Das gab es alles schon einmal
Comeback der Zeitstrafe sinnvoll? Fußballer und Verantwortliche verraten ihre Meinung
- VonLeon Simethschließen
Ende der 70er-Jahre bis zur Einführung der gelb-roten Karte konnten Amateurfußballer nach Foulspielen zehn Minuten auf der Bank überlegen, ob sie ihre Spielweise ändern sollten. Jetzt denkt der Verband darüber nach die Zeitstrafe wieder einzuführen.. Was spricht dagegen, was dafür?
Rosenheim/Mühldorf – Im Vorfeld des Verbandstages des Bayerischen Fußball-Verbandes (BFV) ist beim mittelfränkischen Bezirkstag über eine mögliche Wiedereinführung der Zehn-Minuten-Strafe in den Spielklassen des Erwachsenenbereichs von der Bayernliga abwärts diskutiert worden.
Nachdem der Deutsche Fußball-Bund (DFB) die Möglichkeit für eine Rückkehr einer Zeitstrafe, die es schon von 1978/79 bis zur Einführung der gelb-roten Karte 1991/92 gab, geschaffen hat, wird dies in einem Pilotprojekt in der laufenden Saison in Hessen bereits praktiziert.
Sehr gute Erfahrungen gemacht
„Damit hat man sehr gute Erfahrungen gemacht, die Vorteile überwiegen“, warb der unterfränkische Bezirksvorsitzende Jürgen Pfau für eine entsprechenden Wiedereinführung auch in Bayern. Die OVB-Sportredaktion hat bei einigen Spielern, Trainern oder Verantwortlichen aus dem Fußball-Kreis Inn/Salzach nachgefragt, was sie von der Regel halten würden.
Spieler zum Abkühlen rausschicken
Josef Kurzmeier, Schiedsrichterobmann Gruppe Chiem: „Ich würde das gut finden. So viel wie ich bisher mitbekommen habe, würde die Zeitstrafe vor allem bei Reklamation gegen den Schiedsrichter oder wenn sich Spieler untereinander anlegen eingesetzt werden. Prinzipiell wäre ich dafür, weil es oft Szenen gibt, wo man regeltechnisch Rot geben könnte, aber nicht zwingend muss. Da könnte man dann einen Spieler zum Abkühlen rausschicken. Als Schiedsrichter hätte man damit einfach noch ein Handwerk mehr.“
Danijel Majdancevic, Trainer SB Chiemgau Traunstein (Landesliga Südost): „Man hat mit Gelb und Gelb-Rot schon gute Möglichkeiten, einem Spieler klarzumachen, dass er bei der nächstem Verwarnung raus ist. Da weiß ich nicht, was die Zeitstrafe noch bringen soll. In der Regel passieren die meisten gelb-roten Karten erst ab der 75. oder 80. Minute und dann spielt das auch keine Rolle mehr, dann ist derjenige raus für das Spiel. Ich weiß nicht, was das bringen soll. Auch bei einer Rudelbildung hat sich das Problem zwischen den Spielern auch nach zehn Minuten nicht in Luft aufgelöst.“
Bei Rudelbildung könnte es Sinn machen
Franz-Xaver Pelz, Spieler ASV Au (Kreisliga 1): „Ehrlich gesagt habe ich mich damit noch nicht beschäftigt. Im ersten Moment finde ich es eher nicht gut. Wie das System jetzt ist, passt es super. Entweder ein Foul ist Gelb oder Rot, da braucht man nicht auch noch eine Zeitstrafe. Ich persönlich wäre eher nicht dafür, aber es kommt auch darauf an, wie genau die Regel ausgelegt ist. Bei Schiedsrichter- oder Gegenspielerbeleidigung ist das klar Rot. Bei einer Rudelbildung glaube ich, dass eine Zeitstrafe schon Sinn machen könnte.“
Alexander Neiser, Abteilungsleiter TSV 1860 Rosenheim (Regionalliga Bayern): „Damit habe ich mich bisher noch nicht beschäftigt. Rein aus dem Bauchgefühl würde ich eher dagegen stimmen. Warum muss man immer was verändern? Ob es dann gut oder schlecht wäre, kann ich nicht beantworten. Schließlich habe ich die Regel noch nicht erlebt. Ich sehe keinen Sinn darin. Man müsste es schaffen, das Spiel fairer oder attraktiver zu machen – und das würde es mit der Zeitstrafe wohl nicht.“
„Ich bin als Spieler oft draußen gesessen“
Harald Melnik, Trainer SV Ostermünchen (Kreisliga 1): „Generell halte ich nichts mehr davon – und das liegt nicht daran, dass ich zu meiner Zeit als Spieler sehr oft wegen diese Strafe draußen gesessen bin (lacht). Ich persönlich bin der Meinung, dass sie es so lassen sollen. Mit der Zeitstrafe gibt es da wieder Unterschiede – der eine Schiri gibt Rot, während ein anderer den Spieler für zehn Minuten rausschickt. Beim Thema gegen den Schiedsrichter reklamieren ist es auch schwierig: Dann gibt es Spieler, die in jedem Spiel eine Zeitstrafe bekommen würden, weil sie einfach so sind.“
Immer mehr Regeln sind nicht gut
Aleksandro Petrovic, Spieler TSV Buchbach (Regionalliga Bayern): „Ich bin kein Fan davon, aus dem einfachen Grund, dass wir den Fußball mittlerweile zerstückeln, indem wir immer mehr Regeln einführen. Dann frage ich mich auch, wie genau das ablaufen soll? Der Spieler bekommt die Strafe und die Zeit wird gestoppt – zählen die Unterbrechungen dazu? Dann wird gewechselt oder ein Mitspieler liegt zwei Minuten verletzt am Boden. Im Fußball hast du eh schon so wenig Netto-Zeit und ich glaube, so eine Zeitstrafe würde den Spielfluss nicht unbedingt fördern.“