst aus – auch von internen Kritikern. Die Ursache sei so deutlich, dass es keiner Kommentare bedürfe, lässt einer ausrichten.
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