Kritik für neue Verordnung
„Das versteht doch kein Mensch“: Diese Corona-Regeln gelten ab sofort in Bayern
In Bayern gelten ab Mittwoch, 16. November, neue Corona-Regeln. Die Reaktionen darauf sind gemischt. Wer sich isolieren muss und wer nicht – und wo künftig noch eine Maskenpflicht gilt.
München – Ab Mittwoch, 16. November, gelten in Bayern neue Corona-Regeln. Wer infiziert ist, aber keine Symptome hat, muss sich nicht mehr isolieren, sondern darf in die Arbeit oder zum Einkaufen. Allerdings nur mit mindestens einer medizinischen Maske. Empfohlen wird vom Gesundheitsministerium das Tragen einer FFP2-Maske. Im Freien oder wenn ein Mindestabstand von anderthalb Metern eingehalten wird, müssen Infizierte keine Maske tragen. Die Regelung gilt für Erwachsene und Kinder ab sechs Jahren. Symptomlose Infizierte dürfen keine medizinischen oder pflegerischen Tätigkeiten ausüben oder Gemeinschaftsunterkünfte betreten. Spätestens im Januar soll außerdem die Maskenpflicht in Bayerns Bussen und Bahnen fallen. Eine Übersicht über die neuen Regeln und die Reaktionen darauf:
Bus und Bahn
Noch ist die Maske in Bus und Bahn Pflicht – doch das könnte sich im Nah- und Regionalverkehr bald ändern. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat vorgeschlagen, dass die Maskenpflicht mit Auslaufen der aktuellen Verordnung am 9. Dezember fallen könnte. Auch FW-Chef Hubert Aiwanger ist dieser Meinung: am 9. Dezember oder – wie in Schleswig-Holstein – am 1. Januar könnte die Pflicht auslaufen. Einen Beschluss gibt es noch nicht. Unabhängig davon gilt weiter eine Maskenpflicht im Fernverkehr. .
Krankenhäuser und Heime
In Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern werden die Maskenpflicht und die Testpflicht für Besucher bleiben. Für alle Corona-Infizierten (ob mit oder ohne Symptome) gilt ein Betretungsverbot – egal, ob Besucher, Pflegekraft oder Verwaltungsangestellter. Ausnahmen gelten allerdings für heilpädagogische Tagesstätten sowie für Betreiber und Ehrenamtliche, die in Reha- oder Behinderteneinrichtungen arbeiten – soweit sie keine vulnerablen Personen betreuen. Die Krankenhausgesellschaft begrüßt, dass die Regeln in den Kliniken so streng bleiben. „Patienten und Senioren müssen weiterhin massiv geschützt werden“, sagt Sprecher Eduard Fuchshuber. Selbst infiziertes Reinigungspersonal wäre ein zu großes Risiko, betont er.
Schulen
Wer krank ist, bleibt zu Hause – wer indes infiziert ist, ohne Krankheitssymptome zu zeigen, für den reicht eine Maske im Unterricht. Das ist die neue Leitlinie für den Schulbesuch. Genaue Ausführungsbestimmungen will das Kultusministerium an die Schulen verschicken. Der stellvertretende Ministerpräsident Hubert Aiwanger (FW) schränkte schon mal ein: Positiv getestete Schüler täten gut daran, freiwillig einige Tage zu Hause zu bleiben, sagt er. „Wenn die Eltern darauf bestehen“, dann könnten sie freilich mit Maske in den Unterricht.
Reaktionen
Aus virologischer Sicht ist das Tragen von FFP2-Masken in vollen Bussen und Bahnen weiterhin sinnvoll, betont der LMU-Professor und Virologe Franz Xaver Reichl. „Besonders im Berufsverkehr ist das Infektionsrisiko ohne Maske hoch.“ Den Vergleich mit Flugzeugen, wo keine Maskenpflicht mehr gilt, findet er problematisch. „In Flugzeugen wird die Luft gereinigt, dort müsste man jemanden direkt anhusten, um ihn zu infizieren.“ Wo in Bahnen und Bussen Abstände eingehalten werden können, findet Reichl es nicht bedenklich, auf die Masken zu verzichten. „In vollen Bahnen geht man ein großes Risiko ein.“ Allerdings sei jeder, der eine FFP2-Maske richtig trage, gut vor Viren geschützt, betont Reichl. Und auch Infizierte, die eine FFP2-Maske tragen, würden andere mit großer Wahrscheinlichkeit nicht infizieren. Reichl empfiehlt, die Masken freiwillig zu tragen, sobald Abstände nicht eingehalten werden können.
Bedenklich findet er die Aufhebung der Isolationspflicht. Er betont: „Auch wer keine Symptome hat, ist infektiös und kann das Virus weitergeben, sobald er die Maske absetzt.“ Er fürchtet, dass Menschen, die aus Angst auch im Freien Maske tragen, durch die Regelung als infiziert stigmatisiert werden könnten – weil sie nur noch für Infizierte Pflicht ist. Auch der Sozialverband VdK sieht die neuen Regelungen kritisch. Viele vulnerable Gruppen sind dort Mitglied und seien wegen Corona noch immer sehr besorgt. Bayerns VdK-Vorsitzende Ulrike Mascher hat kein Verständnis für die gelockerte Maskenpflicht in Bus und Bahn. „Gerade für ältere Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen schaffen Masken ein Stück Sicherheit“, betonte sie gestern. Sie seien häufig auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen. „Wenigstens über den Winter sollte die Maskenpflicht deshalb beibehalten werden.“ „Unverständliche Regeln werden zunehmend schlecht eingehalten“, sagt hingegen Andreas Barth vom Fahrgastverband Pro Bahn zur Maskenpflicht in Bus und Bahn. Dass die Maske zwar in der S-Bahn getragen werden müsse, nicht aber im Supermarkt oder auf dem Volksfest, „das versteht doch kein Mensch“.
kwo/dw