1. ovb-online-de
  2. Welt
  3. Bayern

Bayerns bester Lehrer im Interview: „Klar dürfen Schüler sauer auf mich sein“

Erstellt:

Von: Dorit Caspary

Kommentare

Marc-Andree Hennekes ist Lehrer an der Dreiflüsse-Realschule in Passau. Er wurde mit dem Deutschen Lehrkräftepreis ausgezeichnet.
Marc-Andree Hennekes ist Lehrer an der Dreiflüsse-Realschule in Passau. Er wurde mit dem Deutschen Lehrkräftepreis ausgezeichnet. © Jörg Carstensen/ Marijan Murat / dpa

Marc-Andree Hennekes aus Passau hat als einziger Lehrer Bayerns den Deutschen Lehrkräftepreis erhalten. Im Interview erklärt er, warum ihn die Auszeichnung überrascht hat und was seinen Unterricht ausmacht.

Coole Lehrer kennt man eigentlich nur aus dem Film. Marc-Andree Hennekes von der Dreiflüsse-Realschule in Passau zeigt, dass es auch in der Realität richtig gute Pädagogen gibt. Als Einziger aus Bayern ist der 49-Jährige mit dem Deutschen Lehrkräftepreis ausgezeichnet worden. Seine Schüler haben ihn heimlich vorgeschlagen.

Herr Hennekes, herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Auszeichnung als einer der zehn besten Lehrer Deutschlands! Sie sind der einzige Preisträger aus Bayern. Wie kommt’s?

Hennekes: Ehrlicherweise dachte ich, dass mindestens fünf Kollegen oder Kolleginnen aus Bayern bei der Preisverleihung in Berlin auf der Bühne stehen. Ich finde, dass im Freistaat viele Lehrkräfte einen echt guten Job machen. Zwei meiner ehemaligen Schüler und meine Schulleiterin Marion Katzbichler haben mich nach Berlin begleitet – so war ich doch nicht der Einzige aus Bayern.

Was macht einen guten Lehrer aus? 

Hennekes: Geduld ist eine wichtige Eigenschaft, die man haben sollte. Der Unterricht sollte abwechslungsreich und nie langweilig sein. Ich probiere oft neue Sachen aus, und manches geht auch komplett in die Hose. Dazu stehe ich dann auch. Meine Schüler sollen die gleiche Möglichkeit haben, Ideen zu entwickeln, zu testen und auch zu scheitern. Man sollte vorleben, was man von seinen Schülern und Schülerinnen erwartet. Das fängt bei der Pünktlichkeit an, geht bei gutem und wertschätzendem Benehmen weiter. Ich muss zuverlässig sein, die Schüler müssen sich darauf verlassen können, dass bestimmte Dinge so oder so laufen. 

Lehrer ist also Ihr Traumberuf? 

Hennekes: Ein ganz klares Ja. Und das schon ziemlich lange. Im Leopoldinum im Passau hatte ich eine Religionslehrerin, die eine tolle Pädagogin war. Sie hatte immer ein offenes Ohr für uns und hat uns wirklich bei der Persönlichkeitsbildung begleitet. Sie hat bei uns Interesse geweckt und uns geholfen, die Welt zu verstehen. Damals dachte ich mir, das will ich auch können.

Wie haben Sie von der Auszeichnung erfahren? 

Hennekes: Ich wusste wirklich von nichts. Meine Abschlussklasse 2022 hat heimlich ein Video gedreht und das bei der Jury eingereicht. Ich habe dann im Februar eine E-Mail mit dem Betreff „Gratulation zur Auszeichnung mit dem Deutschen Lehrkräftepreis“ bekommen. Im ersten Moment dachte ich, das ist Spam, aber dann haben mich meine Kollegen aufgeklärt. Ich war einfach nur stolz. Der Preis ist eine tolle Bestätigung für meine Arbeit, aber auch für die Arbeit an unserer Schule. Nur wenn das Kollegium mitzieht und auch die Schulleitung hinter einem steht, kann man seinen Job gut machen.

Inwiefern? 

Hennekes: Ich überlege mir vor jeder Stunde: Wie kann ich das Thema so rüberbringen, dass es genau diese Klasse gut versteht? Es geht ja nicht nur um Spaß in der Schule, sondern auch um Leistungen. Am Ende des Tages sollen die Schüler ja einen guten Abschluss machen. Ich unterrichte Englisch, Wirtschaft und Recht, Informatik. Daneben betreue ich das Schul-TV und bin Teil der erweiterten Schulleitung. Ich finde es toll, Neues einzusetzen, das macht mir selbst großen Spaß. Meine Schüler sagen manchmal, dass mein Lieblingsarbeitsplatz das Didaktische Lernlabor DiLab ist. Da haben sie vermutlich nicht ganz Unrecht. Also nütze ich etwa Fotos, die durch KI entstanden sind, im Englisch-Unterricht und lasse die Schüler dann recherchieren und darüber diskutieren, was Fake ist – und was nicht.

Im Bewerbungsvideo der Klasse spricht ein Schüler davon, dass Sie wie ein guter Freund sind. Ist das nicht zu viel Nähe? 

Hennekes: Ich versuche, die Schüler abzuholen und bei Problemen Lösungen mit ihnen zu finden. Ich glaube, das meinen sie, wenn sie von einem guten Freund sprechen. Also eher von einem pädagogischen Begleiter, der vielleicht auch mal Sachen macht, die sich andere nicht trauen. Meine Schüler haben sich zum Beispiel gefreut, dass ich bei der Abschlussfahrt nach Berlin am Abend mit tanzen war.

Das ist ja nicht der Alltag. Sind Ihre Schüler nie sauer auf Sie? 

Hennekes: Doch. Das muss auch so sein, vor allem in der Pubertät ist im Zweifelsfall der Lehrer schuld an den schlechten Noten, und das ist völlig okay – bis die Kids merken, vielleicht hätten sie einfach ein bisschen mehr lernen sollen. Sie dürfen aber in keinem Fall das Gefühl haben, dass sie nicht gut genug oder zu dumm sind, um gute Noten zu schreiben. 

Was würden Sie Kollegen raten, die ihren Job mit etwas weniger Enthusiasmus angehen? 

Hennekes: Wenn man als Lehrkraft mit einem Lächeln in die Klasse geht, ist die Stimmung gleich eine ganz andere. Die Schüler merken, wenn man positiv auf sie zugeht und ihnen zeigt, dass sie tolle Kinder und Jugendliche sind. Und dass sie es wert sind, dass die Lehrkraft sich anstrengt.

Die Auszeichnung ist mit 500 Euro dotiert. Was machen Sie mit dem Geld? 

Hennekes: Das stecke ich in neue Mikrofone für unser Schulfernsehen. Bislang drehen wir mit Tablets, und der Ton ist meist eher mäßig. Da freu ich mich jetzt schon auf Interviews und Ton in besserer Qualität. Die Schulen bräuchten mehr Geld. Gerade hat man als Schule einfach Glück oder Pech – je nachdem, wie viele Mittel der Sachaufwandsträger zur Verfügung hat.

Auch interessant

Kommentare