1. ovb-online-de
  2. Welt
  3. Bayern

„Uns hat es die Sprache verschlagen“: Pfarrer informierte über weiteren verdächtigen Priester

Erstellt:

Von: Daniela Haindl

Kommentare

Schon das Münchner Missbrauchsgutachten widmete dem Garchinger Ex-Pfarrer ein ganzes Kapitel.
Die Kirche in Garching an der Alz. © Peter Kneffel / dpa

20 Jahre Täterschaft durch Missbrauchs-Priester können nicht getoppt werden – dachte man. Aber vor Peter H. war noch ein anderer Missbrauchs-Priester nach Garching versetzt worden. Die Garchinger sind geschockt.

Garching an der Alz – Als wäre es nicht schon schlimm genug, dass Peter H. 21 Jahre lang in Garching tätig war: Erst am Sonntag klärte der jetzige Pfarrer der Gemeinde, Hans Speckbacher, beim Gottesdienst auf: Ein Eichstätter Priester, Josef Z., steht unter Missbrauchsverdacht. Und auch er war in Garching tätig. Seine Übergriffe sollen sich Ende der 1960iger Jahre in einer anderen Diözese ereignet haben aber die Hinweise seien glaubhaft und plausibel. Nun sei nicht ausschließbar, dass der inzwischen verstorbene Seelsorger sich auch in Garching an Kindern und Jugendlichen vergangen habe. Er war zwischen 1. Oktober 1984 und 30. September 1986 hier tätig und wurde von Peter H. abgelöst, für dessen Taten ein Sonderband im Münchner Missbrauchsgutachten herhalten musste.

Wandel ist spürbar.

„Uns allen hat es die Sprache verschlagen“, sagt Rosi Mittermeier von der Initiative Sauerteig. „Es ist ein Schock: Schon wieder! Und so kurz hintereinander.“ Mittermeier sagt, dass einige Bürger gleich nach der Kirche begannen über das Thema zu reden, andere suchten das Gespräch im Café Missio. „Die Leute haben inzwischen zum Glück weniger Angst vor dem Thema. Das Klima hat sich geändert und auch Betroffene merken das. Wo früher geschwiegen und verdrängt wurde, da sucht man heute das Gespräch“, so Mittermeier. „Man redet inzwischen offener und aufgeschlossener.“

Missbrauchs-Priester auf Mission gesendet

Bereits am 8. August hatte die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) eine Studie zu sogenannten Fidei-Donum-Priestern veröffentlicht. Dabei handelt es sich wohl auch um Geistliche, die auf Mission gesendet wurden – vornehmlich nach Südamerika. Josef Z. war einer davon. Er war unter falschem Namen 1969 in Afrika untergetaucht und kam dann nach Brasilien, wo er von einer jungen Frau angezeigt wurde. Der Eichstätter Bischof Alois Brems habe Z. geschützt und das Bistum die Zahlungen an den geänderten Namen gesendet.

Codes für bekannte Täter

„Das Thema ‚Missbrauch durch Kirchenmänner‘ ist auf allen Kontinenten ein großes Thema geworden. Dort existieren teils noch größere Hemmschwellen, aber es passiert etwas“, so Mittermeier. „Insider sagen, dass es bestimmte Codes gibt, die man in der Kommunikation für bekannte Missbrauchstäter unter den Priestern benutzt.“ Gerade weil aktuell eine Klage gegen das Bistum München-Freising, Kardinal Friedrich Wetter und den emeritierten Papst Benedikt XVI. vorliegt, verfolgt die Intiative Sauerteig gespannt die Entwicklung. Mittermeier: „Weil ein Kläger die behördeninternen Strukturen nicht kennen kann müsste der Beklagte über die Vorgänge in seiner Behörde Auskunft geben. Das wäre natürlich sehr aufschlussreich: Dann reicht es nämlich nicht zu sagen, man habe nichts gewusst.“

Erzdiözese bittet Betroffene, sich zu melden

„Was wir uns erhoffen würden ist, dass der Glaube aufgehoben wird, ein Priester sei als ‚heiliger Mann‘ unantastbar und unfehlbar“, sagt Mittermeier. Viele Gläubige würden Gottesmännern noch immer so viel Vertrauensvorschuss geben, dass man sie nicht zu bezweifeln wage. Die Initiative richtet sich erneut an Betroffene sich zu melden: „Jeder Hinweis wird sehr ernst genommen“, so Mittermeier. Die Erzdiözese München-Freising ist eigenen Angaben zufolge um Aufklärung bemüht, und nimmt eine umfassende Prüfung der komplexen Aktenlage vor. Sie bittet mögliche Betroffene sich an die unabhängigen Ansprechpersonen für Verdachtsfälle von sexuellem Missbrauch der Erzdiözese München und Freising zu wenden.
 
Die Kontaktdaten der unabhängigen Ansprechpersonen für Verdachtsfälle von sexuellem Missbrauch der Erzdiözese:

Das Bistum hat eine Hotline für Missbrauchs-Betroffene eingerichtet.
Die Anlaufstelle des Bistums München-Freising. © Bistum München-Freising

Auch interessant

Kommentare