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INTERVIEW MIT KARDINAL MARX

„Maria ist eine selbstbewusste Frau“

Muttergottes ist kein Beispiel für eine Unterordnung unter die Männer

Seit Kindertagen im nordrhein-westfälischen Geseke ist Maria eine Wegbegleiterin von Reinhard Marx. Im Interview erklärt der Münchner Erzbischof, warum Marienverehrung nicht überholt ist.

-Wozu braucht Bayern heutzutage eine Patronin? Ist das nicht ein Brauch aus vergangener Zeit?

Ja, aber ein sehr lebendiger, der vielen Menschen am Herzen liegt und der auch für die Zukunft von großer Bedeutung sein wird! Nicht alles aus vergangenen Zeiten ist deshalb bedeutungslos. Ich sehe es so: Im Leben brauchen wir Freunde, auf die wir uns verlassen können. Dazu gehört im Blick auf Gott, dass wir nicht aufhören zu hoffen, dass er ein menschenfreundlicher Gott ist. Die Heiligen, und besonders Maria, sind Freunde Gottes und unsere Freunde. Das drückt sich gerade auch in der Marienverehrung aus. Wenn wir von Maria reden, sprechen wir von der Menschwerdung Gottes, dass er in Jesus Christus einer von uns geworden ist, unser Bruder. Und dass Maria so auch unsere Mutter ist, weil sie auch die Mutter Jesu ist. Und das ist etwas Wunderbares.

-Und was bewirkt eine Patronin?

Wir können sie um ihre Fürsprache und Begleitung bitten – wie sich Kinder in der Familie an ihre Eltern wenden. Die Mutter ist da und hilft uns, unseren Weg zu finden. Sie unterstützt uns da, wo es nötig ist. Wir glauben als katholische Christen daran, dass die Heiligen fürsprechend, ermunternd unser Leben begleiten. Die Gottesmutter Maria hat für Bayern eine ganz besondere Bedeutung. Das ist ein Marienland hier, es gibt so viele Marienwallfahrtsorte, und gerade unsere barocken Kirchen drücken in meiner Sicht diese Lebens- und Menschenfreundlichkeit Gottes aus. Sie sind ja voller faszinierender menschlicher Vorbilder in den vielen Heiligen, die uns dort begegnen, besonders Maria, die Mutter Jesu! Vielleicht brauchen wir ihre Fürsprache heute dringender denn je – und das Wissen, dass wir für die Zukunft der Kirche und dieses Landes jemanden haben, auf den wir uns verlassen können. Ich bin davon überzeugt.

-Was bereitet Ihnen da besondere Sorge?

Die Probleme der Welt sind nicht kleiner geworden, ich denke an die Zukunft Europas, an die Zerstörung unserer Umwelt, an die schrecklichen Kriege in unserer Nachbarschaft, an die Unsicherheiten in vielen Teilen der Erde. Unser aller Leben ist damit verknüpft. Die Menschen in Bayern haben zu allen Zeiten Trost bei der Gottesmutter gesucht und auch gefunden, das darf uns Hoffnung geben.

-Was bedeutet Ihnen Maria?

Persönlich ist sie für mich meine Wegbegleiterin seit meiner Kindheit. In meiner Heimatkirche nahe unserem Haus wurde eine Pieta verehrt, eine Gottesmutter mit dem toten Jesus auf ihrem Schoß. Ihr werden seit dem 30-jährigen Krieg Wunder zugeschrieben. Als Kind bin ich ganz häufig dort hingegangen. Maria begleitet meinen Weg von den ersten Augenblicken an, als ich angefangen habe zu beten.

-Nun ist Maria nicht gerade die Patronin für die Gleichberechtigung. Und in der katholischen Kirche haben Frauen ja nun mal nicht die gleiche Mitsprache wie die Männer. Wäre es nicht an der Zeit, das Frauenbild zurechtzurücken statt eine Dienerin hervorzuheben?

Maria ist nicht Dienerin, sie ist Königin des Himmels und der Erde. Sie dient nicht dazu, gegen die Gleichberechtigung der Frauen zu argumentieren.

-Die Magd des Herrn wird sie genannt...

Und Jesus ist der Knecht Gottes! Aber Maria ist eben auch Mutter Gottes, Königin in einer ganz besonderen Art. Maria ist schlechthin das Vorbild für eine selbstbewusste Frau. Auch in der Urgemeinde spielte sie offensichtlich eine herausragende Rolle. Mit Maria kann man keine Unterordnung der Frauen unter die Männer propagieren oder die Rechte der Frauen kleinmachen. Keine Anrede in der Lauretanischen Litanei, in den Anrufungen Mariens, liefert einen Beleg dafür, dass sie kleingemacht worden wäre, sondern sie ist Vorbild für eine sich ihrer Sendung bewusste Frau und so für das gesamte kirchliche Leben. In Marias Lobgesang, dem Magnifikat, geht es darum, dass die Mächtigen vom Thron gestürzt und die Niedrigen erhöht werden. Maria lädt dazu ein, auch über die rechte Beziehung der Geschlechter immer wieder neu nachzudenken.

-Trotzdem sind die Frauen vom Dienst am Altar ausgeschlossen.

Nicht vom Altar, sondern vom Weiheamt. Da stimmen die katholische und die orthodoxe Kirche überein. Aber ich bin froh und dankbar, dass Frauen die Kirche in vielfältigen Funktionen im Haupt- und im Ehrenamt bereichern – auch in leitenden Positionen und auch in den Gottesdiensten.

-Können Sie sich denn dann Diakoninnen in der katholischen Kirche vorstellen?

Ich glaube, das ist eine Grundsatzfrage, die das gesamte Weiheamt betrifft...

-Es wird viel diskutiert darüber.

Ich kann aber nicht erkennen, wie man das Weiheamt auseinandernehmen kann. Es geht immer um das gesamte Weiheamt: Diakonenamt, Priesteramt und Bischofsamt gehören zusammen. Aber mir steht dazu das letzte Wort nicht zu. Es gibt ja nicht nur das Weiheamt, sondern viele andere Aufträge und Dienste und auch Ämter. Wir haben von der Deutschen Bischofskonferenz den Auftrag formuliert, die Zahl der Frauen in Leitungsämtern spürbar zu erhöhen. Das werden wir in diesem Jahr überprüfen. Diese Diskussion muss man weiterführen.

-Was erwarten Sie von der Wallfahrt?

Ich hoffe, dass es ein wirklich frohes Glaubensfest wird. Es kommt ja auch darauf an, dass der christliche Glaube auch öffentlich sichtbar ist. Es wird so viel darüber geredet, dass das kirchliche Leben überall abnimmt und weniger wird. Deswegen brauchen wir Orte und Zeiten, in denen der christliche Glaube auch lebendig erfahren werden kann. Ich erwarte mir Rückenwind für das katholische Leben in unserem Land. Natürlich kann ein solcher Tag nicht alles verändern. Aber wir brauchen solche Feste, damit unser Glaube und unser Miteinander auch gestärkt werden.

-Ist auch die Jugend dabei?

Das ist sogar ein besonderer Schwerpunkt. Es gibt ein eigenes Jugendprogramm – unter dem Motto: Maria, voll die Gnade. Ich bin sehr erfreut, dass bei uns die Resonanz der Jugendverbände überraschend stark ist. Allein mehrere Hundert Ministranten aus ganz Bayern werden dabei sein.

Interview: Claudia Möllers

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