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„Wir müssen aufhören, uns zu Tode zu verwalten und beginnen, umzusetzen!“

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Von: Christina Eisenberger

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36,8 Millionen Euro auf der Kante, Investitionsstau und eine stabile Umlage für die Kommunen: Der Kreistag Berchtesgadener Land hat den Haushalt für 2022 beschlossen. Doch so rosig, wie es klingt, ist es nicht. Die Verschuldung rollt bereits an.

Berchtesgadener Land - Der Haushalt 2022 steigt mit einem negativen Ergebnis in Höhe von 6,2 Millionen Euro aus. Dies „kann nur deshalb akzeptiert werden, da der Landkreis über erhebliche liquide Mittel von 36,8 Millionen Euro verfügt“, so Landrat Bernhard Kern zu Beginn seiner Haushaltsrede. Soweit so gut, wie Kreisrat Roman Niederberger (SPD) in der Sitzung noch sagen wird.

Aber „der Bestand an liquiden Mitteln wird, vor allem aufgrund der hohen Auszahlungen aus Investitionstätigkeit, in 2024 fast komplett abgebaut sein“, so Kern weiter. Der Landkreis nimmt deswegen bereits im Zeitraum bis 2025 Kredite in Höhe von 15,8 Millionen auf.

BGL zahlt 1,8 Mio. Euro mehr an den Bezirk Oberbayern

Die Kreisumlage, die von den Gemeinden erhoben wird, bleibt wie bereits 2021 bei 42 Prozent. Dennoch steigt die absolute Abgabe der Gemeinden um 2,7 Millionen auf insgesamt 56,7 Millionen Euro.

Während die Gemeinden zumindest relativ nicht mehr zahlen müssen, ist die Bezirksumlage, die der Landkreis an Oberbayern zahlt, auf 22 Prozent erhöht worden. Der Landkreis Berchtesgadener Land muss somit rund 1,83 Millionen Euro mehr Bezirksumlage zahlen. Insgesamt sind es circa 29,7 Millionen Euro.

„Von den rund 2,7 Millionen Euro Mehr an Kreisumlage verbleiben im Landkreis also nur rund 860.000 Euro“, so Kern.

In diese Projekte investiert das Berchtesgadener Land:

Berchtesgadener Land verschuldet sich um bis zu 70 Millionen Euro

Es stehen also viele Investitionen und Preiserhöhungen an, die Einnahmen steigen jedoch kaum. Allein die Personalkosten für den Kreis steigen um 2,1 Millionen Euro. Klar ist auch schon jetzt, dass der Haushalt 2022 nachjustiert werden muss. Man habe wegen Corona und der Ukraine-Krise personell eine angespannte Lage, so der Landrat. Deswegen werden neue Stellen ausgeschrieben.

Außerdem mache sich die Ukraine-Krise bereits bei den Energiepreisen bemerkbar. Das ist im Haushalt noch nicht eingeplant, so Kämmerin Nicole Fegg. „Gas- und Stromausschreibungen stehen ja auch wieder für die nächsten Jahre an. Wir haben enorme Bedenken, dass sich die Preise halten lassen.“

Die Verschuldung des Landkreises zur Finanzierung der Investitionen wird also trotz Fördermittel ansteigen. Zum 31. Dezember 2022 wird der Schuldenstand voraussichtlich rund drei Millionen Euro betragen - die Ukraine-Krise ist dabei noch nicht berücksichtigt.

Bereits 2025 rechnet Landrat Kern mit einer Verschuldung von 16,1 Millionen Euro. Die Investitionsplanungen bis 2031 zeigen das ganze Ausmaß: „Eine Finanzierung der vorgestellten Investitionsmaßnahmen unter der Abwägung von Generationengerechtigkeit und Zukunftsfähigkeit wird nach heutigem Stand eine Verschuldung von bis zu 70 Millionen Euro erfordern. Wir sind krisenerprobt, aber stehen vor einer gewaltigen Herausforderung und müssen eine dauernde Herausforderung unserer Nachfolgenden vermeiden.“

Zu langsam, aber die Richtung stimmt - Diskussion um Haushalt

Die Richtung stimme, so Roman Niederberger. Ein Großteil der geplanten Investitionen geht in den Bildungsbereich. „Der Landkreis schöpft hier alles aus, um der Bildungsregion gerecht zu werden. Es sei auch geboten, dass die Rücklagen abgebaut werden. „Soweit so gut. Aber der Ausblick in die Zukunft ist natürlich ein anderer.“

Die Ressourcen im Landkreis seien begrenzt. „Fläche, finanzielle Mittel, personelle Möglichkeiten, aber auch Zeit ist eine begrenzte Ressource“, so Niederberger. „Wir müssen schauen, dass wir priorisierte Projekte schneller auch auf die Kette bekommen. Und das ist keine Kritik an der Landkreisverwaltung, sondern an uns selbst.“

Bartl Wimmer (Grüne) ist „nicht ganz so gut“ gestimmt. Man habe 36 Millionen Euro „auf der Kante“, weil „einfach ein sehr großer Teil der beschlossenen Maßnahmen und Investitionen nicht umgesetzt wurde“.

„Das Haushaltsrecht ist das größte Recht dieses Gremiums, weil wir damit politisch die Leitplanken formulieren, was die Handlungsweisen für die Verwaltung sein müssen. Aber die letzten waren wohl Schall und Rauch und wurden nicht umgesetzt. Wir müssen uns in die Augen schauen und fragen, woran es eigentlich hakt.“ Wimmer gehe es nicht um Schuldzuweisungen.

Dem Umbau am Rottmayr-Gymnasium, bei dem sich die Kosten auf rund 20 Millionen Euro verdoppelt haben, hätte Wimmer „unter normalen Zeiten nicht zugestimmt. Aber das ist für mich momentan das Projekt, das wir umsetzen können.“ Der Kreis sitze auf einem Sack Geld und könne viel nicht umsetzen. Gerade beim ÖPNV und dem Bereich Klimaschutz müsse man ins Handeln kommen.

Wimmer könne sich vorstellen, dass man die Abläufe „massiv beschleunige“. „Wir müssen aufhören uns zu Tode zu verwalten und müssen beginnen, unsere Projekte umzusetzen.“ „Wir müssen schneller und pragmatischer werden. Das ist ein Appell, dass wir diesen Hebel jetzt umlegen und ins Handeln kommen. Mehr wünsche ich mir nicht.“

Die Problematik seien auf der einen Seite die hohen Rücklagen und auf der anderen Seite „ein erheblicher Investitionsstau“. „Den müssen wir die nächsten Jahre abarbeiten“, so Monika Veiglhuber (FWG). Grund seien die hohen Kostensteigerungen, die sich etwa bei der Berufsschule in Freilassing oder dem Rottmayr-Gymnasium in Laufen ergeben haben mit „teilweise 20 Prozent pro Jahr“.

Es sei wichtig, „dass wir die Kreisumlage in den nächsten Jahren halten“. Das bleiben die Gemeinden handlungsfähig, so Veiglhuber.

ce

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