Sie haben eine Meinung zu diesem Thema? Klicken Sie hier und schreiben Sie uns einen Leserbrief.
Auch in anderen Regionen sorgen Wölfe seit einigen Wochen für Unruhe - so zeigen Bilder einer Überwachungskamera, wie bei Brannenburg im Landkreis Rosenheim ein Wolf über ein Gehöft gelaufen war. Nutztiere, die von Wölfen gerissen wurden, meldeten in den vergangenen Wochen auch die Landkreise Berchtesgadener Land und Rhön-Grabfeld in Unterfranken.
+++Originaltext vom 15. November ++++
Dienstagnacht vergangener Woche: Auf einem abgelegenen Weiler, etwas außerhalb von Brannenburg, ist es totenstill. Um diese Zeit verirrt sich normalerweise kein Mensch auf die Hofstelle, die im Sommer auch von Ausflüglern besucht wird. Die Besitzer haben auch eine Videokamera installiert. Und die filmt um 23.20 Uhr einen außergewöhnlichen Besucher: Von rechts taucht sekundenlang ein großer Vierbeiner auf, schleicht mit eingezogenem Schwanz über den geteerten Hofplatz, schaut sich kurz links und rechts um und verschwindet links aus dem Blickwinkel der Kamera in der Dunkelheit.
Weder das Landratsamt Rosenheim („wir kennen das Video nicht“) noch das für Wölfe zuständige Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) waren gestern zunächst über die außergewöhnlichen Aufnahmen informiert.
Unter den Landwirten der Umgebung hatte sich das Video indes schnell verbreitet. Auch die Kreisbäuerin des Bayerischen Bauernverbands, Katharina Kern, hat es schon gesehen. Ihr Hof liegt bei Oberaudorf, nur einige Kilometer weiter südlich. „Wir sind alle in Habacht-Stellung“, sagt sie.
Das könnte Sie auch interessieren: „Resolution für „wolfsfreien Landkreis“ Rosenheimabgeschmettert“
Erst kürzlich, so erzählt man sich unter den Landwirten, hat ein Radfahrer in Oberaudorf nachts offenbar einen Wolf gesichtet – ein Foto von dieser Sichtung gibt es aber nicht. Jetzt aber die wenige Sekunden lange Videosequenz von Brannenburg. Katharina Kern ist mit der Thematik vertraut, sie ist die Wolfsspezialistin unter den einheimischen Bauern. „Von der Größe her könnte es auch ein Goldschakal sein, aber der Kopf passt nicht so recht“, berichtet sie.
Lesen Sie auch: „Will kein Wolfsfutter züchten“
„Wahrscheinlich ist es eher ein Wolf.“ Dass das Tier über einen Hof schleicht, also menschliche Nähe nicht scheut, wundert die Bäuerin „überhaupt nicht“. Der Wolf ist ein Kulturfolger, gegenüber menschlicher Besiedlung also sehr anpassungsfähig. Vorsichtig sind die Bauern in der Gegend, zur Panik aber besteht kein Anlass. „Die meisten Viecher sind ja im Stall“, auch die Schafe würden meist zumindest nachts reingeholt. So ungewöhnlich sei ein Wolf nicht mehr. „Die Population steigt ja seit Jahren an.“
Das weiß auch der Almbauer Stefan Rappl aus Geißing bei Bergen (Kreis Traunstein), der Ende Oktober sechs tote Schafe auf seiner Weide fand. Hier hatte ein Wolf zugeschlagen, wie das LfU vergangene Woche bestätigte Analysen zur genetischen Herkunft laufen. Von Bergen nach Brannenburg sind es gute 40 Kilometer – das schafft ein Wolf an einem Tag. Doch niemand weiß, ob es sich um dasselbe Tier handelt.
Am Nachmittag meldete sich das LfU bei unserer Redaktion: Die Familie der Hofstelle hatte das Landratsamt benachrichtigt und das Video weitergeleitet. Beim LfU analysiert nun die Fachstelle Große Beutegreifer den Film. So viel sei klar: Das Tier, das da mit eingezogenem Schwanz vorsichtig über den Hof streife, zeige „kein auffälliges, aggressives Verhalten“. Fachleute des Lupus-Instituts in Spreetal/Sachsen, einer Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Wolf, sind gleichfalls mit der Sichtung des Videos beauftragt.
Liebe Leserinnen und Leser,
wir bitten um Verständnis, dass es im Unterschied zu vielen anderen Artikeln auf unserem Portal unter diesem Artikel keine Kommentarfunktion gibt. Bei einzelnen Themen behält sich die Redaktion vor, die Kommentarmöglichkeiten einzuschränken.
Die Redaktion