Umweltausschuss und Bürger kritisieren die Fällungen
„Ein Saustall“ - Warum so viele Bäume im Wasserburger Wuhrtal gefällt werden mussten und nun herumliegen
- VonHeike Duczekschließen
Zugegeben: Es sieht wüst aus im Wasserburger Wuhrtal. Die Vögel zwitschern zwar, es grünt – doch die Fällungen haben Spuren hinterlassen. So sehr, dass der Umweltausschuss jetzt eineinhalb Stunden Sitzung unter freiem Himmel abhielt – ein Erklärungsversuch, den auch 20 Bürger kritisch verfolgten.
Wasserburg – Verkehrssicherungspflicht: Für Bürger wie Anton Langgaßner ist das ein „Totschlagargument“, das er nicht akzeptieren mag. Er findet, die Fällungen im Wuhrtal sind zu intensiv erfolgt und zu unrechter Zeit, denn die Vogelbrutphase hatte bereits begonnen, als die schweren Maschinen anrückten. Das Ergebnis: ein ausgelichteter Wald, viel übrig gebliebenes Totholz, gewaltige nackte Hochstämme und ein Kahlschlag auf einer Fläche. Anlieger, Naturschützer, Wanderer und Erholungssuchende reagierten mit Protest und Leserbriefen, die Ortsgruppe Wasserburg des BUND Naturschutz mit harscher Kritik.
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Doch es ging nicht anders, betonte Revierförster Tobias Büchner bei der Ortsbesichtigung. Für ihn war es ein sichtlich unangenehmer Termin: Gerade erst das Amt als Nachfolger von Ludwig Krug angetreten – und gleich das. Doch Büchner schlug sich tapfer und hatten die Verantwortlichen der Stadt mit Bürgermeister Michael Kölbl an seiner Seite.
Eschentriebsterben auf etwa drei Hektar
200 Hektar Wald gehören der Kommune und der Heiliggeist-Stiftung. Die Pflege hat die Stadt an den Freistaat übertragen. Dem zuständigen Revierförster Büchner fiel im Februar zum ersten Mal der schlechte Zustand des Waldes im Wuhrtal auf. Dort hat das Eschentriebsterben zugeschlagen, der Pilz Hallimasch die Bäume ausgehöhlt. Auf etwa drei Hektar sterben die Bäume ab – in direkter Nähe zum dortigen Wander- und Schulweg.
Wenn ein Baum umfällt und einen Spaziergänger verletzt, stehen Büchner und die Stadt als Waldeigentümerin in der Haftung. Der Revierförster empfahl die Sperrung des Weges und die „Entnahme“ der Bäume. Denn das Eschentriebsterben hatte sich hier stark und großflächig ausgebreitet, berichtete er. 90 Prozent der Eschen mussten raus. Jeden einzelnen Baum habe er sich angeschaut, keinen ohne Grund geopfert, sagte Bücher. Auch andere Bäume, darunter fünf Eichen, die von umfallenden Eschen bereits aus dem Lot gebracht worden waren, mussten mit entnommen werden.
Das Totholz soll liegenbleiben
Es sei nicht mehr geschafft worden, die Arbeiten vor der Brutzeit zu erledigen, bedauerte der Revierförster. Mit der Naturschutzbehörde sei deshalb ein Konzept abgestimmt worden, das den Artenschutz in dieser für Tiere sensiblen Zeit festlegt. Ein Punkt: Totholz, das liegenbleiben soll. Auch deshalb jetzt ein Bild, das eher „an einen Saustall“ erinnert, räumte Büchner ein. Schweres Gerät habe nur einmal im Bereich Wehrbaustelle den Weg verlassen. Es sei notwendig gewesen, um Waldarbeiter nicht zu gefährden.
Der Umweltausschuss zeigte Verständnis für die Entscheidungen, die die Stadt mitträgt. In der Dienstbesprechung mit den Fraktionsvertretern seien diese informiert worden, wies Kölbl Kritik von Stadtrat Christian Flemisch (ÖDP) an der Kommunikationspolitik zurück. Es sei um eine Güterabwägung gegangen: Sicherheit von Menschen, die auf dem Wanderweg in Gefahr gewesen seien, oder Schutz der Natur. Keine Alternative: eine weitere Sperrung des Weges. Denn diese kann umgangen werden, betonten Kölbl und Büchner.
Natur im Wuhrtal über Jahrzenhnte zerstört
„Tabula rasa“ sei gemacht worden, schimpfte Flemisch. Auf Jahrzehnten hinweg sei die Natur im Wuhrtal zerstört worden. Er sei „stinkig“ darüber, wie es gelaufen sei.
Norbert Buortesch, Fraktionsvorsitzender von Bürgerforum/Freie Wähler Reitmehring-Wasserburg/ÖDP, fand, es dürfe nicht passieren, dass die Stadt derart in Verlegenheit komme, aus Sicherheitsgründen in der Vogelbrutzeit derart großflächig fällen zu müssen. Büchner betonte, die Situation habe er so vorgefunden, er habe keine andere Möglichkeit gehabt, als zu handeln.
Er ist zuversichtlich, dass die Naturverjüngung klappen wird. An einem Hang, an dem alle Bäume gefällt wurden, soll ein neues Biotop entstehen und gezielt aufgeforstet werden – mit Einbindung des BUND. „In drei bis fünf Jahren sieht es hier wieder ganz anders aus“, zeigte sich der Förster überzeugt. Die der Begehung beiwohnenden Bürger zeigten sich mehrheitlich trotzdem deprimiert: ein Eldorado vor der Haustür sei verschwunden.