Landrat Kern und Gesundheitsamtsleiter im Interview
Energiekrise, Ukraine-Krieg, Corona: „Herausforderungen werden nicht weniger“
- VonChristina Eisenbergerschließen
Berchtesgadener Land - Was eigentlich eine Pandemie kostet, worauf wir unser Augenmerk legen sollen und wie sich das Gesundheitsamt auf den Winter und den neuen Corona-Impfstoff vorbereitet - darüber sprechen Landrat Bernhard Kern und Gesundheitsamtsleiter Matthias Stephan im zweiten Teil des Interviews mit BGLand24.de:
Herr Kern, Herr Stephan, wie bereitet sich das Gesundheitsamt auf den Winter vor?
Landrat Kern: Für weiteres Personal zur Kontaktnachverfolgung laufen Ausschreibungen. Das sind sieben Kräfte, die wir im CTT (Anm. der Redaktion: Contact tracing team - Kontaktverfolung bei Corona-Fällen) noch brauchen, damit wir weiterhin gut aufgestellt sind. Aber der Grundstock steht.
Gesundheitsamtsleiter Stephan: Ganz wichtig ist, dass die Strukturen bei uns stehen. Aktuell werden selbstverständlich die Grundaufgaben des Gesundheitsamts wahrgenommen, weil im Moment Zeit ist; Natürlich beschäftigt sich nach wie vor eine Gruppe rein mit Corona. Diese Struktur kann im Bedarfsfall aber jederzeit umgestellt werden, sodass sich das gesamte Gesundheitsamt mit Corona befasst. Auch im Testzentrum und Impfzentrum sind die personellen Voraussetzungen gegeben. Die Entscheidung der Staatsregierung, ob das Impfzentrum nach dem 31. Dezember 2022 weiterläuft oder nicht, steht noch aus. Wir sind da auf alle Fälle flexibel, sodass wir das Impfzentrum immer aufrechterhalten können. Damit wir frühzeitig Bescheid wissen, führen wir das Abwassermonitoring weiter. Das sind unsere Säulen im Moment. Wir beobachten die Lage und haben den Notfallplan in der Schublade. Wir sind gut aufgestellt, sowohl personell als auch bei den Strukturen.
Im September könnte bereits der Corona-Impfstoff für die Omikronvarianten verfügbar sein. Wird das Gesundheitsamt den Impfstoff wieder beim Land beantragen?
Gesundheitsamtsleiter Stephan: Genau, die normalen Strukturen werden so beibehalten. Die Impfstoffe werden nach Landkreisgröße und Bevölkerung verteilt - und auch je nachdem wie wir die Impfstoffe benötigen, wie die Nachfrage dann sein wird.
Wie viel Impfstoff soll für das Berchtesgadener Land bestellt werden?
Stephan: Bei Einführung des Impfstoffs von Novavax hatten wir 2000 Dosen vorrätig. Da werden wir nicht direkt abweichen. Aber wenn natürlich die Nachfrage schneller steigen sollte, können wir frühzeitig reagieren.
Wird es wieder Vorgaben geben, dass etwa ältere Bürgerinnen und Bürger den Impfstoff zuerst erhalten?
Stephan: Das kommt auf Angebot und Nachfrage an. Ich tippe mal, dass das Angebot ausreichen wird. Aber natürlich, wenn die Nachfrage weitaus größer ist, muss sich die Regierung überlegen, wie sie den Impfstoff verteilt.
Wie schwer hat die Corona-Pandemie den Landkreis finanziell belastet?
Landrat Kern: Über alle Bereiche hinweg hatten wir Ausgaben in Höhe von rund 2,5 Millionen Euro. Darin enthalten sind auch Kosten bei den Schulen, zum Beispiel Desinfektion. Demgegenüber stehen Erstattungen von rund 1,8 Millionen Euro. Unterm Strich hat uns die Corona-Pandemie also finanziell mit 700.000 Euro belastet.
Corona, Ukraine-Krieg, Energiekrise, Kostensteigerungen. Was erwarten Sie denn im Allgemeinen für den Winter in der Region?
Landrat Kern: Der Winter wird in vielerlei Hinsicht einigermaßen stemmbar bleiben. Was die Energieerzeugung betrifft, sind schon viele in der Region sehr gut aufgestellt. Viele Betriebe haben schon vorgesorgt, sodass wir nicht im Kalten sitzen. Vorsicht ist stets geboten, sowohl beim Thema Energie als auch beim Thema Corona. Aber wir haben auch noch den Krieg in der Ukraine vor der Haustür. Wir haben im Berchtesgadener Land mehr als 1000 Flüchtlinge, die aufgenommen wurden. Was jetzt in der kälteren Jahreszeit auf uns zukommt, wissen wir noch nicht, aber wir haben als Landkreis Kapazitäten geschaffen. Im Landkreis habe ich wenig Ängste, dass die Bevölkerung nicht mitmachen würde, wenn leichte Einschränkungen erforderlich sind. Ansonsten schaue ich ganz positiv in die Zukunft. Wir müssen ein Augenmerk auf die Themen Energie, Flüchtlinge und Corona legen. Dass so viel jetzt auf einmal kommt, ist schon Wahnsinn. Ich bin aber ganz gut gestimmt, dass wir mit entsprechender Vorsicht und auch Weitsicht gut weiterkommen.
Was sollten die Bürger jetzt tun?
Landrat Kern: Im eigenen Haushalt kann man schauen, was man noch selbst einsparen kann. Muss ich die Heizung durchlaufen lassen? Kann ich auch mit einem anderen Energiemittel zuheizen? Das ein oder andere im Haushalt und am Gebäude kann vielleicht noch optimiert werden. Natürlich wird im Herbst in der kurzen Zeit nicht alles möglich sein, aber da haben wir noch viel Potenzial. Die Energiekrise ist im Herbst 2022 nicht vorbei, es geht ja weiter. Es gibt ja auch Überlegungen, in unserer Region Energieträger noch weiter auszubauen. Dann ist die Region für die nächsten Jahre ganz gut aufgestellt. Bei uns wird auch schon viel gemacht. Wir haben nicht umsonst im Landkreis einen Klimaschutzmanager. Die Nachfrage etwa bei der Energieagentur ist auch extrem groß. Der Bürger denkt um und informiert sich. Wir haben Herausforderungen ohne Ende, die werden nicht weniger. Aber wir sind guten Mutes, dass wir das auch in Zukunft gut hinbringen.
Haben Sie bei sich daheim auch schon überprüft, wo Sie noch Energie sparen können?
Landrat Kern: Ja. Ich schaue immer wieder, was noch verbesserungswürdig ist. Speziell beim Heizen überprüfe ich noch die Holzvorräte für den Winter. Ich habe im Haus auch schon einiges umgebaut. Ich hätte mir auch nie vorstellen können, dass ich in meiner vermieteten Wohnung einen Holzofen einbaue. Der kommt jetzt im Herbst. Ich rüste auf alle Fälle um, was möglich ist, um Energie zu sparen und damit ich mit den Gesamtkosten nach unten komme. Auch privat. So bin ich energetisch auf einem guten Stand. Aber Möglichkeiten gibt es immer – etwa noch eine PV-Anlage nachzurüsten.
Herr Kern, Herr Stephan, ich danke Ihnen für das Gespräch.
Im ersten Teil des Interviews spricht Landrat Bernhard Kern über Bürgertests, Montagsdemos, die Corona-Regeln für den Herbst und was er selbst von der Regierung erwartet.
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