Auch Kliniken füllen sich wieder
Der Wiesn-Effekt: Corona-Zahlen steigen um 172 Prozent - Hospitalisierungsrate auf „Lockdown-Niveau“
- VonMarkus Zwiglschließen
Die Corona-Zahlen in Bayern ziehen weiter an. Gut eineinhalb Wochen nach Beginn des Oktoberfestes hat die Sieben-Tage-Inzidenz sowohl in der Stadt München als auch im Freistaat allgemein die Marke von 500 deutlich passiert. Bayern ist mal wieder - mit dem Saarland - kurz nach den vielen Volksfesten und fünf Tage vor Ende der Münchner Wiesn der absolute Corona-Spitzenreiter. Doch wie ist die Lage wirklich?
München - Die Herbst- und Wiesn-Welle in Bayern nimmt Fahrt auf. Insbesondere in der Landeshauptstadt steigt die Corona-Inzidenz in der zweiten Woche seit Beginn des Oktoberfestes immer schneller, wie aus am Donnerstag (29. September) veröffentlichten Zahlen des Robert Koch-Instituts hervorgeht. Demnach liegt die offizielle Inzidenz in München inzwischen bei 695,8. Das bedeutet einen Anstieg um mehr als 172 Prozent binnen Wochenfrist.
Bayernweit steigt die Inzidenz ebenfalls stark - wenn auch nicht ganz so extrem: Am Donnerstag meldete das RKI für den Freistaat einen Wert von 594,8. Auf Wochensicht ist das ein Anstieg um knapp 80 Prozent.
Bayern: ein einziger Hotspot
Bayern weist nach dem Saarland (714,4) weiter die zweithöchste Inzidenz in Deutschland aus. Insgesamt werden für 61 der 96 Landkreise und kreisfreie Städte in Bayern inzwischen Inzidenzen über 500 gemeldet. Am Mittwoch waren es erst 40.
Spitzenreiter in Bayern sind weiterhin die Landkreise Rosenheim (906,3) - bundesweit der zweithöchste Wert - und Eichstätt (881,5) sowie die Stadt Rosenheim (844). In beiden Regionen liegt ein Zusammenhang mit Volksfesten nahe: In Eichstätt hatte das Fest vom 2. bis 11. September gedauert, das Herbstfest in Rosenheim lief vom 27. August bis zum 11. September. Und auch in Passau, Kelheim und Freising, den Landkreisen mit den nächsthöheren Inzidenzen in Bayern, gab es im September Volksfeste.
Zusammenhang zwischen Corona-Anstieg und Oktoberfest?
Ein Zusammenhang des besonders starken Anstiegs in München mit dem Oktoberfest lässt sich derzeit zwar kaum beweisen, er liegt aber ebenfalls nahe: In allen Städten und Landkreisen mit hohen Inzidenzen hatte sich in der Regel etwa eineinhalb Wochen nach Beginn ein starker Anstieg gezeigt. Oft waren diese dann noch gut eine Woche weiter gestiegen. Auch Experten hatten im Vorfeld des Oktoberfests eine „Wiesn-Welle“ vorhergesagt.
Dazu kommt: Die Sieben-Tage-Inzidenz, also die Zahl der erfassten Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Menschen innerhalb einer Woche, hat inzwischen ein Stück weit an Aussagekraft eingebüßt. Experten gehen seit einiger Zeit von einer hohen Zahl nicht vom RKI erfasster Corona Fälle aus - vor allem, weil bei weitem nicht bei allen Infizierten ein PCR-Test gemacht wird. Nur positive PCR-Tests zählen in der Statistik. Zudem können Nachmeldungen und Übermittlungsprobleme zur Verzerrung einzelner Tageswerte führen.
Hospitalisierungsrate auf „Lockdown-Niveau“
ABER: Die Bettenbelegung (Intensivbetten) durch bestätigte COVID-19-Fälle in Bayern (162) ist Angaben des LGL zufolge lange nicht auf dem Niveau wie z.B. noch zu Jahresbeginn (über 600). Die hospitalisierten Fälle der letzten 7 Tage sprechen seit drei Tagen allerdings eine andere Sprache. Am 26. September lag der Wert noch bei 869, am Donnerstag meldet das LGL unter Berücksichtigung der Zahlen des RKI einen Wert von 1.330. Der Spitzenwert hier lag in den vergangen sechs Monaten Mitte Juli bei 1.494.
Die 7-Tage-Hospitalisierungs-Inzidenz liegt entsprechend bei 10,1 - vor einer Woche lag der Wert noch bei 6,5. Zur Erinnerung: Im vergangenen Winter konnten bei Überschreitung des Schwellenwerts größer als 9 von den Ländern Maßnahmen wie Kontaktbeschränkungen oder Schließungen verhängt bzw. angeordnet werden.
Staatskanzlei-Chef Florian Herrmann (50, CSU) sagte nach der Kabinettssitzung in dieser Woche - unter Berücksichtigung der Zahlen vom Beginn der Woche - noch: „Das ist noch weit weg von allen Schwellenwerten, die wir gesetzt haben.“ Das ist mittlerweile nicht mehr der Fall.
Auch wieder deutlich mehr Krankenhauseinweisungen
Im Vergleich zur Vorwoche sind die Belegungszahlen von Corona-positiv getesteten Patienten auf den Normalstationen der Deutschen Krankenhaus-Gesellschaft zufolge um 32,6 Prozent und auf den Intensivstationen um 17,5 Prozent (Datenstand: 28. September) gestiegen. Für Bayern meldet die Gesellschaft einen 55-prozentigen Anstieg aller Covid positiv getesteten Patienten auf Intensivstation im Vergleich zur Vorwoche. .
Bayern hat derzeit laut DIVI (Intensivregister) 300 freie Intensivbetten. Das sind im Schnitt 1,5 freie Betten pro Standort - dies ist nach Bremen (0,3) der mit Abstand niedrigste Wert in Deutschland. Aber: Zum einen stehen in Bayern noch 538 Notfallreserve-Betten, welche innerhalb von sieben Tagen zusätzlich aufgestellt werden können, zur Verfügung, zum anderen verzichtete man im vergangenen Winter auf alle aufschiebbare Operationen, um Betten und auch Intensivbetten freizuhalten. Derzeit werden „nur“ 162 der insgesamt 2.719 belegten Intensivbetten von Covid-19-Patienten in Anspruch genommen.
mz