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Fehler, Finanzen, Fusion: So geht es weiter bei 1860 Rosenheim

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Von: Thomas Neumeier, Hans-Jürgen Ziegler

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„Warum soll ich ein Abenteuer draußen suchen, wenn ich schon jemanden da habe?“ 1860 Rosenheims Fußballführung mit Abteilungsleiter Ömer Kaya (rechts) und dem sportlichen Leiter Andreas Kubik.
„Warum soll ich ein Abenteuer draußen suchen, wenn ich schon jemanden da habe?“ 1860 Rosenheims Fußballführung mit Abteilungsleiter Ömer Kaya (rechts) und dem sportlichen Leiter Andreas Kubik. © HANS-JUERGEN ZIEGLER

Sie sehen wieder Licht am Ende des Tunnels. Aus dem Schneider ist die Fußballabteilung des TSV 1860 Rosenheim noch lange nicht. Die finanziellen Probleme sind noch bei Weitem nicht erledigt. Ömer Kaya und Andi Kubik sprechen über Fehler, Finanzen und Fusion.

Rosenheim – . Ömer Kaya als kommissarischer Abteilungschef und Andreas Kubik als neuer sportlicher Leiter haben sich der Aufgabe angenommen den Fußball-Bayernligisten 1860 Rosenheim wieder auf den richtigen Weg zu bringen. Bis zum Sommer und teilweise auch darüber hinaus, wie sie im Exklusiv-Interview mit der OVB-Sportredaktion erklären. Zudem sprechen sie über Fehler aus der Vergangenheit, die Probleme in der Gegenwart und ihre Hoffnungen für die Zukunft.

Herr Kaya, anhand der Liquiditätslücke der SpVgg Unterhaching hat 1860-Vorsitzender Herbert Borrmann den Rückzug aus der Bayernliga nicht endgültig ausgeschlossen. Wie ist Ihr aktueller Stand?

Ömer Kaya: Wir haben uns in der Winterpause im Kader verstärkt und ich gehe davon aus, dass auch kein Rückzug kommen wird. Wenn es so kommt, dann wird es keine ganz große Überraschung sein. Aber wir haben uns jetzt sportlich so vorbereitet, dass wir den Betrieb weiterführen.

Wenn man die bisherigen Testspiele sieht, dann gibt die Leistung der Mannschaft ja Anlass zur sportlichen Hoffnung.

Kaya: Ja. Und auch wirtschaftlich haben wir uns ganz gut gemacht und die Kosten runtergefahren. Aber es sind immer noch Altlasten da, die man lösen müsste. Klar ist: Unterhaching ist ja unser Hauptsponsor, und das muss dann auch in Haching geregelt werden.

Sie sprechen Altlasten an. Man hört immer von einem Rekordetat in der Regionalliga von bis zu einer Million Euro, dennoch ist man sportlich klar abgestiegen und steht wieder hinten. Welche Fehler sind denn gemacht worden?

Kaya: In der Regionalliga war eine Mannschaft da, die nicht unbedingt direkt absteigen sollte. Der Kader war dafür gar nicht so schlecht. Fehler wurden bei den Spielerverpflichtungen gemacht und die Ausgaben sind über das Limit gegangen. Und dann war das halt nicht mehr bezahlbar. Wir haben alle unseren Teil dazu beigetragen, wobei ich mehr für den Bereich Sponsoring verantwortlich war. Aber auch wir haben da mitgeredet. Und da sind Verträge abgeschlossen worden, die nicht zu 1860 Rosenheim passen.

Gemeinsam für den sportlichen Neuaufbau bei 1860 Rosenheim verantwortlich: Abteilungsleiter Ömer Kaya (rechts) und dem sportlichen Leiter Andreas Kubik.
Gemeinsam für den sportlichen Neuaufbau bei 1860 Rosenheim verantwortlich: Abteilungsleiter Ömer Kaya (rechts) und dem sportlichen Leiter Andreas Kubik. © HANS-JUERGEN ZIEGLER

Sie waren 2. Abteilungsleiter. Konnten Sie da nicht eingreifen?

Kaya: Ich habe öfter mal eingegriffen. Wir konnten auch mit abstimmen. Aber wenn dann von oben gesagt wurde, dass es so gemacht werden soll, dann wurde das so gemacht.

Was heißt „von oben“?

Kaya: Da kann ich 1. Abteilungsleiter sagen, da kann ich auch sportlicher Leiter sagen, da kann ich auch von Haching sprechen.

Nicht vom 1860-Hauptverein?

Kaya: Nein, Herbert Borrmann (1. Vorsitzender, d. Red.) hat sich bis zum Sommer nicht eingemischt.

Bis man die Probleme bemerkt hat!

Kaya: Die Probleme haben ja schon im letzten Frühjahr begonnen, wir haben uns aber bis zum Saisonende durchgekämpft. Dann konnten wir unsere Hausaufgaben aber nicht machen, weil wir bis Mitte Juli keine Verträge machen durften, bevor nicht die Budgetplanung unterschrieben worden ist. Deshalb konnten wir auch den Kader für die Bayernliga nicht rechtzeitig zusammenstellen und sind so schlecht reingekommen.

Sie haben gesagt, dass Sie mehrmals eingegriffen hätten. Wäre es denn sogar noch schlimmer gekommen?

Kaya: Ich habe zumindest versucht, den ein oder anderen Vertrag zu verhindern, der nicht zu 1860 Rosenheim passt.

Sie haben jetzt Verträge aufgelöst. Wie ist die weitere Vorgehensweise, um Geld einzusparen?

Kaya: Wir haben zwei Drittel der Kosten runtergefahren. Wir haben viele Verträge aufgelöst und werden ab Sommer – wie von Herbert Borrmann schon abgekündigt – den Kader ligenunabhängig so zusammenstellen, dass das alles zu stemmen und zahlbar ist und wir für die Zukunft wirtschaftlich stabil sind.

Das ist dann für den neuen sportlichen Leiter auch eine große Herausforderung!

Andi Kubik: Das wird auf alle Fälle interessant! Wir müssen schauen, was final zur Verfügung steht. Das Gehaltsgefüge in der Region ist teilweise schon sehr hoch. Aufgrund dessen gilt es noch mehr, auf den eigenen Nachwuchs zu setzen und den Burschen die Möglichkeit zu geben, hier Fuß zu fassen. Dazu gibt es Jungs aus der Region, die ja schon hier waren und bei anderen Vereinen unter Beweis gestellt haben, dass sie auf alle Fälle die Landesliga spielen können.

Kann das wieder passieren, dass die Budgetplanung so kompliziert ist und man für die Spielersuche erneut zu spät dran ist?

Kubik: Das hoffe ich jetzt nicht. Wir haben uns aber gemeinsam mit Herbert Borrmann eine Deadline gesetzt, dass dies in den kommenden Wochen passieren wird. Dann wird es mit Sicherheit einfacher, mit den Spielern ins Gespräch zu gehen. Aber der sportliche Weg muss so werden!

Kaya: Wir haben das schon abgesprochen, dass wir Anfang März ligenunabhängig die Kaderplanung für den Sommer machen. Und dann auch mit unseren U19-Spielern weitermachen.

Sie sind derzeit kommissarisch in der Abteilung in der Verantwortung, der Hauptverein klärt die Finanzen, offen ist, in wie weit Unterhaching noch mitspricht. Wer gibt denn aktuell bei 1860 die Richtung vor?

Kaya: Wir haben uns aktuell gut und übersichtlich aufgestellt. Herbert Borrmann hat mit Frank Teschner die Finanzübersicht. Die sportliche Leitung macht Andi Kubik, der seit über sechs Jahren im Verein ist – für ihn sollte es deshalb kein Problem sein. Bis Sommer werde ich ihn da natürlich unterstützen, man braucht momentan jede Hilfe und da müssen wir zusammenstehen. Und ab Sommer ist er dann alleine sportlicher Leiter.

Das steht schon fest?

Kubik: Das steht fest! In der Übergangszeit machen wir das zusammen, dass wir, egal, wie das jetzt ausgeht, mit Anstand spielen und – wenn es denn so kommt – uns aus dieser Klasse verabschieden. Aber wir kommen definitiv wieder! Das wird mit Sicherheit dauern. Aber wir geben uns auch noch nicht auf. Es ist Feuer in der Mannschaft, das merkt man im Trainingsbetrieb. Unser neuer Trainer hat eine Hand für die Burschen. Jetzt schauen wir mal, was rauskommt. Und dann werden wir uns ligenunabhängig aufstellen. Ich freue mich auf die Aufgabe, auch wenn es nicht ganz so geplant war, schließlich war die Jugend mein Steckenpferd. Aber vielleicht ist gerade das auch gut, denn der 2005er-Jahrgang, der unsere Zukunft werden soll, war damals in der D-Jugend mein erster Jahrgang bei 1860. Also schließt sich das Ganze.

Wie schaut die personelle Zukunft aus? Sie waren bereits im Verein, aber es dürfte schwierig sein, in dieser Situation neue Leute zu finden. Ein Trainer muss schon Eier haben, um diese Aufgabe zu übernehmen!

Kaya: Robert Gierzinger hat sich bei uns beworben. Er war ja 13 Jahre in der Akademie in Salzburg und dort der dienstälteste Trainer. Nun höre ich von den Spielern, dass sie begeistert von ihm sind. Man sieht in den Vorbereitungsspielen, dass wieder Feuer drin ist. Er ist mit ganzem Herzen dabei und für uns macht es auch wirtschaftlich Sinn. Ich sehe das als unsere größte Verstärkung im Winter.

Und auf Abteilungsebene?

Kaya: Die Wahlen sind im Oktober. Bislang hat sich noch keiner der Aufgabe gestellt, hoffentlich wird sich da bald ein Team zusammenstellen. Aber nach der Trennung von Hans Kroneck als sportlichen Leiter war Andi Kubik, der sechs Jahre im Verein die Jugendarbeit koordiniert hat, die beste Lösung. Warum soll ich ein Abenteuer draußen suchen, wenn ich schon jemanden da habe? Wenn dann eine neue Abteilungsleitung kommt und sich anders entscheidet, dann ist das deren Entscheidung. Aber solange wir da sind, machen wir so weiter.

Heißt das, dass Sie nicht mehr weitermachen?

Kaya: Ich unterstütze die Region gerne, habe das ja auch schon bei mehreren Vereinen gemacht. Ich muss ja nicht unbedingt in der Abteilungsleitung dabei sein. Wenn sich ein Team findet, dann werde ich das unterstützen, wenn das gewollt ist und ich die Zeit dazu habe.

In den sozialen Medien ist kürzlich gepostet worden, dass Kaya den Kubik sowieso weghaben wollte. Und jetzt sollen Sie zusammenarbeiten?

Kaya: Ich kann das nicht bestätigen. Ich kenne Andi Kubik schon lange, er hat super Arbeit im Jugendbereich gemacht und soll das jetzt auch im Herrenbereich machen. Warum soll ich den weghaben wollen? Ich sehe keinen Sinn darin.

Der Rosenheimer Fußball steht überhaupt alles andere als sportlich erfolgreich da. Könnte eine Fusion helfen?

Kaya: Das sollte man zum Thema machen. Zumindest sollte man die Abteilungen Fußball fusionieren. Das wäre eine tolle Geschichte. Daran müssen aber die oberen Chefs arbeiten.

Kubik: Unter Zeiten von Franz Höhensteiger waren ja die Gespräche schon sehr intensiv. Dann hat es ja die Zusammenarbeit im Herrenbereich gegeben, wo einige unserer Jungs zum Sportbund gegangen sind. Ich denke, man könnte die Kräfte bündeln, auch im Bereich der Ehrenamtlichen. Und von der Infrastruktur her. Gerade wenn man bei uns schaut, dass im Winter auf dem Kunstrasen fünf Mannschaften gleichzeitig sind. Im Vergleich mit NLZ-Mannschaften im Jugendbereich sind wir da weit hinten.

Sie sprechen die Infrastruktur an, bei der Wasserburg und Traunstein im Vorteil sind, Bruckmühl könnte künftig eine Klasse höher spielen. Wie wollen Sie einem Spieler den Wechsel zu 1860 schmackhaft machen?

Kubik: Ich vergleiche das mit der Situation, in der ich damals im Jugendbereich begonnen habe. Wir hatten damals den alten Kunstrasen, waren mit der U15 in der Bezirksoberliga in Abstiegsgefahr und standen mit dem Rücken zur Wand. Damals war das DFI sehr aktiv, beim Sportbund war es noch anders und Traunstein hat so richtig losgelegt. Und dennoch haben wir es geschafft, mit Zusammenhalt wieder nach oben zu kommen. Wir haben auch gute Trainer, bei denen sich die Spieler weiterentwickeln. Und damit werbe ich schon, dass das auch im Herrenbereich so werden kann. Wer zu uns kommt, kann Teil des Wiederaufbaus werden!

Wie bitter ist es dann, dass im Winter vier Spieler gegangen sind, die schon im eigenen Nachwuchs waren?

Kubik: Das ist mitunter ein Grund, warum ich gleich Ja gesagt habe, als mich Ömer gefragt hat. Ich denke da an meine Trainer, die sehr viel Kraft und Energie investieren – und im Endeffekt verlieren wir dann viele charakterlich und menschlich starke Spieler. Das hat uns beide verwundert, und wir wollen das auch ändern.

Sie müssen zweigleisig planen. Wie schwer fällt das im Moment?

Kaya: Wir haben die letzten sechs Jahre immer mit Gewalt versucht, die Regionalliga zu halten, die jungen Spieler haben nur wenige Minuten bekommen und wir waren ein Ausbildungsverein für die Region. Andere Vereine haben davon profitiert. In der Bayernliga haben wir die Jungs jetzt ins kalte Wasser geschmissen und die müssen jetzt da durch. Wenn ein Summerer Michi als Bayernliga-Stammspieler mit 19 Jahren kommt und sagt, er hat keine Lust mehr – was soll man da machen? Ich habe noch versucht, den Weggang zu verhindern. Aber vielleicht kommt er ja mal wieder? Thomas Wimmer war kurzzeitig Nummer eins, dann hat er sich verletzt. Im Sommer hat er wieder angefangen und nun gesagt, dass er eine Abwechslung braucht. Das ist schmerzhaft, aber wir müssen das akzeptieren.

Kubik: Ich denke, dass die Situation für viele junge Burschen eine Chance ist und die das als Ansporn sehen, gerade der 2005er-Jahrgang. Die wollen hier spielen und werden ehrgeizig auf dieses Ziel hinarbeiten. Das sind Sechziger-Burschen, und das ist ihr Verein, für den sie spielen wollen. Das sind die Jungs für die Zukunft!

Kaya: Auch wenn es für uns in die Landesliga runtergehen sollte. Wir müssen schauen, dass wir die langfristig zusammenhalten. Dann haben wir zwei, drei Jahre später eine stabile Mannschaft, mit der man sich wieder nach oben kämpfen kann. Wenn man dann dort ist, dann hat man auch keine wirtschaftlichen Probleme. Und genau deshalb wollen wir diesen Weg gehen.

Sie spielen in der Jugend in hohen Ligen. Kann der Status quo aufrecht erhalten werden?

Kaya: Im Jugendbereich haben wir eine tolle Trainergruppe, mit denen kann man sich auch zusammensetzen, wenn es um Verzicht geht. Bei denen ist das Finanzielle nicht im Vordergrund, die wollen die Jungs ausbilden. Hier sehe ich keine Probleme, zumal wir viele Dinge gemacht haben. Wir hatten einen Info-Abend für die Eltern, es ist alles im grünen Bereich.

Bei diesem Info-Abend wurde von einem Defizit von 9000 Euro pro Monat im Jugendbereich gesprochen. Wie kommt das?

Kaya: Die Kosten liegen für Trainer, Fahrtkosten und so weiter bei 9000 bis 10000 Euro. Unsere Mannschaften haben lange Fahrten nach Regensburg, Würzburg oder Schweinfurt – und da ist halt der große Bus da. Du kannst ja nicht die Eltern mit den Privatautos nach Schweinfurt schicken!

Haben Sie denn eine Budgetplanung für die Jugend?

Kaya: Wir kriegen noch eine Budgetplanung. Aber für den Jugendbereich dürfen wir nicht sparen. Wenn man gute Jugendarbeit macht, dann kostet das auch.

Stimmt es, dass das Spielfeld auf dem Kunstrasen nicht korrekt ist? Können Sie dort überhaupt Jugend-Punktspiele dort austragen?

Kubik: Mein Stand ist, dass das in Ordnung gebracht wird. Der Torpfosten ist gegen über der Torlinie um ein paar Millimeter versetzt. Das wird sich wahrscheinlich verzogen haben. Es wird wohl nie spielentscheidend sein, ist aber schon mal angemahnt worden. Das muss gemacht werden, weil es theoretisch keine ordentliche Spielfläche ist!

Das Gespräch hat mit Unterhaching begonnen und endet auch damit. Die Kooperation läuft im Sommer aus. Würden Sie das noch einmal machen?

Kaya: Man muss i darüber sprechen, welche Fehler gemacht wurden und was man besser machen kann. Wenn wir das noch einmal machen, dann müssen wir das im Vorfeld besser absprechen. Unterhaching hat uns in den letzten Jahren sehr geholfen und Manni Schwabl lässt uns auch nicht hängen. Man muss ihn und seine Situation verstehen und geduldig sein.

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