Nach Angaben des italienischen Gesundheitsministeriums ist der Reproduktionswert von 1,7 auf 1,4 gesunken, wie der Experte der Behörde, Giovanni Rezza, am Freitagabend mitteilte. Der R-Wert zeigt an, wie viele Menschen eine mit dem Coronavirus infizierte Person im Schnitt ansteckt.
Rezza sieht darin zwar nur ein erstes Signal für einen Rückgang der Übertragungen. Dies könne allerdings mit den bisherigen Maßnahmen zusammenhängen. Jedoch zeigte er sich besorgt über den massiven Anstieg der Zahlen der Covid-19-Patienten in Krankenhäusern und auf Intensivstationen. „Das rechtfertigt weitere restriktive Maßnahmen“, sagte Rezza.
Update vom 13. November, 18 Uhr: Ein Südtiroler Ökonom hat scharfe Kritik am Corona-Krisenmanagement der italienischen Regierung geübt.
„Für das Verhalten der politischen Akteure im März und April habe ich Verständnis. Die Situation war vollends neu. Nur frage ich mich, was man im letzten halben Jahr konkret gemacht hat. Was die strategischen Werkzeuge betrifft, sind viele Länder am selben Punkt wie im Frühjahr“, sagte Christoph Kaserer von der TU München der Tageszeitung Dolomiten.
Seiner Kenntnis nach würden versprochene Finanzhilfen für Betriebe erst mit deutlicher Verzögerung bei den Antragsstellern eintreffen - Kaserer: „Es ist für mich absolut unverständlich, dass man Wochen, gar Monate braucht, um Zuschüsse auszuzahlen.“
Die Regierung von Ministerpräsident Giuseppe Conte hatte wegen der Corona-Krise zuletzt 5,4 Milliarden Euro weitere Wirtschaftshilfen bewilligt. Bei dem Geld handelt es sich für Italien vollumfänglich um neue Schulden.
Update vom 13. November, 17 Uhr: Wie das italienische Gesundheitsministerium via Twitter mitteilt, waren Stand 12. November mehr als 635.000 Menschen aktiv mit dem Coronavirus infiziert.
Zum Zeitpunkt der Erhebung gab es seit Beginn der Pandemie demnach 1.066.401 nachgewiesene Covid-19-Fälle im Mittelmeerland mit seinen rund 60 Millionen Einwohnern.
Die Zahl der registrierten Corona-Toten lag bei 43.589.
Erstmeldung vom 13. November: München/Neapel - Italien versinkt Mitte November im Corona*-Chaos. Die Zahl der Covid-19-Neuinfektionen, der Patienten und der Corona*-Todesfälle steigt ungebremst, zahlreiche Notfall-Ambulanzen und Triage-Stationen entstehen, um hoffnungslos überlastete Krankenhäuser wenigstens ein wenig zu entlasten.
Die Wirtschaft steht in manchen Branchen (Tourismus, Gastronomie, Einzelhandel) still, die Warn-App „Immuni“ wird vom Volk nur widerwillig angenommen. Zu diesem Bild passt, dass laut n-tv „mittlerweile jeder Italiener ein Corona-Opfer kennt“.
Mehr als 43.000 Menschen sind in dem Mittelmeerland mittlerweile an oder mit dem heimtückischen Virus gestorben. Die Toten sind laut F.A.Z. (hinter einer Bezahlschranke) im Schnitt knapp über 80 Jahre alt. Und das Gesundheitssystem wankt - mindestens.
Die prominenteste Triage-Station steht mittlerweile auf der weitläufigen Formel-1-Strecke in der Lombardei, dem Autodromo Nazionale Monza. Die Rennbahn liegt nur etwa 40 Kilometer von Bergamo entfernt. Dort, wo das Coronavirus in der ersten Welle der Pandemie schier uferlos grassierte.
In den Triage-Stationen wird entschieden, wer welche Behandlung bekommt - und ob. Oder wer gar wieder nach Hause geschickt wird, weil die Symptome vergleichsweise milde sind.
Das ganze Land bewegt derweil eine Geschichte - die von Giuseppe Cantalupo. Der 84-Jährige starb kürzlich, an Covid-19 erkrankt, auf einer Krankenhaus-Toilette in Neapel. Das bestürzende Video der Szene ging bei Social Media viral. (Die Redaktion hat sich aus Respekt gegenüber dem Toten und der Familie dagegen entschieden, Bilder davon zu zeigen.)
Die Vorwürfe an die Behörden sind drastisch und spiegeln das ganze Entsetzen der Kritiker wider. „Jetzt wollen sie uns sagen, dass unser Vater sterben musste, weil er 84 war und Diabetes und das Virus hatte? Warum ist es normal, in diesem Zustand zu sterben, weggelegt wie ein leerer Sack?“, zitiert die Tageszeitung La Repubblica die Familie des Verstorbenen: „Das einzig Zivilisierte, was sie, unsere Institutionen, tun konnten, war, sich zu entschuldigen. Oder den Mund zu halten.“
Italien ächzt unter Corona - gesundheitspolitisch und wirtschaftlich. Verfolgen Sie alle Entwicklungen hier im News-Ticker. (pm) *Merkur.de ist Teil des deutschlandweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks