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Zwischen Fleischerhaken gärt das Bier: Stiftung Attl hat nach 200 Jahren wieder eine Brauerei

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Von: Sophia Huber

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Fabian Pleizier, Vorsitzender der Wasserburger Bierkultur, stellt die Temperatur an seinem Kocher ein.
Fabian Pleizier, Vorsitzender des Vereins Wasserburger Bierkultur, stellt die Temperatur an seinem Kocher ein. © Huber

Nach über 200 Jahren hat die Stiftung Attl wieder eine Brauerei. Die Hobbybrauer der Wasserburger Bierkultur sind in den ehemaligen Schlachtraum eingezogen. Wie hier zwischen Fleischerhaken und Verlängerungskabel der Gerstensaft entsteht.

Attel - „Heute Brau-Tag“, unscheinbar in weißer Kreide, verkündet das Schild, aufgestellt in der Nähe des Verwaltungsgebäudes der Stiftung Attl, eine ganz besondere Neuigkeit: Nach über 200 Jahren wird auf dem ehemaligen Klostergelände wieder Bier gebraut. Wasserburg hat damit wieder eine Brauerei, auch wenn es noch ein bisschen chaotisch zugeht.

„Heute Brau-Tag“ mit den unscheinbaren Worten verkündet das Schild die Neuigkeit.
„Heute Brau-Tag“: Mit diesen Worten verkündet das Schild die Neuigkeit.  © Huber

Schlachtraum als „perfekter Ort“

Ein wenig ungewöhnlich mutet auch die Unterkunft der Brauerei an. Statt an den erwarteten großen Kupfer-Bottichen drängen sich die Brauer zwischen Fleischerhaken und Verlängerungskabel rund um Holztische mit 24-Liter Kesseln. Zu sechst sind die Freunde des Vereins Wasserburger Bierkultur heute angerückt, um den ersten Brautag in Attel nach über 200 Jahren zu begehen. Vorsitzender Fabian Pleizier lächelt zufrieden. „Das ist der perfekte Ort für uns. Wir Brauer brauchen genau wie die Fleischer einen sauberen Ort.“

Zwischen Fleischerhaken, Holztischen und Verlängerungskabeln drängen sich die Hobbybrauer.
Zwischen Fleischerhaken, Holztischen und Verlängerungskabeln drängen sich die Hobbybrauer. © Huber

„Win-Win-Situation“ für Attl und Brauer

Pleizier spricht von einer „Win-Win-Situation“ - für den Verein der Hobbybrauer, der hier eine neue Heimat gefunden hat, und für die Stiftung Attl, die endlich wieder ihre langjährige Brautradition aufleben lassen kann. Das bestätigt auch Stiftungsvorstand Franz Hartl. „Es freut mich wahnsinnig, dass jetzt wieder in Attel Bier gebraut wird“, sagt er. Nach der Gründung des Klosters im Jahr 1037 hätten die Benediktiner Bier gebraut. „Wir wissen allerdings nicht, wie lange.“ Spätestens aber 1803 nach der Säkularisation und Auflösung des Klosters sei die Bierbrautradition aus Attel verschwunden. „Und diese jetzt ausgerechnet zum 150-Jährigen Jubiläum der Stiftung aufleben lassen zu können, ist natürlich umso schöner.“

Sie lassen gemeinsam eine alte Tradition wieder aufleben (von links): Franz Hartl, Vorstand der Stiftung Attl, und die Hobbybrauer vom Verein Wasserburger Bierkultur Tilmann Diehl, Otto Thaller, Fabian Pleizier, Stephan Heigl, Robert Voggenauer und Alexander Wolf mit Tochter Fanny.
Sie lassen gemeinsam eine alte Tradition wieder aufleben (von links): Franz Hartl, Vorstand der Stiftung Attl, und die Hobbybrauer vom Verein Wasserburger Bierkultur ,Tilmann Diehl, Otto Thaller, Fabian Pleizier, Stephan Heigl, Robert Voggenauer und Alexander Wolf mit Tochter Fanny.  © Huber

Ein bisschen Chaos herrscht aber noch im ehemaligen Schlachtraum. Im Laufe des Vormittags spielt die Sicherung verrückt, der Strom fällt aus. Unbemerkt von den Hobbybrauern, die gerade bei der Bierverkostung sitzen. „Blöd“, beschreibt Tilmann Diehl die Situation. Aber retten könne man den Gerstensaft dennoch. „Bier wird es immer“, sagt er zuversichtlich. Eventuell müssten sie „ein bisschen tricksen“, um den gewünschten Geschmack herzubekommen. Schließlich soll das Bier, das heute hier gebraut wird, einen zumindest ähnlichen Geschmack haben. „Bei der Verabschiedung von Franz Hartl im März soll es das erste mal ausgeschenkt werden“, erzählt Pleizier.

Ein wenig Chaos herrscht noch im alten Schlachtraum. Mittendrin fällt beispielsweise der Strom aus.
Ein wenig Chaos herrscht noch im alten Schlachtraum. Mittendrin fällt beispielsweise der Strom aus.  © Huber

Die Rezeptur dazu stammt vom zweiten Vorsitzendem Robert Voggenauer und ist natürlich geheim. „Wir Brauer reden über alles, aber nicht über Rezepte“, stellt Otto Thaller lachend fest. Voggenauer verrät aber immerhin so viel: „Das Bier braue ich seit ungefähr vier Jahren.“ Eigentlich sei es ein „normales dunkles Weißbier“. „Fürs Festbier in Attel haben wir jetzt beim Malz etwas geändert.“ Die Zutaten bekommen die Hobbybrauer übrigens von den umliegenden Brauereien. „In diesem Fall kommen die Hefe von Unertl und Malz und Hopfen vom Baderbräu“, erzählt Pleizier.

Bewohner von Stiftung Attl sollen einbezogen werden

Für die Hobbybrauer ist es der erste Schritt zur „richtigen Brauerei“ in Attl. „Wir wollen hier noch umbauen“, verrät Pleizier, die Fleischerhaken des Schlachtraums sollen einer professionellen Brauanlage weichen. „Und natürlich wollen wir irgendwann auch die Bewohner der Stiftung Attl mit einbeziehen.“ Fürs erste seien sie aber zufrieden mit ihrer kleinen, noch etwas chaotischen Unterkunft. „Solange es schmeckt, passt´s“, so Pleizier.

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