Grünes Licht für Senioren-Ampeln Zusätzliche Zeit an der Fußgänger-Ampel bekommen Senioren und Gehbehinderte in Ebersberg.
Grünes Licht für Senioren-Ampeln. Zusätzliche Zeit an der Fußgänger-Ampel bekommen Senioren und Gehbehinderte in Ebersberg.
Hier startete ein Pilotprojekt, bei dem die Ampel-Grünphasen an stark befahrenen Straßen bei Bedarf verlängert werden können. Läuft es gut, könnte das Projekt bundesweit Nachahmer finden.
VON MARION NEUMANN
Ebersberg – Sechs Sekunden länger Grün: Dafür hat Thomas John, 69, drei Jahre lang gekämpft. Um älteren und gehbehinderten Menschen das Überqueren der Fußgängerampeln zu erleichtern, setzte sich der Vorsitzende des Seniorenbeirats Ebersberg dafür ein, die Grünphasen an zwei Ampeln im Ort zu verlängern. Mit einem elektronischen Chip, der an den Ampel-Kasten gehalten wird, dauert sie statt zehn 16 Sekunden.
„Ich habe immer wieder Menschen mit Rollatoren gesehen, die auf der Hälfte des Weges umgekehrt sind, weil die Ampel schon wieder auf Rot gesprungen ist“, sagt er. „Die Zeit reicht ihnen einfach nicht.“ Im Urlaub in Singapur stieß er auf ein System, das er in leicht abgewandelter Form in Oberbayern etablieren will. „Dort hat man die Ampel mit einer Art Scheckkarte gesteuert“, sagt John. „Aber ich dachte, ein Chip wäre noch handlicher.“
Von der Idee bis zur Umsetzung der Senioren-Ampeln war es allerdings ein weiter Weg. „Zuerst bin ich zum Bürgermeister gegangen. Der hat sich sofort für das Projekt begeistert“, sagt John. „Aber es gab viele Rechtsfragen zu klären.“ Da die Ampeln, die der Seniorenbeirat als besonders kritisch einstufte, an Staatsstraßen stehen, musste das Vorgehen mit der Straßenverkehrsbehörde in Rosenheim abgeklärt werden. Auch für die Kosten von etwa 10 000 Euro für die Umrüstung musste der Staat aufkommen. „Es war ein zähes Vorgehen“, sagt John.
Doch der Vorsitzende des Seniorenbeirats ließ nicht locker. Als das Projekt immer wieder ins Stocken geriet, wandte er sich an den Landtag. Grünes Licht für das Projekt gab es letztendlich nach einer Ortsbegehung mit allen Beteiligten. „Da kam dann das Aha-Erlebnis. Als eine Dame mit Rollator versucht hat, innerhalb der zehn Sekunden über die Straße zu kommen, während zwei 40 Tonnen schwere Lastwagen an der Ampel warteten – da wurden wir endlich ernst genommen“, sagt er.
Seit etwa eineinhalb Wochen ist es nun so weit: Die Ampeln sind umgerüstet, erste Chips sind im Einsatz. Nicht nur John, sondern auch Bürgermeister Walter Brilmayer ist stolz auf das Projekt, das es so in ganz Deutschland noch nicht gibt. „Wir waren von Anfang an offen für die Idee“, sagt Brilmayer, „aber für die Umsetzung brauchte Herr John sehr viel Geduld.“
Ein Jahr lang sollen die Ampeln mit längerer Grünphase nun als Pilotprojekt in Ebersberg laufen. Dann könnten sie auch in anderen Orten zum Einsatz kommen. John, der bereits Anfragen aus Nachbargemeinden erhält, kann sich auch eine bundesweite Ausweitung vorstellen.
Etwa ein Dutzend Chips hat das Ebersberger Rathaus bisher ausgegeben. Zehn Euro Pfand sind dafür zu hinterlegen. Nicht nur an Gehbehinderte mit Schwerbehindertenausweis, sondern auch an Unfallopfer, die beispielsweise mit Krücken laufen. „Natürlich müssen wir aufpassen, dass damit kein Schindluder betrieben wird“, sagt Brilmayer. „Aber es wird ja ein Jahr lang kontrolliert.“
John hat schon jetzt viele positive Rückmeldungen bekommen. „In der Stadt werde ich auffallend oft gegrüßt“, sagt er und lacht. Damit sich noch mehr Senioren einen Ampel-Chip holen, lässt der Seniorenbeirat gerade Flyer drucken. „Im Moment ist bei vielen noch die Hemmschwelle da“, sagt er. „Aber wir werden ganz gezielt Leute ansprechen.“ Dass er dafür das nötige Durchhaltevermögen hat, hat John ja bereits bewiesen.