Söder preist die Heimat, NRW-Wüst fremdelt
„Wir bezahlen die halbe Republik“ Markus Söder beim politischen Frühschoppen auf dem Gillamoos
- VonMarcus Mäcklerschließen
Kritik an der Ampel, während „Layla“ im Hintergrund wummert. So war der politische Frühschoppen auf dem Gillamoos.
Abensberg – So einen Freiheitskampf muss man mit allen Mitteln führen, auch mit den prolligen. Gerade haben es sich die Herren Söder und Wüst auf ihren Bierbänken bequem gemacht, da wummert – Bass hart am Anschlag – „Layla“ durch das schwitzig-klebrige Hofbräuzelt. „Layla, sie ist schöner, jünger, geiler. Lalalala…“ Anderswo ist der Ballermann-Hit tabu, weil angeblich sexistisch. Umso klarer die Botschaft: Die CSU macht den ganzen Empfindlichkeits-Zirkus nicht mit. Man mag das trotzig finden, aber bei den Anhängern im vollen Zelt kommt es an.
Hauptziel: die aus seiner Sicht wirklichkeitsentrückte Ampel
Überhaupt ist der politische Gillamoos in Abensberg ja dafür gemacht, den verkopften Polit-Diskurs grob durchzubürsten. Zwei Jahre ging das coronahalber nicht oder (im Fall der CSU) eingeschränkt. Jetzt, gut ein Jahr vor der Wahl im Freistaat, ist das Bierzelt zurück. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder nutzt die Chance und arbeitet sich inhaltlich einmal quer durch die letzten Wochen. Hauptziel: die aus seiner Sicht wirklichkeitsentrückte Ampel.
Bei Corona fahre sie „ständige Panik-Attacken“, die Ukraine-Hilfe sei – Stichwort 5000 Helme – „ein einziges Trauerspiel“. Und erst das Energie-Thema, auweia. „Putin spielt jeden Tag sein Spiel mit uns“, sagt Söder, Berlin müsse mehr für die Energie-Unabhängigkeit von Moskau tun. Statt immer neuer grüner Waschlappen- und Spar-Vorschläge brauche es schnell Ersatzenergie. Mit großer Lust spielt der CSU-Chef die Wir-gegen-die-Karte, also Bayern gegen alle. Sollen die in Berlin humorlos und verbotsversessen sein, die Bayern sind’s nicht, man sei „ein Freistaat, kein Zwangsstaat“. Später lobt er bayerische Identität und bayerisches Geld: „Über uns wird schlecht geredet, dabei bezahlen wir die halbe Republik. Das wollen wir nicht mehr.“ Dann ein Blick auf den Gast: „Hendrik, Ihr arbeitet dran, wieder Geberland zu werden, gell?“
Wüst und Söder politisch einer Meinung
Gemeint ist Hendrik Wüst, der die Frotzelei höflich lächelnd wegsteckt. Der NRW-Ministerpräsident, qua Herkunft ein Bierzelt-Fremdler, ist Neuling beim Gillamoos, ein willkommener; denn seine Einladung soll ja zeigen, dass nach unruhigen Laschet-Monaten zwischen NRW und Bayern wieder alles im Lot ist. Also rauf auf die Bühne, Sakko aus und los.
Wenig überraschend: Wüst und Söder sind sich politisch sehr einig, etwa beim neuen Ampel-Entlastungspaket: Das sei nicht abgesprochen mit den Ländern, überhaupt handele die Ampel im „Schneckentempo“. Auch die Besteuerung von „Zufallsgewinnen“ sieht er kritisch. „Der einzige Zufallsgewinn, den ich kenne, war Scholz’ Sieg bei der Bundestagswahl.“
„In der Krise braucht es die CSU“
Manche geheimnissten in die Einladung hinein, Söder präsentiere hier seinen Favoriten für die nächste Unions-Kanzlerkandidatur. Er selbst will ja nicht mehr, der bayerische Wahlkampf wird strapaziös genug, zumal die CSU in Umfragen weit weg ist vom eigenen Anspruch. Den Ärger bekommt sogar der Koalitionspartner ab. Man habe die Freien Wähler ja gern bei sich, „brave Leute“ seien das. „Aber in der Krise braucht es die CSU.“