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Interview mit Friederike Kayser-Büker

Wasserburgs Seniorenbeauftragte fürchtet: „Das wird ein langer Corona-Winter“

Einsam durch den Winter: Viele Senioren befürchten, dass ihre Außenkontakte noch mehr eingeschränkt werden.
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Einsam durch den Winter: Viele Senioren befürchten, dass ihre Außenkontakte noch mehr eingeschränkt werden.
  • Heike Duczek
    VonHeike Duczek
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Sie hat als Krankenschwester Menschen an den Folgen von Corona sterben sehen. Deshalb kann Friederike Kayser-Büker, Wasserburgs Seniorenbeauftragte, nicht nachvollziehen, dass manche die Pandemie herunterspielen. Ihre Sorge gilt den Senioren – nicht nur, weil sie zur Risikogruppe gehören.

Wasserburg – Vor allem ältere Bürger verfolgen derzeit besorgt die Corona-Infektionszahlen. Wie wird es ihnen im Winter ergehen, wenn die Ansteckungsgefahr wieder steigt? Friederike Kayser-Büker, Seniorenbeauftragte des Wasserburger Stadtrates, berichtet im Interview, warum sich viele ältere Bürger trotzdem nicht beklagen und erklärt, warum sie selber so empört ist über all jene, die die Gefahren der Pandemie herunterspielen.

Wie geht es den Wasserburger Senioren?

Friederike Kayser-Büker: Ihre Situation lässt sich nicht verallgemeinern, da müssen wir differenzieren. Fest steht: So lange das öffentliche Leben mit Maske und auf Abstand weitergeht, sind die meisten Senioren positiv gestimmt. Nur viele fürchten sich vor der Einsamkeit im Winter.

Unsere stationären Einrichtungen fahren derzeit auf Sicht: Es wird viel getestet in den Heimen. Es werden natürlich Lösungen angestrebt, Angehörigenbesuche weiterhin ermöglichen zu können. Wenn das nicht mehr klappen sollte, würde das die Bewohner emotional sehr belasten. Das darf nicht mehr passieren.

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Lässt sich die aktuelle Situation trotz steigender Infektionszahlen mit der im März/April vergleichen?

Kayser-Büker: Das Personal ist viel besser informiert, viel besser ausgerüstet und viel besser eingestellt auf die Pandemie als damals. Ich hoffe außerdem auf die Schnelltests – Angehörige, die sich vor dem Heimbesuch testen lassen, kurz auf das Ergebnis warten und dann unbesorgt ihren Besuch abstatten können.

In Sorge: Seniorenbeauftragte Friederike Kayser-Büker.

In großer Sorge sind auch die pflegenden Angehörigen. Viele befürchten, dass die Tagespflegeangebote wieder zurückgefahren werden müssen. Das würde zu dramatischen häuslichen Situationen führen, denn die Entlastungsangebote sind für viele Angehörige sehr wichtig – vor allem, wenn sie berufstätig sind.

Viele ältere Bürger beklagen außerdem, dass Corona die Möglichkeiten, sich zu treffen, stark beschnitten hat. Die meisten Seniorennachmittage und -treffs sowie viele Adventsfeiern fallen heuer aus. Ältere Mitbürger werden zwangsweise sehr zurückgezogen leben. Das könnte ein langer Winter werden.

Wie geht die ältere Generation mit der Problematik um – frustriert, verärgert, verunsichert oder mit hoher Akzeptanz?

Kayser-Büker: Die meisten beklagen sich nicht. Sie gehören schließlich zu einer Generation, die geprägt ist durch schwere Zeiten, die Entbehrungen erlebt hat und damit umzugehen weiß. Wer in einen Familienverband eingebunden ist, für den ist die Situation außerdem erträglicher als für all jene, die alleine leben.

Die Frustration bei jungen Leuten ist anders als bei den Älteren. Sie können nicht so ausgehen und Freunde treffen wie gewohnt – ich verstehe das. Gleichzeitig fällt mir auf, dass viele junge Menschen achtsam und verantwortungsbewusst mit der Corona-Lage umgehen, weil sie Großeltern oder chronisch kranke Familienangehörige schützen wollen.

Wie halten Sie als Seniorenbeauftragte den Kontakt, wenn Sie viele ältere Bürger nicht treffen können?

Kayser-Büker: Über viele, viele Telefonate. Es besteht ein hohes Ratschbedürfnis. Auch auf der Straße, über den Gartenzaun – natürlich auf Abstand – wird viel geredet. Ich vermisse die Seniorennachmittage übrigens auch sehr: Es waren schöne Gelegenheiten, mit älteren Menschen zwanglos in Kontakt zu treten. Außerdem bin ich in Sorge um das Weihnachtsfest.

Was befürchten Sie?

Kayser-Büker: Dass sich viele Familien nicht treffen können wie gewohnt. Manches Fest wird vielleicht ohne Oma und Opa stattfinden müssen, weil diese zu der Risikogruppe gehören. Oder leider auch ohne ältere Verwandten, weil sie nicht mehr da sind. In unserer Region ist es mittlerweile so, dass jeder jemanden kennt, der einen kennt, der Corona gehabt hat. Weihnachten ist immer schwer, wenn man einen lieben Menschen im vergangenen Jahr verloren hat. Dieses Jahr trauern unter anderem viele Menschen in unserer Heimat, die Familienangehörige und Freunde durch Corona verloren haben.

Wie ist die Stadt strukturell aufgestellt, wenn es um Hilfe für Senioren in schweren Zeiten geht?

Kayser-Büker: Sehr gut, wir haben unseren Bürgerbahnhof, eine Extra-Anlaufstelle, in der Bürger mit Rat und Tat unterstützt werden – bei Alltagshilfen ebenso wie bei der Antragstellung und bei Behördengängen. Das ist ein niederschwelliges Hilfsangebot, das übrigens nicht nur Senioren gerne nutzen, sondern auch viele Angehörige die ihre Eltern versorgen. Die Stadt ist im guten und lebendigen Austausch mit den Leistungsträgern der Altenhilfe in und um Wasserburg.

Gibt es noch Lücken im Netz?

Kayser-Büker: Ja, es fehlen in Wasserburg Tagespflegeplätze – vor allem für Menschen, die an Demenz erkrankt sind. Und es gibt viel zu wenig Haushaltshilfen für ältere Menschen.

Sie sind Lehrerin für Pflegeberufe und Fachkrankenschwester für Intensivpflege. Im April haben Sie im Krankenhaus gearbeitet. Was sagen Sie dazu, dass es Menschen gibt, die Corona und die Gefahren für Risikogruppen wie Senioren leugnen?

Kayser-Büker: Das ist erschütternd. Es macht mich sprachlos. Denn ich habe Menschen daran sterben sehen, ich weiß, welch schwere Verläufe die Infektion nehmen und wie dramatisch sich der Gesundheitszustand verschlechtern kann.

Das sagt die Seniorenbeauftragte zur Corona-Politik

Die Seniorenbeauftragte des Stadtrates steht hinter der Corona-Politik: „Ich finde, wir können stolz darauf sein, wie wir die Situation in Deutschland hinbekommen haben. Die Regierung hat richtig reagiert – auch wenn feststeht, dass nicht alles richtig gemacht wurde. Doch wir befinden uns ja mitten in einem wissenschaftlichen Diskurs. Einfache Lösungen für komplexe Sachverhalte wie diese Pandemie gibt es nicht.

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Ich finde, auch unsere Virologen/Epidemiologen und ihre Institute haben hervorragende Arbeit geleistet. In den Kliniken wird alles getan, um mit hoher medizinischer und pflegerischer Qualität zu helfen. Wir können mit Recht sagen, dass es in Deutschland eine sichere und gute Versorgung gibt, für jeden, der sie benötigt. Das ist auf dieser Welt nicht selbstverständlich. Trotzdem dürfen wir die Schwere der Infektion nicht unterschätzen. Wir müssen die Pandemie weiter sehr, sehr ernst nehmen. Und ich persönlich hoffe auf Schnelltest und die Impfung.

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