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Bilanz der Bürgermeister aus Berchtesgaden, Schönau, Bischofswiesen

Ein Jahr nach Hochwasser: „Müssen uns auf erneute Katastrophen vorbereiten“

Hochwasser Juli 2021 Berchtesgadener Land Berchtesgaden Bischofswiesen Schönau am Königssee Bobbahn
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Besonders die Muren und Schlammlawinen setzten bei den Unwettern im Juli 2021 dem Berchtesgadener Land zu. In Bischofswiesen (l.o.) wurde dabei ein Haus zerstört, in Schönau am Königssee die Bobbahn (l.u.) und in der Vorbergsiedlung füllte der Schlamm ganze Häuser an.
  • Christina Eisenberger
    VonChristina Eisenberger
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Egal ob Keller, Haus oder Bobbahn - vor einem Jahr war das Berchtesgadener Land der Zerstörungswut des Wassers ausgesetzt. Doch was ist seitdem in den besonders schwer getroffenen Orten passiert? Nachgefragt bei den Bürgermeistern von Berchtesgaden, Bischofswiesen und Schönau am Königssee:

Berchtsgadener Land - Es ist der 17. Juli 2021, ein Samstag. Am Morgen warnt der DWD bereits vor enormen Niederschlagsmengen in der Region - in Staulagen bis zu 160 Liter pro Quadratmeter. Der Dauerregen besiegelt schließlich das Schicksal insbesondere der südlichen Landkreishälfte. Die Pegel der Bäche und Flüsse steigen und überschwemmen Keller, Straßen, ganze Stockwerke. Murenabgänge schneiden die Scheffau in Marktschellenberg von der Außenwelt ab. Die Berchtesgadener Ache erreicht einen historischen Wasserstand von fast vier Metern, weit mehr als bei dem schweren Hochwasser 2013. Landrat Bernhard Kern ruft schließlich den Katastrophenfall aus.

Hochwasser im Berchtesgadener Land im Juli 2021

Zahlreiche Menschen müssen in Schönau am Königssee, Berchtesgaden, Bischofswiesen und Marktschellenberg aus ihren Häusern evakuiert werden. Die Angst ist groß vor Murenabgängen, Hangrutschungen und Überflutungen. In Bischofswiesen und Schönau am Königssee rauschen Schlammlawinen durch Wohnhäuser und hinterlassen nichts als Zerstörung. Zwei Menschen sterben, eine Person in direktem Zusammenhang mit dem Hochwasser. Keiner schläft an diesem Wochenende, die Blaulichtorganisationen sind im Dauereinsatz.

Ein Jahr später ist es eine warme Juliwoche. Deutschland ächzt eher unter andauernder Hitze und Dürre anstatt Starkregen und Überschwemmungen. Die Bürgermeister der besonders schwer getroffenen Orte Bischofswiesen, Berchtesgaden und Schönau am Königssee ziehen 365 Tage nach Einsatz der Wassermassen eine Bilanz. Was geschehen ist, und was noch getan werden muss:

Schönau am Königssee: viele Schäden beseitigt - doch eine Familie verlässt ihr Haus

Schönau am Königssee ist in dem Jahr sehr zusammengerückt, erklärt Bürgermeister Hannes Rasp gegenüber BGLand24.de. „Alle haben zusammen geholfen und unterstützt, es wurde niemand alleine gelassen. Es ist durch menschliche und finanzielle Unterstützung sehr viel geschehen, die meisten Schäden sind beseitigt.“ Die Bilder aus Schönau am Königssee gingen durch die Welt - wegen der zerstörten Bobbahn am Königssee, die ein Murenabgang massiv beschädigte und wegen der Vorbergsiedlung. Hier füllte eine Schlammlawine die Wohnhäuser teils bis zum ersten Stock. Die schwer getroffene Vorberg- und Fischmichlsiedlung wurden schnell durch Vorwegmaßnahmen gesichert. Offen sind noch die endgültigen Sicherungsmaßnahmen durch das Wasserwirtschaftsamt Traunstein. Diese befinden sich in Planung.

Seit dem Hochwasser wurden die größten Schäden an den Straßen, Wanderwegen und Kanälen beseitigt. Wildbäche wurden verbaut und saniert und insbesondere der Hang an der Königsseer Ache gesichert. Das angrenzende Hotel Hubertus musste damals aus Sorge vor einem Hangrutsch evakuiert werden.

„Die privaten Schäden konnten zum größten Teil bis zum Winteranfang beseitigt werden“, so Rasp. „Die öffentlichen Schäden wurden größtenteils bis Ende Juni 2022 abgeschlossen, ausgenommen die Kunsteisbahn und der Klingerweg.“ Noch offen ist hingegen der Ausbau des Pletzgrabens, um den Ortsteil Königssee vor Überschwemmungen zu schützen. Auch die Forststraße zur Klingeralm und das Waldgebiet drum herum stehen noch aus.

Bei den Betroffenen kamen - soweit der Gemeinde bekannt - die Spenden ohne große Bürokratie an. Dennoch befinden sich nach wie vor Hochwassergeschädigte in einer schwierigen Situation. „Zum einen stehen noch teure Sanierungsmaßnahmen an“, so Rasp. Spendengelder seien jedoch noch zur Unterstützung vorhanden. Und eine Familie werde ihr Haus verlassen und an anderer Stelle neu bauen.

Bischofswiesen: „Diese Katastrophen können zeitnah wieder eintreten“

Bischofswiesen hatte im letzten Jahr leider zwei Starkregenereignisse. Eines am 9. Juni und das zweite am 17. Juli. Die Katastrophe am 17. Juli hat in Bischofswiesen zu enormen Schäden geführt“, erinnert sich Bürgermeister Thomas Weber, „aber bereits in der Nacht von 17. auf auf 18. Juli waren zahlreiche ehrenamtliche Helfer vor Ort, um den Betroffenen zu helfen. Das war überwältigend.“

Neben dem tatkräftigen Mitanpacken kam auch umgehend finanzielle Hilfe in Form von Spenden in der Gemeinde an. „Diese Gelder konnten wir zeitnah verteilen, so dass die größte finanzielle Notsituation grundsätzlich bei allen abgemildert werden konnte“, so Weber. Doch der Bürgermeister warnt: „Wir müssen uns darauf einstellen, dass diese Katastrophen zeitnah wieder eintreten können und wir müssen uns bestens darauf vorbereiten.“ Doch eines habe Weber auch festgestellt: „In solchen Katastrophen rücken wir Menschen alle wieder etwas näher zusammen. Es wird sofort geholfen, ganz pragmatisch, vom Nachbarn bis hin zur obersten Politik.“

Auch in Bischofswiesen konnte die Gemeinde umgehend mit sicherheitsrelevanten Maßnahmen und Schadensbeseitigung beginnen. Größere Hochwasserschutzmaßnahmen wie etwa am Maiswandgraben in Winkl werden jedoch vom Wasserwirtschaftsamt durchgeführt und benötigen einen längeren Planungs- und Genehmigungsprozess.

Ein Großteil der Schäden ist auch bereits behoben, so etwa am Schneckenmühlweg und Erbmühlweg. Die Hangsicherung im oberen Teil wird aktuell fertiggestellt. Der Reitweg Oberthann konnte bereits 2021 wiederhergestellt werden, nachdem dieser komplett zerstört wurde. Das Anwesen Sigllehen ist nun geschützt durch die Versteinung des Bachlaufes und einer Neuverrohrung am Siglweg. Der Fußweg Reitweg und an der Ache ist wieder provisorisch repariert und begehbar.

„Eine Wasserversorgung in Bischofswiesen (Stab) wurde komplett zerstört“, so Weber. Die Versorgung wurde durch Berchtesgaden sichergestellt, der Schaden und der Weg bis zum Hochbehälter repariert. „Oberhalb des Hochbehälters bis zur Quellfassung liegt noch eine provisorische Leitung.“

In Aschau am Wasserfall werden aktuell noch Schäden beseitigt. Im Herbst 2021 musste das Gelände kurzerhand wegen einer Fliegerbombe evakuiert werden, die bei den Sanierungsarbeiten entdeckt wurde. Außerdem laufen noch größere Maßnahmen, wie die Bachverbauung am Dietfeld, die bereits genannte Wasserleitung in Stab, die Hangsicherungsmaßnahmen in der Tristramschlucht und die Arbeiten am oberen Teil des Reissenbachs. Die Maßnahmen am Reissenbach seien so abgestimmt worden, dass künftig Überschwemmungen vermieden werden können, so Weber. Das Wasser hatte die Gewerbebetriebe, die Gleisanlage und die Baustelle Bahnhof Bischofswiesen stark beschädigt.

Am Maiswandgraben könnten die Hochwasserschutzmaßnahmen noch länger dauern. Nach den Hangabrissen und enormen Geschiebemengen am Berg vom letzten Jahr überarbeitet das Wasserwirtschaftsamt die Planungen noch. An der Reichenhaller Straße 50 und 52 hat die Bahn eine Verbesserung des Mausbachs zugesichert. Durchgeführt worden sei bisher noch nichts, so Weber.

Berchtesgaden: Tragischer Todesfall

Das schwere Unwetter „war für uns besonders tragisch, weil es bei uns in der Gemeinde zu einem sehr tragischen Todesfall gekommen ist“, erklärt Berchtesgadens Bürgermeister Franz Rasp gegenüber BGLand24.de.

Auch in der Marktgemeinde sind seit dem Unglück zahlreiche Sanierungsarbeiten geschehen. Nach ersten und unmittelbaren Sofortmaßnahmen wurden auch die Straßen zu großen Teilen fertig saniert. Derzeit habe die Gemeinde noch über 70 Einzelbaustellen. Manche seien schon recht weit. „Für einige Maßnahmen werden wir auch länger brauchen“, so Rasp, etwa bei der Wiederherstellung von Brücken, die bisher behelfsmäßig gerichtet seien.

Am Nonntal steht noch ein Steinschlagschutzzaun aus. Gerade an den Gewässern seien noch massive Schäden zu beseitigen. Der Hochwasserschutz am Gerer Bach und der Berchtesgadener Ache sind Maßnahmen des Freistaats Bayern, die Kommune finanziere mit und kümmere sich um den Grunderwerb, so Rasp. Am Gerer Bach seien die Grundstücksverhandlungen in den letzten Zügen. „Auch der Gemeinderat hat beschlossen, was wir da machen wollen.“ Im Bereich der Berchtesgadener Ache seien die Planungen in den Grundzügen fertig. „Am Hochwasser hat man eins zu eins gesehen, wie sich das Wasser verhält“, so Rasp. Da habe es bei den Planungen noch Justierungsbedarf gegeben. „Wir haben noch einige Aufgaben vor uns, wenn es um die Verbesserung des Hochwasserschutzes geht.“

ce

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