Fünf Gegentore in einem Drittel
Starbulls-Coach Sicinski: „So einen Blackout habe ich noch nie erlebt“
- VonHans-Jürgen Zieglerschließen
„Im Bus herrschte auf der Heimfahrt Totenstille“, sagte Starbulls-Coach John Sicinski nach der Rosenheimer 2:6-Niederlage im Playoff-Viertelfinale der Eishockey Oberliga in Hannover. Wie es nach einer 2:0-Führung zu einem solchen Debakel im letzten Drittel kommen konnte, ist für den Trainer ein Rätsel.
Hannover/Rosenheim – War es ein kollektives Versagen, war es eine Verkettung unglücklicher Umstände oder sind die Rosenheimer Eishockeyspieler einfach schlechter als die von den Hannover Scorpions? 2:6 verloren die Rosenheimer Spiel drei der Playoff-Viertelfinal-Serie in Hannover, obwohl die Starbulls scheinbar alles im Griff hatten, aber eben nur scheinbar.
Rosenheim führte 2:0, war die klar bessere Mannschaft, ging trotz eines irregulären Treffers der Hannoveraner (Trainer John Sicinski: „Klarer Crosscheck von Hammond an Max Brandl“) mit einer 2:1-Führung in das letzte Drittel und das auch noch mit einer zweiminütigen Überzahl.
Die Wende im Spiel: Schwaches Rosenheimer Powerplay
Doch genau diese numerische Überlegenheit sollte die Wende im Spiel bringen. Rosenheim spielte wie schon in den Überzahlspielen vorher gehemmt, ohne Ideen – ein Mann mehr auf dem Eis und die Führung im Rücken schien die Starbulls-Spieler fast schon zu lähmen. „Das ist ein Punkt, den wir am Freitag verbessern müssen. Wir haben die Qualität ein gutes Überzahl zu spielen“, sagt John Sicinski.
In diesem Überzahlspiel zu Beginn des Schlussabschnitts ging nichts, im Gegenteil: Hammond konnte von Vollmayer nur mit einem Foul gebremst werden, kassierte eine Strafzeit und beim Spiel Vier gegen Vier fiel der 2:2-Ausgleich. Genau so bringt man einen Gegner unnötigerweise wieder zurück ins Spiel.
Wie in einer Kirmes-Schießbude
Plötzlich war das Publikum wieder da und die Hannoveraner Spieler fühlten sich im Rosenheimer Drittel wie die Besucher einer Kirmes-Schießbude um 8 Uhr morgens. Keiner da, jeder darf einmal ran und jeder Schuss ist ein Treffer. Im Gegensatz zu den Starbulls, die nach dem Anschlusstreffer der Gastgeber und auch kurz nach dem Ausgleich vier Hochkaräter leichtfertig liegen ließen.
„Das waren Schlüsselmomente in diesem Spiel. Wenn wir das 3:1 machen oder nach dem 2:2 wieder in Führung gehen, wäre alles anders gelaufen, denn Hannover war fertig“, ist sich John Sicinski sicher.
Rosenheim war wie gelähmt
So aber nahm das Unheil seinen Lauf. Rosenheim war wie gelähmt, die Scorpions fuhren ihren Stachel aus und zerlegten die Gäste binnen fünf Minuten und vier Sekunden mit vier Toren in sämtliche Einzelteile. John Sicinski nannte diese Phase und das ganze letzte Drittel einen „Blackout, wie ich ihn so noch nie erlebt habe“.
So etwas hat es in einem Playoff-Spiel zuletzt bei der 1:7-Niederlage im DEL2-Endspiel gegen Landshut 2012 (0:5 im ersten Drittel) oder bei der 1:7-Niederlage in Bad Nauheim im Aufstiegsjahr 2010 gegeben.
Totenstille im Bus bei der Heimfahrt
Aber so komisch es klingt: Das Spiel in Hannover kann sogar Hoffnung geben, denn die Starbulls waren trotz des 2:6 nah dran am dringend benötigten Auswärtssieg. „Wir haben die starke Hannoveraner Offensive fünf Drittel lang gut in Schach gehalten und nur zwei Gegentore zugelassen. Dann kam dieses letzte Drittel am Dienstag, für das ich noch keine Erklärung habe“, sagt John Sicinski, der von einer „Totenstille im Bus“ bei der Heimfahrt berichtete.
Eindrücke vom letzten Auswärtsspiel der Starbulls in Hannover




Jetzt muss am Freitag ein Heimsieg her. „Wir werden sicher mit einer gehörigen Portion Wut im Bauch in das Spiel gehen und alles rausholen, was möglich ist. Wir müssen jetzt aber auch das Positive sehen und zusammen mit unseren Fans die Wende schaffen. Es ist immer noch alles drin“, ist sich der Starbulls-Coach sicher.
Hannover ist noch nicht durch
Gelingt am Freitag, 19.30 Uhr, in Spiel vier ein Sieg, sollten die Rosenheimer ihre in der Hauptrunde und beim Gastspiel in Hamburg eindrucksvoll demonstrierte Auswärtsstärke endlich auch in Hannover zeigen. Denn eins war vor der Viertelfinalserie klar: Ein Auswärtssieg muss her, um Hannover auszuschalten. Gelingt der nicht, hat man den Halbfinaleinzug auch nicht verdient.
Letztendlich ist auch egal, ob die Starbulls 2:6 oder in der Verlängerung nach womöglich gespielten 142 Minuten verlieren. In der Serie steht es 2:1 für die Scorpions, die immer noch einen Sieg gegen Rosenheim benötigen. Den Matchball im Tennis, den letzten Strafstoß im Elfmeterschießen beim Fußball oder eben den Matchpuck beim Eishockey zu verwandeln gehört zu den schwierigsten Unterfangen im Sport.
Rosenheim öffnete die Tür
Und um auf die Fragen zu Beginn des Artikels zurückzukommen: Ja es war ein kollektives Versagen der gesamten Mannschaft, ja es war zum Teil eine Verkettung unglücklicher Umstände und ein ganz deutliches Nein: Hannover ist nicht besser als Rosenheim, denn was die Scorpions in den ersten beiden Dritteln boten, war einfach schwach. Nur Rosenheim selbst öffnete die Tür und ließ die Scorpions wieder zurück ins Spiel.
Diese Situationen gab es allerdings während der Saison mehrfach, dass ein Gegentor die Mannschaft komplett aus der Bahn warf. Das müssen die Starbulls samt Trainerstab spätestens bis zum Freitag abstellen.