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Neue Corona-Reiseregeln: Dringlicher Appell aus Merkels Kanzleramt - Ramelow plädiert für „weniger Panik“

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Von: Florian Naumann, Felix Durach

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Am Mittwochnachmittag trafen sich die Chefs der Staatskanzleien der Länder: Elf Länder haben sich dabei auf eine erste Maßnahme geeinigt - jetzt springt ein weiteres Bundesland auf den Zug auf.

Update vom 9. Oktober, 12.56 Uhr: Angesichts der stark gestiegenen Corona-Zahlen hat Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) die Menschen aus den Risikogebieten in Deutschland aufgerufen, in den Herbstferien auf Reisen zu verzichten. „Sowohl die Länder als auch die Bundesregierung appellieren eindringlich an die Menschen aus Risikogebieten, Reisen in diesem Herbst nach Möglichkeit zu vermeiden“, sagte Braun am Freitag dem „Spiegel“. Er äußerte sich erneut besorgt über den steilen Anstieg der Infektionszahlen.

„Uns allen ist bewusst, dass das viele Probleme mit sich bringt“, räumte Braun mit Blick auf die geforderte Absage von Reisen ein. „Unsere Prioritäten liegen ganz woanders“, stellte er jedoch klar. Es gehe jetzt vorrangig darum, „dass die Menschen weiter arbeiten können, dass Schule und Bildung funktionieren, dass unser Gesundheitswesen funktioniert.“ Alles andere werde „in diesem Herbst und Winter ein Stück hinten anstehen müssen“.

Vizeregierungssprecherin Ulrike Demmer bezeichnete das aktuelle Infektionsgeschehen am Freitag als „Anlass zu großer Sorge“. Derzeit könne das Gesundheitswesen noch „gut damit umgehen“, sagte sie. „Aber die Pandemie lässt sich nur eindämmen, wenn wir die Infektionsketten erkennen und unterbrechen können, und das wir bei erhöhten Fallzahlen immer schwieriger.“

Im politischen Berlin gibt es derweil Zündstoff zwischen CSU und SPD. Schuld trägt ein unrühmlicher Trump-Söder-Vergleich.

Neue Corona-Reiseregeln in Deutschland: „Bitte weniger Panik machen“ - Ramelow stellt sich quer 

Update vom 9. Oktober, 10.30 Uhr: Eigentlich sollte die Schalte zwischen den Staatskanzleien für bundesweite Einheitlichkeit sorgen - doch beim Beherbergungsverbot wird Deutschland einmal mehr zum Flickenteppich aus verschiedenen Corona-Regeln. Besserung scheint nicht in Sicht. Noch am Donnerstag hatte sich Niedersachsen nachträglich in die Pläne gefügt (siehe vorheriges Update). Ähnliches steht in Thüringen nicht zu erwarten.

Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hat in einem Interview seine Kritik am Beherbergungsverbot bekräftigt - und sich auch skeptisch zum generellen Vorgehen in der Pandemie geäußert. „Die Gesundheitsämter treffen in diesen Dingen die Entscheidung. Wenn man die stärken will, darf man die Entscheidungen nicht den Hoteliers und Restaurantbetreibern zuordnen“, sagte Ramelow der Zeitung Neues Deutschland.

„Ich bitte darum, dass wir weniger Panik machen. Und dass wir aufhören, alles überall gleich regeln zu wollen“, betonte der Linke-Politiker. Nötig sei es, „genau hinzuschauen, wo Infektionen stattfinden - nicht in welcher Region, sondern konkret in welchem Gebäude, bei welcher Gelegenheit.“

Neue Corona-Regel: Beherbergungsverbot für deutsche Reisende - Niedersachsen macht doch mit

Update vom 8. Oktober, 12.17 Uhr: Niedersachsen will es nun doch: ein Beherbergungsverbot für Urlauber aus Corona-Risikogebieten. Am Donnerstag sagte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) im Landtag in Hannover, eine entsprechende Landesverordnung werde nun auf den Weg gebracht. Innerhalb der Landesregierung habe man sich inzwischen abgestimmt und sei zu diesem Entschluss gekommen. Wie viele andere Bundesländer, darunter Bayern, will Niedersachsen in Zukunft also auch keine Touristen aus deutschen Hotspots mehr in seinen Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen übernachten lassen.

Niedersachsen hatte sich zunächst mit einer Entscheidung bedeckt gehalten, haben sich doch bereits am Mittwoch elf der Länderchefs in einer Schaltkonferenz mit Kanzleramtchef Helge Braun (CDU) darauf verständigt, ein Beherbergungsverbot für deutsche Reisende aus Corona-Risikogebieten zu erlassen. Jetzt zieht offenbar auch Hannover nach - unklar ist aber noch, ab wann es die neue Regel zu befolgen gilt.

Beherbergungsverbot: Neue Tourismus-Auflagen sorgen für große Unsicherheit

Greifen soll das Beherberungsverbot für Reisende aus deutschen Gebieten mit mehr als 50 Neuinfektionen ja 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen. Wie Weil erklärte, sei das Datum der Einreise nach Niedersachsen also maßgeblich. So solle vermieden werden, dass kurzfristige Aufenthalte abgebrochen werden müssen. Touristen, die einen negativen Corona-Test verlegen, könnten nach wie vor Urlaub in Niedersachsen machen, so Ministerpräsident Weil. Angesichts von über 4.000 Neuinfektionen mit dem Coronavirus rechnet Weil von nun mit einer sehr herausfordernden Zeit: Niedersachsen wolle nicht alleine dastehen und Gäste aus Risikogebieten quasi einladen, während die anderen Bundesländer das Verbot erließen.

Die Landesregierung habe das Übernachtungsverbot „nicht leichten Herzens“ verhängt, so Weil, führten die neuen Auflagen im Tourismus doch wissentlich zu großen Unsicherheiten. So stellte der Ministerpräsident zusätzlich weitere Hilfen für Hotels in Aussicht. Wie der NDR meldet, kritisierten vor allem FDP und Grüne, dass momentan noch zu viele Fragen offen seien. Meta Janssen-Kucz (Grüne) zeigte sich im Landtag besorgt aufgrund der anstehenden Herbstferien, sei doch das Reisegeschehen an der Küste und auf den Inseln zum Wochenende hin schon im Hochbetrieb.

Update vom 7. Oktober, 21.00 Uhr: In Nordrhein-Westfalen gibt es vorerst keine Beherbergungsverbote für Urlauber aus innerdeutschen Corona-Hotspots. „Es gibt keinen Automatismus“, sagte am Mittwoch der Chef der NRW-Staatskanzlei, Nathanael Liminski (CDU). Die Maßnahme könne genutzt werden, wenn das nordrhein-westfälische
Gesundheitsministerium bestimmte Regionen zu Risikogebieten erkläre. Dafür müsse es ein „anhaltend diffuses Infektionsgeschehen geben“.

In Bayern hingegen gilt ab kommendem Donnerstag ein Beherbergungsverbot für Reisende aus vier Berliner Bezirken (Mitte, Neukölln, Tempelhof-Schöneberg, Friedrichshain-Kreuzberg), aus Bremen sowie aus den Städten Hamm und Remscheid in Nordrhein-Westfalen. Wer einen negativen Corona-Test vorweisen kann, ist aber weiter willkommen.

Das Beherbergungsverbot richte sich nicht ausschließlich nach der Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen, es handle sich vielmehr um Einzelfallentscheidungen auf Grundlage auch anderer Aspekte, hieß es. Die „Risikogebiete“ sollen regelmäßig aktualisiert werden - in welchen Abständen, ist noch offen.

Neue Corona-Regel: Beherbergungsverbot auch für deutsche Reisende kommt - weiteres Bundesland schießt quer

Update vom 7. Oktober, 18.50 Uhr: Auch Berlin plant keine Beherbergungsverbote für Einreisende aus inländischen Corona-Risikogebieten. Das teilte eine Sprecherin des Senats am Mittwoch auf Anfrage mit. „Jedes Bundesland muss für sich selbst die Entscheidung treffen, wie es die Pandemie eindämmen kann. Der Berliner Senat hat hier in den letzten Wochen weitreichende Maßnahmen verabschiedet, oft weitreichender als andere Bundesländer“, so die Senatssprecherin. „Vier Bundesländer, darunter Berlin, wollen aktuell keine Beherbergungsverbote aussprechen.“ 
 
Bremen, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern gaben zu dem Beschluss der Staatskanzleichefs verschiedene Protokollerklärungen ab. Niedersachsens Vertreter behielt sich vor, zu prüfen, ob der Beschluss mitgetragen werden kann.
 

Neue Corona-Regel in Deutschland - Thüringen lehnt Beherbergungsverbot ab

Update vom 7. Oktober, 18.23 Uhr: Thüringen schließt sich einem allgemeinen Beherbergungsverbot für Urlauber aus inländischen Corona-Risikogebieten nach Angaben der Landesregierung nicht an. Das Land habe bei der Schaltkonferenz der Chefs der Staatskanzleien der Länder mit Kanzleramtschef Helge Braun eine entsprechende Erklärung abgegeben, sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums in Erfurt. Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sagte, er habe den Eindruck, dass die Bundesländer in dieser Frage unterschiedliche Positionen haben und noch nicht dicht beieinander lägen.

Er sprach sich dafür aus, die Verantwortung bei den Gesundheitsämtern in den Risikogebieten zu belassen. Die infizierten Menschen oder solche mit Corona-Verdacht dürften die Region mit einem Hot-Spot nicht verlassen. Hoteliers zu verbieten, Menschen aus Risikogebieten zu beherbergen, bezeichnete er als „ein Eingriff in das Gewerberecht“.

Update vom 7. Oktober, 16.05 Uhr: Die Chefs der Staatskanzleien der Länder haben sich in ihrer Telefonkonferenz auf eine erste Maßnahme geeinigt. Beschlossen wurde ein Beherbergungsverbot für Urlauber, die aus einem inländischen Corona-Risikogebiet kommen. Das Verbot gelte bundesweit, wie die dpa vermeldet.

Wer aus einem innerdeutschen Risikogebiet anreist, muss demnach einen negativen Corona-Test vorweisen. Nach Informationen der Agentur AFP sollen sich mindestens 11 Bundesländer auf die Umsetzung der Maßnahmen geeinigt haben. Bisher noch nicht bekannt ist, ob diese Regelung auch für einen Besuch bei Freunden oder Verwandten gilt. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder verkündete den Beschluss auch via Twitter.

Länder-Konferenz wegen einheitlicher Corona-Maßnahmen - Diskussion über Umgang mit inländischen Risikogebieten

Originalmeldung vom 7. Oktober:

In der Corona-Krise sorgt die föderale Struktur der Bundesrepublik dafür, dass in Deutschland ein Flickenteppich an Regelungen und Maßnahmen entstanden ist. Dieser soll nun in einer Telefonkonferenz, die am Mittwochnachmittag stattfindet, zumindest teilweise überwunden werden. Dort treffen sich die Chefs der Staatskanzlei der jeweiligen Länder gemeinsam mit Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) um über einen gemeinsamen Weg in der Corona-Politik zu beraten.

Zentrales Thema hierbei sind vor allem einheitliche Reisevorschriften im deutschen Inland. Ein Thema, was vor allem durch die angespannte Infektionslage* in deutschen Großstädten wie Berlin oder München an Relevanz gewinnt. Unter anderem war Schleswig-Holstein in die Kritik geraten, nachdem einige Kommunen und Stadtbezirke von Berlin zu inländischen Risikogebieten erklärt wurden und Quarantäne-Maßnahmen für Einreisende als Konsequenz mit sich brachten.

Kanzleramtchef Helge Braun wartn vor Regel-Flickenteppich - ruft viele Probleme hervor

Kanzleramtschef Helge Braun forderte vor der Konferenz am Mittwoch gegenüber der Bild: „Deshalb ist es jetzt die Aufgabe dieser Großstädte, schnell so wirksame Maßnahmen zu ergreifen, dass die Infektionsketten unterbrochen werden.“ Das oberste Ziel in der momentanen Situation sei jedoch, dass Bund und Länder bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie an einem Strang ziehen. „Bund und Länder sind gemeinsam in der Pflicht, die Ausbreitung des SARS-CoV2-Virus wirksam zu unterbinden. Das entscheidende Mittel dafür ist, die Infektionszahlen so niedrig zu halten, dass die vollständige Kontaktnachverfolgung erhalten bleibt oder in den Hotspots schnellstmöglich wieder erreicht wird“, so Braun.

Helge Braun bittet darum, die Hygiene- und Abstandsregeln einzuhalten. Foto: Britta Pedersen/dpa-Pool/dpa
Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) hat den bestehenden Flickenteppich an Corona-Maßnahmen in Deutschland kritisiert. © Britta Pedersen/dpa-Pool/dpa

Zwar habe der CDU-Politiker Verständnis dafür, wenn Länder ihrer Bürger vor eine Infektion mit dem Coronavirus schützen wollen, den der aus resultierenden Flickenteppich an Maßnahmen können man jedoch nicht akzeptieren. Es sei eine „Behelfsmaßnahme, die ihrerseits viele Probleme hervorruft.“ Auch vonseiten der Länder wurden viele Stimmen laut, welche die Diskrepanz der Regelungen zwischen den Ländern scharf kritisierten.

Auch Söder und Caffier warnen vor Flickenteppich und fordern einheitliche Regelungen

„Ich sehe mit Sorge, wie sich Regelungen der Bundesländer auseinanderentwickeln und ein Flickenteppich entsteht“, sagte der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern Lorenz Caffier (CDU). Auch der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat sich für eine einheitliche Quarantäne-Verordnung der Länder ausgesprochen. (fd) *merkur.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks

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