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Welche Arbeit Ernst Thaler beim FC Bayern macht – und was Oli Kahn damit zu tun hat

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Von: Karlheinz Kas

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Ernst Thaler im Gespräch mit Bayern-Fans am Campus.
Ernst Thaler im Gespräch mit Bayern-Fans am Campus. © Kas

Ernst Thaler hat in seiner Karriere schon einiges erlebt. Im Moment ist der 55-Jährige beim FC Bayern München tätig und bekleidet dabei einen Posten, den so vorher gar nicht gab. Auch Oliver Kahn hatte dabei seine Finger im Spiel.

Stein a.d. Traun/München – Als Spieler war seine Fußballkarriere eher bescheiden, als Trainer und Funktionär aber umso spektakulärer: Ernst Thaler aus Stein a.d. Traun, ehemaliger Torhüter zu Bezirksliga-Zeiten bei der FA Trostberg, später bei Unterhaching, Starnberg und Geretsried. Seit dem 1. Januar steht er beim FC Bayern München unter Vertrag und bekleidet einen Posten, den es bislang so noch nicht gegeben hat. Der 55-jährige UEFA-Pro-Lizenz-Inhaber und Dozent an der TU München ist als Trainer-Entwickler beim deutschen Rekordmeister angestellt und verbringt die meiste Zeit am Bayern-Campus in unmittelbarer Nähe zur Allianz-Arena.

Von Oli Kahn engagiert

Großen Anteil daran hat Vorstandsvorsitzender Oliver Kahn, der ihn unbedingt haben wollte. „Was zunächst als Pilot begann, ist seit Juli 2022 als Trainerakademie FC Bayern Campus fester Bestandteil der Nachwuchsleistungszentrums. Ziel ist die (Weiter-)Entwicklung der Trainer von U12 bis U23“, sagt der Diplomsportlehrer, der auch als Assistenztrainer bei Nachwuchsmannschaften des Deutschen Fußballbundes gearbeitet hat.

Seine Trainerkarriere begann er beim TuS Geretsried, danach wechselte er zum Bayerischen Fußballverband (BFV), zunächst als Honorartrainer, später als Verbandstrainer. 1999 kam er zum TSV 1860 München und war dort erster hauptamtlicher Coach im Nachwuchsbereich. Mit Marcel Schäfer, dem heutigen Sportdirektor beim Bundesligisten VfL Wolfsburg, und Daniel Baier, dem einstigen Kultfußballer des FC Augsburg, hatte er damals schon zwei Talente entdeckt und sie aus Aschaffenburg nach München gelotst.

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Internationale Erfahrung sammelte Thaler anschließend in China in der dortigen 2. Liga bei Guangdong Xiongying. Klaus „Schlappi“ Schlappner, Trainer-Legende u.a. bei Waldhof Mannheim, hatte ihn angeworben. Der Coach mit seinem berühmten Pepitahut, markigen Sprüchen und breitem Kurpfälzer Dialekt hatte ihn deshalb geholt, weil er selbst drei Jahre lang im Fernen Osten agierte. 2003 kehrte Thaler nach Deutschland zurück, arbeitete als Verbandssportlehrer beim Württembergischen Fußball-Verband und fühlte sich in Schwaben pudelwohl. Er heiratete seine Frau Dina, wurde Vater von zwei Kindern – Louis (19) und Helen (15) – und wäre wohl heute noch an der Sportschule im Stadtteil Ruit von Ostfildern, wenn ihn nicht Oliver Kahn ins Boot geholt hätte.

Mit Saudi Arabien zur WM

Der ehemalige Welttorhüter und 86-fache Nationalspieler hatte 2016 das Unternehmen „Goalplay“ gegründet. Goalplay ist auf Torspieler/Torspielertraining spezialisiert und weltweit tätig. Dazu gehören neben Ausrüstung auch innovative digitale Technologien wie eine Trainings-App und eine Aus- und Weiterbildungsplattform für Proficlubs und Verbände, die „Oliver Kahn Academy“. Und dafür war u.a. Ernst Thaler zuständig. „Ich war für Aufbau, Inhalte und Koordination verantwortlich, war ständig in Riad, Dschidda und Dammam, habe mit dem Sultan verhandelt, mit den Trainern gearbeitet und das Nationalteam von Saudi-Arabien auf die WM in Russland mit vorbereitet“, berichtet Thaler. Es sei stressig und sehr anstrengend gewesen, die Mentalität habe ihn abgeschreckt, die Einstellung habe selten gestimmt. So ist bei der Weltmeisterschaft 2018 von Nationaltrainer Juan Antonio Pizzi aus Spanien in jedem Spiel in der Vorrunde ein anderer Torwart eingesetzt worden, ohne Absprache und Abstimmung – Saudi-Arabien ist gnadenlos gescheitert.

In der „Oliver Kahn Academy“ wurde die Philosophie des modernen Torwartspiels vor allem international gelehrt. Die Nachfragen waren groß: Thailand, Südafrika, China und Mexiko zeigten Interesse. Thaler besuchte die Länder mehrfach – bis Corona viele Pläne zunichte machte. „Allein in China waren fünf unterschriftsreife Verträge vorgelegen, es ging hier um Millionen, aber durch die Pandemie wurde alles hinfällig“, erzählt Thaler, der stets ganz eng mit Oliver Kahn zusammenarbeitete.

Seine eigene Philosophie

Beim neuen Job am Bayern-Campus hat der Steiner jetzt nur ganz wenig mit Bayerns neuem Vorstandsvorsitzenden zu tun, wohl aber mit Jochen Sauer und Holger Seitz. Sauer, zuvor Sportdirektor bei Red Bull Salzburg, ist seit August 2017 Geschäftsführer des Bayern-Nachwuchsleistungszentrums in Freimann, Seitz ist dort sportlicher Leiter. „Der Kontakt ist sehr eng, mit Oliver Kahn telefoniere ich nur noch ab und zu“, berichtet Thaler, der Torwartgrößen wie Manuel Neuer, Marc Andre ter Stegen oder Lennart Grill (Bayer Leverkusen, aktuell Leihe an Union Berlin) in den DFB-Nachwuchs-Nationalteams nach oben gebracht hat. Beim Torwarttraining hat Thaler immer schon seine eigene Philosophie. „Sie werden nicht in das Mannschaftstraining mit eingebaut, sie trainieren meist isoliert und wenn sie mit der Mannschaft trainieren, werden sie nicht gecoacht“, sagt der 55-Jährige und nennt ein Beispiel: „Bei der Übungsform Eins gegen Eins zwischen Angreifer und Torwart bewertet und verbessert der Trainer meist nur den Abschluss des Stürmers, oft aber nicht die Abwehraktion des Torwarts“.

Trainerausbildung weiterentwickeln

Thalers Hauptaugenmerk liegt jetzt aber auf den Nachwuchstrainern und hier hat der FC Bayern reichlich. „Wir wollen die Basisausbildung der Trainer, die durch die Verbände gewährleistet wird, im täglichen Arbeitsumfeld der Trainer – am FC Bayern Campus – ständig weiterentwickeln und auf die spezifischen Anforderungen hier vor Ort ausrichten.“, erklärt er als Zielsetzung. Viele Millionen habe der Verein schon an Ablöse für Trainer ausgegeben, ergänzt Thaler und nennt das aktuelle Beispiel von Julian Nagelsmann und seinen Co-Trainern. Am Ende sind hier 25 Millionen Euro von München nach Leipzig gewandert.

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Mehrere Mosaiksteinchen müssten jetzt zusammengefügt werden, fordert Thaler, beim Coaching-Verhalten müsse eine neue einheitliche Philosophie entstehen, das beginne bereits im U12-Bereich. Und dafür sei von ihm ein neues Konzept geschaffen worden. An seiner Seite stehen jetzt mit Martin Lanzinger und zwei Psychologen drei weitere Profis, außerdem habe man mit Marcel Schneider und Daniel Weber zwei hauptberufliche Teamleiter installiert. „Alles dient der Trainer-Talentförderung, sowohl für den Jugend-, wie für den Profibereich, und alle bekommen unsere volle Unterstützung“, fasst Thaler zusammen. Und er erinnert an Julian Nagelsmann. „Auch der hat mal klein angefangen, als Co-Trainer in der Jugend beim FC Augsburg, beim TSV 1860 und schließlich bei der TSG Hoffenheim.

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