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Letzter Plasberg-Talk

Katar-WM bei „Hart aber fair“: Faeser-Besuch im Wüstenstaat noch ungewiss — „nicht lockerlassen“

Frank Plasberg moderiert das letzte Mal „Hart aber fair“ in der ARD. Talk-Thema ist die WM in Katar. Innenministerin Nancy Faeser macht ihren Besuch dort von Bedingungen abhängig.

Berlin – Ein wenig Wehmut packt ihn dann doch noch: Für Moderator Frank Plasberg ist es nach 22 Jahren und rund 750 „Hart aber fair“-Sendungen das letzte Mal. Der 65-Jährige macht den Platz in seinem ARD-Talk frei für den 33-jährigen Journalisten und Schauspieler Louis Klamroth, Sohn des Schauspielers Peter Lohmeyer. Klamroth startet nach der Winterpause am 9. Januar mit einer verjüngten Form des beliebten TV-Talks, der durchschnittlich rund zwei Millionen Zuschauer vor den Bildschirmen zusammenbrachte.

Beim „Hart aber fair“-Talk ging es um die WM in Katar.

Plasberg zu Ehren gibt es die letzten zehn Minuten der Sendung eine humorvolle und kurzweilige Rückschau auf über zwei Jahrzehnte Talk-Geschichte. Plasberg geht das Resümee sichtlich ans Herz. Es bringt den sonst so schlagfertigen Profi ein wenig ins Stammeln. Die Lobhudelei lockert Brigitte Büscher - Mitarbeiterin der ersten Stunde - mit einer kritischen Zuschauermeinung auf: „Was ist schöner als eine WM? Dass Plasberg aufhört“, zitiert sie. Plasberg nimmt’s mit Humor.

WM in Katar: Innenministerin Nancy Faeser knüpft ihren Besuch an Bedingungen

Doch zunächst gibt es Business as usual: „Ab in die Wüste: Wer freut sich auf die WM in Katar?“, lautet der Titel zur aktuellen Talk-Runde. Innenministerin Nancy Faeser überrascht den Moderator: Die SPD-Politikerin soll sich in der Sendung für ihr Erscheinen bei der wohl umstrittensten WM in der korrupten Fifa-Geschichte rechtfertigen und stellt klar, dass ihr endgültiger Entschluss zur Anreise noch nicht gefallen sei. Faser knüpft ihr Erscheinen an die Ermöglichung von Gesprächen vor allem zu den „Rechten von LGBTQI-Menschen“ und fordert einen „kritischen Dialog“ und „nachhaltige Verbesserungen“. Die Innenministerin macht deutlich: „Meine Aufgabe als Innenministerin ist eben auch, diese Themen mit meinem Pendant dort zu besprechen.“

„Hart aber fair“ - diese Gäste diskutierten mit:

  • Nancy Faeser (SPD) - Bundesinnenministerin, zugeschaltet
  • Thomas Hitzlsperger - ehemaliger Fußballnationalspieler
  • Tuğba Tekkal - ehemalige Bundesligaspielerin
  • Steffen Simon - Mediendirektor des Deutschen Fußball-Bundes (DFB)
  • Willi Lemke - ehemaliger UN-Sonderbotschafter Sport

Der ehemalige Nationalspieler und Bundesligamanager Thomas Hitzlsperger, dessen kritische Dokumentation „Katar - warum nur?“ im Vorfeld der Sendung ausgestrahlt wurde, sitzt auch in der Talk-Runde. Hitzlsperger war einer der ersten Profispieler, die sich als homosexuell outeten. Er zeigt sich bestürzt, als der WM-Botschafter Katars in einem Einspieler Homosexualität als „Sünde“ und gar als „geistigen Schaden“ bezeichnet. Hitzlsperger: „Ich war entsetzt, dass man vor laufender Kamera in so einer Position sowas noch behauptet. Es ist traurig.“ Und zeigt sich angefasst von der „Sicherheitsgarantie für Homosexuelle“ in Katar während der vierwöchigen WM-Dauer. Die Regelung sei „empörend“ und „fadenscheinig“, so der Ex-Nationalspieler: „Eine Sicherheitsgarantie für das sicherste Land der Welt.“

Zwei ehemalige Profifußballer zeigen sich bei Plasberg bestürzt über den Austragungsort

In seiner TV-Doku hatte Hitzlsperger stellvertretend für die Tausenden bei den Bauarbeiten der Fußballstadien Katars zu Tode gekommenen Wanderarbeiter eine Witwe in Nepal interviewt, die nach dem tödlichen Arbeitsunfall ihres Mannes sich und ihre beiden Söhne ohne den Vater durchbringen muss. Entschädigungen an diese Familien wurden bislang keine bezahlt. Unter anderem die Bundesregierung fordert von Katar daher einen Entschädigungsfonds in Höhe von 440 Millionen Dollar.

Zu Gast bei Frank Plasberg: Thomas Hitzlsperger (ehem. Fußball-Nationalspieler) und Tugba Tekkal (ehem. Bundesligaspielerin).

Auch die ehemalige Bundesligaspielerin ist Tuğba Tekkal zeigt sich über den Ausrichtungsort der diesjährigen WM bestürzt und forderte bei Plasberg, den „Druck“ auf die Funktionäre zu erhöhen. Vor allem der umstrittene Fifa-Präsident Gianni Infantino, der mittlerweile in Katar lebt, steht im Fokus ihrer Kritik. Dass jener die erfassten Menschenrechtsverletzungen des Staates in einem Brief an die Verbände als „Moralvorträge“ bezeichnet habe, zeige, so Tekkal, „wie egal ihm das ist“. Auch den Entschädigungsfonds hatte Infantino lapidar als „Werbegag“ bezeichnet. Tekkal appelliert, den Fernseher auszuschalten und die WM zu boykottieren: „Ich bin Fußballerin durch und durch, aber ich bin auch ehrlich“, so die Spielerin. Sie könne nicht „für die Menschenrechte auf die Straße gehen und dann in Katar wegschauen.“

„Hart aber fair“: Faeser appelliert an deutsche Politik - „Kleine Pflänzchen, die gepflegt werden müssen“

Der ehemalige Manager von Werder Bremen, Willi Lemke, will die Grundsatzkritik an den Spielen nicht gelten lassen. Lemke kritisiert, mit dem Land werde nicht fair umgegangen. Lemke bittet Faeser: „Bitte fahren Sie hin“. Lemke argumentiert, auch wenn es für „viele ein Schock“ gewesen sei, zu erfahren, welches Leid und welche Tragödien die WM in Katar im Hintergrund verursacht habe und welche korrupten Machenschaften in der Fifa zum Zeitpunkt der Vergabe geherrscht hätten, sei es für die Menschen nach den letzten „schweren Jahren“ wichtig, etwas „Positives“ zu haben. Lemke erinnert an eine Losung, die lange für die internationalen Wettkämpfe galt: „Der Sport soll Brücken bauen“.

Auch der Mediendirektor des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) und ehemaliger Moderator Steffen Simon hält sich mit offener Kritik zurück. Er stellt nüchtern fest, dass diese WM sicherlich „politischer sei als alle Fußballweltmeisterschaften“ davor. Simon befindet, dass sich die „Maßstäbe, die wir jetzt an Katar anlegen“ auch eine „selbstgerechte“ Haltung offenbare und er erinnert daran, dass nicht der Wüstenstaat „das System“ erfunden habe, mit dessen Hilfe er die WM bekommen habe. Dem Vorwurf der „Doppelmoral“, die von Katar aus in Richtung Deutschland ausgesprochen wurde, konnte Simon nicht viel entgegensetzen. Für die Zukunft habe die Fifa „sich auf die Fahne geschrieben, die Menschenrechte zu achten“, wendet er ein. Die Zahl der Stimmberechtigten habe sich zudem fast verzehnfacht. Und Faeser ergänzt: „Was wir an Fortschritt dort sehen, sind kleine Pflänzchen, die gepflegt werden müssen.“ Man dürfe nach der WM „nicht lockerlassen“.

„Hart aber fair“: Plasberg verrät bei einem sentimentalen Abschied sein persönliches Motto

Und dann kommt das Outro von Plasberg in seiner letzten Sendung, in der er zwischenzeitlich gestanden hatte: „Fußball kann ich eigentlich gar nicht.“ Sein Team erweist dem Chef die letzte Ehre mit einem Rückblick und Plasberg verneigt sich zum Abschied mit einem großen Danke an die „vielen Menschen“, die der Show „die Treue“ gehalten haben. Und mit einer Träne im Knopfloch spricht der Talk-Altmeister seine letzten Worte als Moderator: „Tragen Sie immer helle Kleidung - und riechen Sie gut“, habe ihm ein Professor, der auch Gast seiner Sendungen war, als Ratschlag für den kommenden Lebensabschnitt mitgegeben. „Bleiben Sie sauber“, rät er noch seinem Publikum zugewandt und verlässt die Talkshow-Bühne.

Fazit des „Hart aber fair“-Talks

Der Themenabend in der ARD zeigt schockierende Missstände bei der Vergabe der WM-2022 auf. Zum einen geht es um Tausende Menschen, die beim Bau der Stadien, die zur Belustigung und Unterhaltung der Menschen aus den reichen Ländern dienen sollen, zu Tode gekommen sind. Wer sich im Talk erhofft hatte, zu erfahren, inwieweit deutsche Funktionäre in die korrupten Machenschaften der Fifa involviert sind, wurde enttäuscht. Die Diskussion blieb auf Zimmertemperatur. Der Rückblick machte es deutlich: Plasberg konnte es schon besser. (Verena Schulemann)

Ein Nahostexperte hält den politischen Boykott der WM für nicht möglich.

Rubriklistenbild: © Screenshot/WDR

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