CHRISTIAN GERHAHER UND GEROLD HUBER BESCHERTEN DEM PUBLIKUM DER MÜNCHNER OPERNFESTSPIELE MIT IHREM LIEDERABEND EINE STERNSTUNDE
Klingendes Lippenbekenntnis
Von Gabriele Luster. Christian Gerhahers intellektuelle Auseinandersetzung mit Robert Schumanns Liederzyklen bleibt nicht papierenes Statement im Programmheft, sondern entfaltet sich zu einem klingenden Lippenbekenntnis, wenn er und sein kongenialer Klavier-Partner Gerold Huber am Montagabend dem Publikum im voll besetzten Münchner Nationaltheater eine Sternstunde bescheren.
Als bis in jede Textsilbe und Klangnuance sensibel aufeinander eingeschworenes Duo widmen sich die beiden Schumann und Debussy und den ganzen Abend Hermann Prey und Wolfgang Sawallisch. Deren Schumann-Interpretation wurde zur Initialzündung für den Gesangstudenten Gerhaher, der seinen Klavierkommilitonen Huber für die gemeinsame Arbeit am Lied gewinnen konnte. Das ist nun fast 30 Jahre her und die Früchte, die sie nunmehr ernten, sind reif und für Zuhörer eine Kostbarkeit.
Debussys eröffnende Trois Chansons de France, in vorzüglichem Französisch vorgetragen, wirken wie luftige, fließend hingetuschte Petitessen im feinsten Gewand des Impressionismus. Mit Schumanns folgenden Liedern und Gesängen op. 27 ebnet das Duo völlig unprätentiös und bei bester Textverständlichkeit den Weg zur „Dichterliebe“. Obwohl bei Gerhaher jedes Wort verständlich ist, vermeidet er Manierismus, jedes Zuviel an Ausdruck und bewegt sich völlig natürlich auf höchstem Kunst-Niveau.
Wunderbar stimmig, wie Sänger und Pianist die ersten Lieder der „Dichterliebe“ rasch ineinanderfließen lassen, wie der schlanke Bariton sich ins Forte aufschwingt, oder wie das Klavier in Pianissimo-Schattierungen träumt. Heines Ironie, sein zuweilen bitterer Sarkasmus bleiben in der Interpretation nicht verborgen und spiegeln das Wesen der Liebe. Bevor Gerhaher und Huber in Schumanns „Kerner-Lieder“ eintauchen, setzen sie erneut auf Debussy und dessen beinahe entmaterialisierte, modern erscheinende Lieder nach Gedichten Mallarmés. Ein Atemschöpfen vor Schumanns Weltabschied, seiner halben „Winterreise“. Dem Duo gelingt hier, bei der Auseinandersetzung mit existenziellen Fragen, eine hohe Verinnerlichung. Gesang, Klavierklang und Wort vereinen sich zum Gesamtkunstwerk.