Streit in Zellerreit
„So weit ist es schon gekommen“ - Warum zum Bäume fällen in Ramerberg die Polizei anrückte
Mit einem wahren Krimi hatte es der Gemeinderat Ramerberg in seiner vergangenen Sitzung zu tun. Die Opfer: drei Eichen in der Nähe des inzwischen nicht weiter geplanten Sportplatzareals in Zellerreit. Die Frage, die einige Ramerberger nun zu beschäftigen scheint: War es eine Provokation oder doch nur eine notwendige Baumfällaktion?
Von Sophia Huber und Petra Maier
Ramerberg – Die Sitzung im Gemeindehaus war schon fast vorbei, als eine harmlose Frage von Andreas Ullmann (NRL/FWR) den Gemeinderat doch noch für einige Minuten beschäftigte: „Was war denn da mit der Baumfällaktion, die gestoppt wurde?“, fragte Ullmann und wandte sich damit an Bürgermeister Manfred Reithmeier (UWR). Dieser stellte fest: „Ja, das wollte ich eigentlich nicht-öffentlich besprechen“, doch er ließ sich dann doch dazu bewegen, die Situation zu schildern, die sich als Kriminalgeschichte mit Polizeieinsatz entpuppte.
Gefahr droht wegen Totholz
Wie sich herausstellte, hatte eine Begehung der Gemeindestraßen durch Mitarbeiter der Verwaltung stattgefunden. Dabei wurden auch die Bäume begutachtet. In der Nähe des umstrittenen, abgelehnten Sportplatzstandortes wurden einige Bäume entdeckt, die Totholz in den Kronen aufwiesen. „Der Eigentümer wurde daraufhin angeschrieben und gebeten, das Totholz zu entfernen wegen der Verkehrssicherheit“, erläuterte Reithmeier. Dabei sei es nicht um das Fällen der Bäume gegangen, wie der Bürgermeister mehrfach betonte. „Ich möchte nicht, dass hier jemand glaubt, die Fällaktion sei von der Gemeinde ausgegangen, wir wollten nur das Totholz weghaben“, stellte Reithmeier klar. Der Eigentümer habe die Bäume aus Gründen, die Reithmeier nicht wisse, dennoch gefällt und das sei eskaliert. So weit, dass die Anwohner sich entschlossen hätten, die Polizei zu rufen, um die Fällaktion zu stoppen.
Warum es zu dem Anruf kam, könne auch er nicht genau sagen, so der Bürgermeister, nur so viel: „Wir wissen ja alle, wie umstritten das da ist, mit der Zufahrt und allem.“
Experten entschieden, Bäume umzuscheniden
Georg Esterer, Eigentümer des Grundstücks und Auftraggeber der Arbeiten, weist jegliche Schuld von sich. „Seit Jahren führen wir auf unserem Grund Sicherheitsmaßnahmen durch, um die Gemeindestraße, die Anlieger und mögliche Passanten vor herabfallenden Ästen zu schützen. Bisher gab es nie Ärger.
Esterer bestätigt, dass ihn die Verwaltung der Gemeinde aufgefordert hatte, sich um die Beseitigung des Totholzes in den Bäumen entlang der Straße zu kümmern. Am Mittwoch, 26. Januar, machten sich deshalb nach seinen Angaben am frühen Morgen fünf Spezialisten ans Werk, um dieser Aufforderung Folge zu leisten. Einer von ihnen war der Jäger Daniel Grundner. „Die Bäume waren riesig, es war total riskant, dass wir überhaupt an die Baumkronen, die teilweise weit über 25 Meter hoch waren, rankamen“, beschreibt er im Gespräch mit unserer Zeitung. So beschlossen die Experten vor Ort, einige der Bäume zu fällen. „Wir wollten da gscheid aufräumen, damit wir wieder eine Zeitlang Ruhe haben“, erklärt auch Esterer. Und so legten die Arbeiter am frühen Morgen los. „Die Bäume splitterten beim Aufprall auf dem Boden direkt auseinander“, erinnert sich Grundner. „Sie waren definitiv marode.“
Polizei rückte gegen Mittag an
Gegen Mittag sei die Polizei aus Wasserburg eingetroffen. Sie seien durch Anwohner gerufen worden, hieß es von Seiten der Beamten, so Esterer. Die Ramerberger Anrufer hätten ihre Besorgnis über die Rechtmäßigkeit der Baumfällaktion gegenüber der Polizei zum Ausdruck gebracht. Um auf Nummer sicher zu gehen, ließ die Polizei die Sicherungsarbeiten an den Bäumen einstellen und nahm zur weiteren Klärung Gespräche mit der Unteren Naturschutzbehörde vom Landratsamt Rosenheim und dem Förster auf, bestätigte ein Sprecher der Polizeiinspektion Wasserburg auf Nachfrage unserer Zeitung.
Vorgehen ist rechtmäßig
Am nächsten Tag stand fest: Die Arbeiten an den Bäumen dürfen, wie vom Eigentümer geplant, fortgesetzt werden. Die Polizei hatte die Sachlage inzwischen klären können: Die Untere Naturschutzbehörde hatte keine Einwände gegen das Vorgehen des Grundbesitzers bekundet, so die Polizei. „Es war alles rechtmäßig“, betont auch Esterer, „und wir konnten dann am nächsten Tag unsere Arbeiten abschließen.“ Das erklärte auch Reithmeier in der Ratssitzung.
Esterer: Mit dem Sportplatz hatte es nichts zu tun
Zufrieden ist Esterer aber bei Weitem nicht. Er kann es noch immer nicht fassen, dass ihn Bürger bei der Polizei gemeldet haben. „Ich habe nichts anderes getan, als das, was ich seit Jahrzehnten an dieser Stelle tue, nämlich für die Sicherheit an der Gemeindestraße gesorgt.“
Mit der Zufahrt zu einem möglichen neuen Standort für den Ramerberger Fußballplatz in Zellerreit habe die ganze Geschichte überhaupt nichts zu tun, versichert er. Dass ihm aber genau das von Anliegern unterstellt wurde, finde er einfach nur beschämend. Petra Hölzle (NRL/FWR) kommentierte die Situation im Gemeinderat folgendermaßen: „So weit ist es bei uns also schon gekommen.“