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Ukraine-Talk bei Frank Plasberg

Experte warnt bei „Hart aber Fair“: Aus Teilmobilmachung könnte „Millionen-Mobilmachung“ werden

„Hart aber fair“: Moderator Frank Plasberg diskutiert mit seinen Gästen.
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„Hart aber fair“: Moderator Frank Plasberg diskutiert mit seinen Gästen.

„In jedem Krieg gibt es einen Wendepunkt“, sagt Frank Plasberg. Doch ob Putins Teilmobilmachung ein solcher Wendepunkt ist, davon ist die Runde nicht überzeugt.

Berlin – Russlands Machthaber Wladimir Putin mobilisiert ein Teil der russischen Bevölkerung, um das Defizit an Soldaten nach schweren Verlusten im Ukraine-Krieg zu beseitigen. Genau um diese „Teilmobilisierung“ ging es bei „Hart aber fair“ mit Moderator Frank Plasberg und seinen Gästen.

Journalist Udo Lielischkies etwa sieht die Teilmobilmachung, zu der der russische Präsident aufgerufen hat, eher als einen „Weckruf“. Er warnt davor, was passiert, „wenn jetzt diese Unmengen an schlecht trainierten Freiwilligen dazukommen“. Militärexpertin Claudia Major sieht das ähnlich: „Die Mobilmachung wird kurzfristig wenig bewirken.“ Die Rekruten müssten zunächst ausgebildet werden. Außerdem würden sie frühestens Anfang 2023 in der Ukraine ankommen. Doch Major warnt auch vor Missinterpretationen: Diese Teilmobilmachung sei deutlich größer als angenommen. Putin setze das Signal: „Ich kann länger als Ihr“.

Für den ehemaligen Diplomaten Wolfgang Ischinger ist Putin „persönlich ins Risiko gegangen“. Bisher sei der Krieg „für viele Russen eher großes Kino“ gewesen. „Man war selbst nicht betroffen, man konnte sich heraushalten. Jetzt plötzlich wird es ernst.“ Ischinger ist mit Major auf Linie. Aus der Teilmobilmachung könne bald „eine Millionen-Mobilmachung werden. Putin verknüpfe seine Karriere mit dem Kriegsverlauf. „Das macht es für ihn persönlich gefährlich.“ Mit dabei ist auch SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert, der den beiden recht gibt. Putin habe gedacht, „mit schlankem Fuß seine militärischen Ziele erzielen zu können. Aber jetzt sei Russland „international isoliert“.

„Hart aber fair“: Diese Gäste diskutierten mit Frank Plasberg

  • Serap Güler (CDU-Bundestagsabgeordnete)
  • Wolfgang Ischinger (pensionierter Diplomat)
  • Kevin Kühnert (SPD-Generalsekretär)
  • Udo Lielischkies (Journalist, ARD)
  • Claudia Major (Militärexpertin)

Und Putins offene Atomdrohung? „Ist das nur ein Bluff?“, will Plasberg wissen. Die CDU-Abgeordnete Serap Güler kann die Angst nicht nachvollziehen: „Die ständige Drohung mit der Atomwaffe ist eigentlich seine größte Waffe.“ Der Westen dürfe Putin nicht „auf den Leim gehen, indem wir selbst noch mit der Angst spielen“. Lielischkies hat dieselbe Meinung: „Wenn jemand wie Kühnert warnt, dann ist das Wasser auf Putins Mühlen.“ Der Kritisierte selbst rudert zurück. „Ich möchte jetzt nicht zur Gegenthese ansetzen.“ Und Major stellt klar. Putin würde mit einem Atomschlag riskieren, „dass die USA und der Westen deutlich aktiver in diesem Krieg werden“. Neben aller Theorie hat sie auch die konkreten Folgen im Blick: Atombomben auf Ziele mitten in Europa – „dann wäre für uns die Sicherheitslage deutlich schlechter.“

Ukraine-Krieg bei „Hart aber fair“: Güler bezweifelt Wirkung von Sanktionen

Die Drohung mit Atomwaffen sei nicht das Problem, sagt Güler, sondern: „Inwieweit können wir die Ukraine in die Lage versetzen, dass sie aus einer Position der Stärke heraus mit Putin verhandeln kann.“ Güler bezweifelt allerdings die Effizienz der Sanktionen. „Dass Putin international isoliert ist, das stimmt so auch nicht.“ Noch bevor sie den Gedanken weiter ausführen oder nur ihren Satz beenden kann, geht Plasberg dazwischen. „Das klären wir gleich, das ist so kompliziert.“ Stattdessen lässt er einen Fotovergleich der deutschen Panzerhaubitze 2000 und des Leopard-Panzers einspielen.

Doch Kühnert nimmt Gülers Faden auf. Er fühlt sich von ihr und Plasberg zu unrecht angegriffen, obwohl er doch eigentlich derselben Meinung sei, wie er immer wieder betont. Der SPD-General redet sich in Rage: „Wir sitzen auch heute wieder in einer Runde zusammen in der man mit der Position, nicht automatisch westliche Panzer zu liefern, anscheinend schon der pazifistische Außenflügel ist“, klagt er.

„Ich bin für Waffenlieferungen!“, sagt er laut, doch man müsse „berücksichtigen, dass es auch Leute gibt, die finden das alles schon viel zu viel, was wir machen. Denen müssen wir nachweisen, warum das für den internationalen Frieden nicht schädlich ist, was wir tun. Und wir reden jetzt hier über Panzer, als sei das…“ Allgemeine Aufregung in der Runde. Güler lacht: „Hier wollen grad alle darauf antworten.“ Kühnert sieht sich wieder in die Außenseiterposition gedrängt: „Das glaube ich sehr gern, dass sie alle drauf antworten wollen. Das ist Teil des Problems.“ Doch Lielischkies gibt Güler Feuerschutz und ermahnt Kühnert: „Sie sind ja jetzt kein Hinterbänkler, Sie sind der Generalsekretär!“ Güler erinnert derweil süffisant „an die 5000 Helme die wir liefern wollten“. Für sie ist klar, wer die Bremse ist: „Die Grünen möchten Waffen liefern, die FDP möchte. Es ist hauptsächlich die SPD, die hier Probleme macht.“

Major will alle Waffen im Zusammenspiel und „in der allerbesten Welt mit Luftunterstützung“

Ruhe kehrt erst wieder ein, als die Militärexpertin Major ausführlich die einzelnen Waffensysteme gegenüberstellt. Fazit der Fachfrau: Man brauche die Panzerhaubitze ebenso wie den Schützenpanzer. Nur beide im Zusammenspiel könnten die russischen Stellungen sturmreif schießen, und zwar „in der allerbesten Welt mit Luftunterstützung“.

Auch Sanktionsforscher Erdal Yalçin bringt Hintergrundinformationen in die Runde. Der Professor für internationale Wirtschaftsbeziehungen erläutert im Einzelinterview, dass auch Russland von den Sanktionen betroffen sei, nicht nur der Westen. Allerdings seien 1400 politische Konflikte in den vergangenen 70 Jahren mit Sanktionen belegt worden, und das Ergebnis sei ernüchternd. „Die Wirkung von Sanktionen als Allheilmittel ist eine zu naive Erwartung“, sagt Yalçin. „Wir sind Export-Weltmeister, das wird uns schwer treffen.“

Aber die Welt sei für Putin doch viel „kleiner geworden“, sagt Plasberg. „Wenn er irgendwo hin will, trifft er eigentlich nur auf Autokraten-Kumpels.“ Und wenn Deutschland jetzt russische Deserteure mit offenen Armen aufnehme, sei das möglicherweise ein „Riss in Putins Reich“. Güler schränkt ein: „Nicht jeder Deserteur ist ein Dissident.“ Außerdem sei die Lage bereits angespannt: „Deutschland hat 1,3 Millionen ukrainische Flüchtlinge aufgenommen, daran möchte ich mal erinnern.“

„Hart aber fair“: Fazit des Talks

Wenn alle einer Meinung sind, verläuft der Abend harmonisch, und gestritten wird höchstens über Details. Panzer ja oder Panzer nein? Auch deshalb war dieser Talk eher weich, aber fair. (Michael Görmann)

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