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Zahl der Bedürftigen steigt stetig

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Die Zahl der Bedürftigen in der Stadt wird immer größer. Die Münchner Tafel rechnet mit bis zu 2000 Gästen pro Woche mehr. Zwar gibt es Entwarnung für die Essensverteiler – sie dürfen auf dem Areal der Großmarkthalle bleiben. Eng wird es wegen der stetig steigenden Nachfrage aber dennoch.

Münchner Tafel

Von Hüseyin Ince

Eine große Hängepartie um die Münchner Tafel ist vorerst beendet. Noch im Sommer war unklar, ob die Verteil-Zentrale der gemeinnützigen Institution samt Büros, Kühlhalle und 17 Lkw langfristig auf dem Areal der Großmarkthalle bleiben darf, nachdem beschlossen worden war, dass ein Privatinvestor den Komplex sanieren wird. Gegen Ende des Jahres stellt sich heraus: Sie darf. „Wir hätten auch gar nicht gewusst, wo wir sonst hinsollen“, sagt die Vorsitzende der Münchner Tafel, Hannelore Kiethe. „Ein so großes Areal findet man so zentral in München nicht mehr.“

Klarheit hat Kiethe zufolge ein Gespräch zwischen ihr, Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und dem ehemaligen Fußballprofi Paul Breitner gebracht, der sich ehrenamtlich für die Tafel engagiert. Reiter habe gesagt, dass der Stadtrat fraktionsübergreifend hinter dem Verbleib der Tafel auf dem Gelände der Großmarkthalle stehe. Kiethe war so erleichtert, dass sie an alle Tafelfreunde eine offene Weihnachtskarte verschickt hat. „Nun können wir weiterhin mit vollem Einsatz die Versorgung unserer ständig wachsenden Zahl an Tafelgästen organisieren.“

Tatsächlich werden es immer mehr Bedürftige. Darauf weist auch der aktuellste Armutsbericht hin. „Wir versorgen derzeit 20 000 Personen pro Woche. Das sind in etwa genauso viele Münchner wie Einwohner in Traunstein“, sagt Kiethe. Und es werden noch mehr – bis zu 2000 Menschen pro Woche. Kiethe: „Wir erwarten einen Anstieg um fünf bis zehn Prozent in den kommenden zwei Jahren. Aber dann wird es finanziell eng.“ Derzeit wirtschaftet die Tafel ohnehin am Limit. 2015 etwa hatte sie Ausgaben in Höhe von 1,23 Millionen Euro. Die Spenden und Mitgliedsbeiträge betrugen aber nur 800 000 Euro. Glücklicherweise erbte die Tafel in dem Jahr, konnte den fehlenden Betrag begleichen und gleichzeitig 450 000 Euro Rücklagen bilden. Doch schon 2016 musste man auf die Rücklagen zugreifen.

120 000 Kilo Lebensmittel pro Woche oder 6,2 Millionen Tonnen pro Jahr koordiniert die Tafel und leitet sie über ihre Ausgabestellen an Bedürftige weiter. „Keine abgelaufene Nahrung! Das wäre unwürdig“, betont Kiethe, die froh wäre, wenn ihre Einrichtung weniger zu tun hätte. „Gerade die Hartz-IV-Gesetze haben Armut drastisch steigen lassen“, sagt sie. Nachdem die Gesetze 2005 eingeführt wurden, sei die Zahl der Tafel-Gäste innerhalb eines Jahres um 40 Prozent angestiegen. Noch 2004 hatte die Tafel „nur“ 12 000 Gäste gezählt. Auch die Einführung des Euro hat Kiethe zufolge zu einem sprunghaften Anstieg ihrer Kunden geführt. Einige Geschäftsleute, etwa Bäcker, hätten die Gelegenheit genutzt, um zum Jahreswechsel 2001/2002 an der Preisschraube zu drehen. Die Löhne, vor allem im niedrigen Sektor, blieben jedoch gleich. Die Zahl der Tafelgäste erhöhte sich innerhalb eines Jahres um zehn Prozent.

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