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„Jeder Schüler braucht ein iPad“

INTERVIEW MIT HERBERT HENZLER . Der Unternehmensberater Herbert Henzler, einst enger Berater von Edmund Stoibers High-Tech-Offensiven, fordert eine digitale Revolution an den Schulen.

Bayern verschlafe hier gerade seine Zukunft, warnt er im Interview.

-Herr Henzler, verschlafen unsere Schulen gerade die digitale Revolution?

Da habe ich leider so meine Befürchtungen. Die Schulen in Bayern sind in dieser Hinsicht relativ unbeweglich, ja teilweise reaktionär. Die 105 000 Lehrer und ihre Verbände sind eine stabile Macht, eine betonierte Vermittlungs-Instanz, die nicht gerade fortschrittsfreundlich ist. Klar, dass da eine Regierung vor Veränderungen zurückscheut.

-Was fordern Sie?

Wir brauchen neue Informationstechniken an den Schulen. Informatik muss Pflichtfach werden. Da ist das Kultusministerium am Zug. Heute ist es oft so, dass die Schüler den Lehrern die neuen Apps erklären. Was auch dazu gehört, ist eine vernünftige Aufklärung über die Gefahren, die zum Beispiel von übermäßigem Smartphone-Konsum ausgeht. Die Mahnung des Hirnforschers Manfred Spitzer von der digitalen Demenz mag übertrieben sein, aber natürlich ist da auch was dran. Wir brauchen auch dafür engagierte Pädagogen – und Lehrerfortbildungen.

-Es gibt ja viele Versuche an Schulen, Laptop-Klassen, Whiteboards, Ipad-Klassen. Es stellt sich aber die Kostenfrage: Wer zahlt’s?

Der Staat muss in Vorlage gehen. Jeder Schüler braucht ein iPad. Und die Kostenfrage beim iPad müssen wir so sehen wie früher beim Rechenschieber. Den haben wir auch umsonst oder stark verbilligt bekommen. Das ist doch eine gute Investition. Lassen Sie nur zehn Schüler einer iPad-Generation Start-ups gründen mit erfolgversprechenden Apps – dann hat sich das doch volkswirtschaftlich schon gelohnt. Dieses Investment spült die Gewerbesteuer locker wieder rein.

-Wie wäre es mit einem Sponsoring der Unternehmen?

Das halte ich für schwierig – weil das dazu führt, dass die Schulen dann für die Unternehmen indirekt werben. Nein, iPads sind ein Pflicht-Investment des Staates. Da muss man auch Mut haben und sagen: Wir machen das jetzt.

-Sie sind einer der Architekten von Stoibers Hightech-Offensive mit ihrem Slogan „Laptop und Lederhose“. Ist Ihnen die jetzige CSU-Staatsregierung zu zögerlich?

Es ist nicht so, dass gar nichts passiert. Wir haben zum Beispiel ein beeindruckendes Zentrum für Digitalisierung in Garching, ausgestattet mit gut dotierten Stellen. Und was die Schulen betrifft: Es gibt Tests, Pilotversuche, ob in Gauting, am Münchner Max-Gymnasium oder einigen anderen Standorten. Aber das ist auch das Problem: Irgendwo gibt es alles – aber insgesamt haben wir eine schlechte Übersicht und wenig koordinierte Strukturen bei Schulversuchen. Es existiert keine durchschlagende flächige Strategie. Eine digitale Revolution an Schulen und Universitäten muss aber von oben angestoßen werden. Hier wäre ein Programm der Staatsregierung sehr sinnvoll.

-Die gern die Dinge laufen lässt.

Es ist zugegebenermaßen schwierig, Dinge zu verändern, wenn alles einigermaßen gut läuft. Dann fehlt der Handlungszwang. München brummt und boomt – wenn es einem so gut geht, wird man halt schwerfälliger.

-Was ein Fehler ist ...

München war früher das weltweite Zentrum der Nachrichtentechnik. Doch die Internet-Revolution fand nicht hier statt. Wir haben sehenden Auges eine Führungsposition verspielt. Das treibt mich um. Ich bin da ein Fortschrittsoptimist. Wenn wir vor 100 Jahren, als das Auto erfunden wurde, solche Besorgnisse gehabt hätten wie heute bei den digitalen Medien, dann wäre das Auto wohl nie gebaut worden.

-Ab welchem Alter sollte der digitale Unterricht beginnen?

Meines Erachtens schon in der Grundschule. Die digitale Welt wird die Welt unserer Kinder und Enkel so grundlegend verändern, dass ich das Grundwissen darüber möglichst früh in der Schule vermitteln muss.

-Müsste man nicht auch eine Art Gründergeist an den Schulen vermitteln?

Das wäre gewiss schön. Aber das ist in den Schulen wohl kaum durchführbar. Wir haben das im Entbürokratisierungsbericht 2005 analysiert. Damals kam in bayerischen Schulbüchern ein Unternehmer schlicht nicht vor, übrigens auch kaum berufstätige Frauen. Ich glaube nicht, dass sich das geändert hat. Wir erziehen die Kinder nach Rollenbildern, die nicht zeitgemäß sind. Eigentlich ein Unding.

-Ist die amerikanische Internet-Dominanz noch zu durchbrechen, wenn man, wie Sie fordern, die digitale Revolution breit umsetzen würde?

Im Moment behauptet China, dass sie in 20 Jahren diese Dominanz in Frage stellen können. Im Moment hacken sie wie die Wahnsinnigen, allein die Universität Stanford soll monatlich 50 000 Hacker-Angriffe abwehren. Die Europäer hatten sich im Jahr 2000 in der Lissabon-Strategie zum Ziel gesetzt, binnen zehn Jahren zum dynamischsten wissensgestützten Wirtschaftsraum der Welt zu werden. Da ist wenig davon übrig geblieben. Was bei uns fehlt, sind positive Vorbilder. Wenn man amerikanische Studenten fragt: Wer sind Eure Helden, eure Vorbilder? Dann antworten sie: Bill Gates, Larry Ellison, usw. – die Internet-Pioniere rattern sie nur so runter. Hören Sie von deutschen Studenten: Wir wollen werden wie SAP-Gründer Dietmar Hopp? Da können sie lange warten.

Interview: Dirk Walter, Georg

Anastasiadis, Corinna Maier

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