Bora-hansgrohe Teamchef Ralph Denk über Stürze von Emanuel Buchmann und Gregor Mühlberger
Die Dauphiné-Rundfahrt ist seit Sonntag (16. August) Geschichte. Sieger ist Daniel Martinez. Aber was bleibt, ist die Erinnerung an die schweren Stürze auf der vorletzten Etappe, die das Raublinger Team Bora-hansgrohe hart getroffen haben. Ein Gespräch mit Teamchef Ralph Denk.
Raubling – Die Bilanz des Samstags war zwiespältig für das Raublinger Radteam Bora-hansgrohe: drei Stürze von Fahrern, die dem Tour-de-France-Aufgebot angehören – und ein großer Etappensieg. Wir unterhielten uns mit Teammanager Ralph Denk über das Geschehene.
Herr Denk, wie tief sitzt der Schock noch am Tag danach?
Ralph Denk: Wir sind natürlich erschrocken. Und es tut mir leid für das ganze Team, unsere Strategie – und für Lennard Kämna. Denn sein großer Sieg ist wegen der Unfälle untergegangen.
Kapitän Emanuel Buchmann und seinen Helfer Gregor Mühlberger erwischte es gemeinsam bei einer Abfahrt in den Alpen. Wie schwer sind die Verletzungen?
Denk: So wie es am Sonntag ausschaute, ist die Tour de France für beide nicht in Gefahr. Wir müssen halt abwarten, wann die beiden wieder ins Training einsteigen können.

Wie war die Nacht nach dem Sturz für Buchmann, hatte er große Schmerzen?
Denk: Ihm ging es soweit ganz gut. Er war schon am Samstagabend nach dem Sturz wieder ganz guter Dinge.
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Die erste Diagnose lautet: großes Hämatom am Gesäß. Gebrochen ist also nichts?
Denk: Es ist unwahrscheinlich. Das Röntgenbild, das wir aus Frankreich bekommen haben, ist wirklich gut: Da ist nichts darauf zu sehen, was auf eine Fraktur hindeutet. Aber wir lassen natürlich noch eine zweite Untersuchung machen.
Für Maximilian Schachmann bedeutet der Schlüsselbeinbruch aber wohl das Aus für die Tour de France 2020?
Denk: Wir wollen noch nicht so weit denken. Das Schlüsselbein steht relativ gut. Es ist nicht notwendig, es in einer Nacht- und Nebelaktion zu operieren. Wir schauen jetzt einfach mal die nächsten zwei Tage, wie er mit der Verletzung klarkommt. Wir versuchen da von Tag zu Tag zu denken – aber es ist schon richtig: Die Tour ist für Maximilian in großer Gefahr.
Insgesamt sind die Stürze also nicht ganz so folgenschwer wie anfangs befürchtet?
Denk: Ja, es hätte noch schlimmer kommen können. Da braucht man sich nur die Mannschaft Decuninck-Quickstep anschauen. Die hat’s bei der Polen-Rundfahrt und jetzt bei der Lombardei-Rundfahrt noch mehr gebeutelt als uns (Fabio Jakobsen und Remco Evenepoel zogen sich schwere Verletzungen zu/Anm. d. Red.). Wir schauen jedenfalls nach vorne.
Für Buchmann ist die Aufgabe auch bitter, weil er bei der Daupiné auf dem besten Weg schien, aufs Podium zu fahren.
Denk: Ja, er war auf den ersten Etappen mit dem Formtest sehr zufrieden. Er hat mir berichtet, dass nur Primoz Roglic noch einen Tick stärker war. Aber ansonsten war er einer der Besten. Sportlich wären wir also voll im Plan.
Für ein sportliches Glanzlicht sorgte Lennard Kämna mit seinem Etappensieg in Megève. Wie bewerten Sie seine Leistung?
Denk: Er ist toll gefahren und hat gezeigt, dass er in den Bergen einer der Besten der Welt ist. Im vergangenen Jahr hat sich Lennard in seinem früheren Team nicht so entfalten können – warum auch immer. Bei uns jedenfalls fühlt er sich pudelwohl. Und das spiegelt sich natürlich auch in der Leistung wider.
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Dennoch: Hat Sie Kämnas fulminanter Auftritt bei der Dauphiné nicht überrascht?
Denk: Allein von den Leistungswerten her haben wir uns schon gedacht, dass er so stark ist. Aber die Werte sagen noch nicht alles. Es muss auch das Umfeld stimmen. Das letzte Prozent kommt erst, wenn Spaß dabei ist. Dass er derzeit Spaß hat, das hat er hat er in den letzten Tagen bei der Dauphiné bewiesen. Ich hätte es ihm gewünscht, dass er den bisher größten Sieg seiner Karriere nicht an einem Tag einfährt, der für das Team insgesamt eben auch traurig war.