Erich Jungwirth ist empört
Ungarn-Urlaub: Bayer soll 65 Cent pro Liter Benzin mehr zahlen
Erich Jungwirth aus Passau ist empört. Seit 30 Jahren fährt er nach Ungarn an den Balaton. Eine kurzfristige Verordnung des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban vermieste dem 69- jährigen Passauer jedoch am letzten Wochenende den Urlaub am Plattensee. Als er auf dem Rückweg nach Deutschland tanken wollte, staunte er nicht schlecht.
An der Tankstelle, nahe dem Balaton, hielt er wie gewohnt an der Zapfsäule an und entsperrte den Tankdeckel. Plötzlich lief ihm die Tankstellen-Mitarbeiterin aus dem Kassenraum mit einem handgeschriebenen Zettel entgegen. Auf dem stand in deutscher Sprache geschrieben, dass Ausländer nur an Zapfsäule 1 oder 3 tanken dürfen. Für sie gelte ab sofort ein höherer Spritpreis. „Ich dachte, das ist ein Scherz und habe das gar nicht ernst genommen“, sagt Jungwirth. An der Anzeigentafel sei der normale Preis von 480 Forint (1,22 Euro) angezeigt worden, so Jungwirth. Laut der Tankstellen-Mitarbeiterin sollte der Bayer jedoch 734 Forint pro Liter Benzin (1,87 Euro) zahlen. Ein Aufschlag von 65 Cent pro Liter.
Kopfschüttelnd ist er wieder ins Auto gestiegen und zur nächsten Tankstelle gefahren. „Dort stand schon ein Deutscher mit seinem VW-Bus und rief mir zu, dass ich hier nicht tanken soll, weil Ausländer mehr zahlen müssen.“ Also setzte sich er sich wieder ins Auto und trat die Heimreise an. Er hatte zum Glück noch genug Sprit im Tank.
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban hatte die neue Regelung vorletzte Woche bekannt gegeben. Schon ein paar Stunden später galt die Verordnung an allen Tankstellen in Ungarn. Bis dahin konnten ausländische Autofahrer den amtlichen Spritpreis tanken, den die ungarische Regierung im November festgesetzt hatte. 480 Forint, umgerechnet 1,22 Euro, kostete seither der Liter Diesel oder Super-Benzin. Die amtliche Festsetzung des Spritpreises sollte bewirken, dass Autofahrer nicht unter den weltweit steigenden Treibstoffpreisen leiden. Sie soll vorerst bis 1. Juli gelten. Für ausländische Fahrer galt über Nacht der aktuelle Marktpreis. Dass die Verordnung sofort umgesetzt wurde, musste Erich Jungwirth selbst erfahren. Da die Regelung an Tankstellen im gesamten Land gilt, werden damit nicht nur Tanktouristen belangt. Die Verordnung trifft auch Reisende, die gerade ihre Ferien in Ungarn verbringen wollen – oder langjährige Ungarn-Freunde, wie Erich Jungwirth.
„Klare Verletzung des Rechts“
Die unterschiedliche Behandlung von Einheimischen und Bürgern anderer EU-Staaten an den Zapfsäulen wirft die Frage auf, inwiefern das EU-Land Ungarn damit gegen das in der EU bestehende Diskriminierungsverbot verstößt. Orbans Kanzleichef Antal Rogan räumte in einer Fernsehsendung ein, dass die neue Preisregelung zu Diskussionen mit Brüssel führen könne. Der kroatische Ministerpräsident Andrej Plenkovic hat Orbans Benzin-Trick bereits verurteilt. „Ungarn darf die Bürger anderer EU-Länder nicht diskriminieren“, sagte er. Das sei „eine klare Verletzung des Rechts“.