5 Tote bei Garmischer Zugunglück
„Vorsorglich“ oder „Untergrundmangel“: Bahn drosselt das Tempo - Schuldfrage nach Tragödie
- VonMarkus Zwiglschließen
Das tödliche Zugunglück von Garmisch-Partenkirchen hat die Region schwer erschüttert. Monatelang fuhren keine Züge. Seit November rollt der Verkehr an der reparierten Unfallstelle wieder. Jetzt lässt die Bahn vorsorglich das Tempo drosseln - alles in Ordnung?
Garmisch-Partenkirchen - Acht Monate nach dem Bahnunglück mit fünf Toten in Garmisch-Partenkirchen fahren Züge an der Unfallstelle langsamer. Hintergrund sei ein von der Staatsanwaltschaft München II beauftragtes Gutachten zur Erkundung der geologischen Verhältnisse im Bereich des Unfalls, teilte eine Bahnsprecherin am Dienstag mit.
„Rein vorsorglich folgen wir der Empfehlung des Gutachters, mit geringerer Geschwindigkeit in diesem Streckenabschnitt zu fahren“. erläuterte die Sprecherin. „Das Gutachten liege der Bahn seit Kurzem vor. Wir prüfen aktuell, ob weitere Maßnahmen erforderlich sind. Dies beansprucht Zeit“, sagte die Bahn-Sprecherin weiter. „Nach den bislang vorliegenden Erkenntnissen lagen keine Hinweise darauf vor, dass der Bahndamm unfallursächlich gewesen sein könnte.“
So dürfen seit Dienstag die Züge auf einer 600 Meter langen Strecke rund um die damalige Unfallstelle nur noch mit 70 Stundenkilometern fahren. Das geht auch aus dem internen Verzeichnis der Langsam-Fahrstellen der Deutschen Bahn hervor. Als Begründung wird hier aber ein „Untergrundmangel“ genannt. Norbert Moy von Pro Bahn Oberbayern machen die Untersuchungen skeptisch, wie br.de berichtet: „Nach dem Unfall wurde ja der Damm fast zwei Monate lang gründlich untersucht, das deutet schon darauf hin, dass man hier mehr Dinge gefunden hat als gedacht“.
Der Staatsanwaltschaft liegen nach Auskunft einer Sprecherin derzeit drei Einzelgutachten vor, darunter jenes, das sich mit dem Untergrund beschäftigt. Dieses sei präventiv an die Bahn weitergeleitet worden, um dieser die Möglichkeit zu einer Reaktion zu geben. Die abschließende Bewertung bleibe jedoch einem Gesamtgutachten vorbehalten, das noch ausstehe. Die Anklagebehörde ermittelt weiter gegen vier Bahnmitarbeiter - unter anderen zwei Fahrdienstleiter - wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung.
Das Ermittlungsverfahren bedeute nicht, dass die Beschuldigten tatsächlich Mitschuld treffe und Anklage erhoben werde. Es könne auch zu einer Einstellung des Verfahrens kommen, erläuterte die Anklagebehörde bereits nach der Aufnahme der Ermittlungen.
Schon im Juli waren bei einer Pressekonferenz der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) Szenarien zu möglichen Ursachen des Unglücks vorgelegt worden, die auf den Untergrund des Bahndammes zielten. Ein Faktor könnte nach Darstellung der damals von der GDL geladenen Berater die Verlegung eines Wildbaches vor rund 20 Jahren gewesen sein. Der Bach läuft nun zwischen Bundesstraße und Gleis.
Das Wasser könne zur Instabilität des sehr hohen Bahndamms beigetragen haben, erläuterten im Juli der Hamburger Nahverkehrsberater Dieter Doege und Michael Jung vom Umweltverband Prellbock Altona. Zudem belasteten Doppelstockwagen in Kurven mit ihrem höheren Schwerpunkt die Außenschiene und damit die von dem Bach umflossene Bahndammseite besonders. Die Deutsche Bahn hatte zumindest in der Gegend Gleisarbeiten geplant, wie aus einer Baustelleninformation hervorging.
An den Untersuchungen war auch die Bundesstelle für Eisenbahnunfalluntersuchung (BEU) beteiligt. Diese hatte zu Beginn der Untersuchungen mitgeteilt, der Fokus liege bei den Fahrzeugen sowie bei der Infrastruktur. Vieles sprach damals Experten zufolge dafür, dass Probleme am Gleiskörper für den Unfall zumindest mitverantwortlich waren.
Am 3. Juni war der Regionalzug von Garmisch-Partenkirchen nach München entgleist. Vier Frauen und ein 13-Jähriger starben. 16 Menschen wurden schwer verletzt, etwa 50 leicht.
mz/dpa