Kita-Studie Corona und Kinder
Spielen durch die Corona-Zeit verlernt? So geht es Mädchen und Buben im Wasserburger Land
- VonWinfried Weithoferschließen
- Anja Leitnerschließen
Sie waren keine Treiber der Pandemie, doch Kinder haben unter den Folgen der Kita-Schließungen erheblich gelitten, hat eine Studie des Bundes ergeben. Wie geht es den Mädchen und Buben im Wasserburger Land? Wir haben nachgefragt.
Babensham/Haag/Wasserburg - Die Schließung von Kindertagesstätten während der Corona-Pandemie war aus heutiger Sicht nicht notwendig. Dies jedenfalls legte eine Studie nah, die kürzlich von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vorgestellt wurde. Familienministerin Lisa Paus (Grüne) erklärte bei der Vorlage, Kinder hätten in der Pandemie erheblich gelitten – vor allem an den Folgen der Eindämmungsmaßnahmen.
Mangel an Sozialkontakten hat sich bemerkbar gemacht
Erzieherin Ricarda Teuchert-Motoc von der Babenshamer Kindertagesstätte „Zauberwald-Zwerge“ trat im Gespräch mit dem OVB freilich dem Eindruck entgegen, es sei bei den Kindern ein nicht wieder gut zu machender Schaden entstanden. Der Mangel an Sozialkontakten habe sich zwar schon bemerkbar gemacht: „Die Kinder gingen nicht ins Spiel, sie suchten sehr den Bezug zu Erwachsenen.“
Als Gegenmaßnahme seien die Mädchen und Buben in kleinen Gruppen – nur mit zwei oder drei Kindern – zum Spielen animiert worden. Insgesamt aber stelle sie fest, dass die Kleinen sehr anpassungsfähig seien. Jetzt seien Nachwirkungen aus der Corona-Zeit nicht mehr festzustellen – „das Plappermäulchen funktioniert, wir haben einen ganz normalen Jahrgang“. Mutismus – also ein psychisch bedingtes Schweigen – habe es bei den von ihr betreuten Kindern nicht gegeben.
Das bestätigt auch Andrea Engl, eine der beiden Leiterinnen des Kinderhauses Arche Noah in Haag. Ein Fall von Mutismus sei ihr nicht bekannt. Es gebe auch kein Kind, dass sich durch die Nachwirkungen von der Corona-Maßnahmen auffällig verhalten würde. Die Mädchen und Buben hätten die schwierige Zeit gut überstanden. Die Gewohnheit mache auch viel aus, erzählt Engl. „Die Kinder haben schnell reingefunden in die ganzen Bestimmungen, wie Testen und Maske tragen, und sich genauso schnell wieder daran gewöhnt, es nicht zu tun. Sie sind zäh“, sagt sie.
„Was den Heranwachsenden aber teilweise schwer fiel, ist das gruppenübergreifende Miteinander. Während der Pandemie waren die Gruppeneinheiten geschlossen, jetzt dürfen die Mädchen und Buben herumlaufen und sich allen anschließen, auch draußen auf dem Spielplatz“, berichtet die Erzieherin. „Da ist es laut, wild, zahlreiche Charaktere kommen zusammen. Das wird schnell zu viel.“ Das Kinderhaus Arche Noah betreut über 100 Kinder, „das kann schon reizüberflutend sein - gerade wenn man es nicht gewohnt ist“, so Engl.
Trotzdem hätten die Erzieherinnen darauf geachtet, die Gruppen schrittweise zu öffnen, um alle daran zu gewöhnen - vor allem diejenigen, die während der Corona-Zeit ins Kinderhaus gekommen seien und dieses Konzept der gruppenübergreifenden Arbeit gar nicht kannten. „Grundsätzlich haben wir alle zwei bis drei Monate gebraucht, um uns wieder an das normale Leben zu gewöhnen“, sagt sie.
Svetlana Drubel, private Trägerin der Kindertagesstätte in Babensham, wies auf einige negative Begleiterscheinungen durch Corona hin, die sich in der Grundschule bemerkbar gemacht hätten: „Wir merken schon, dass die Kinder im Alter zwischen zehn und zwölf Jahren Probleme mit dem Lesen haben. Und wir haben auch noch nie so viele Kinder in den höheren Klassen gehabt, die nicht gut lesen können“, so ihre Erfahrung aus der Mittags- und Hausaufgabenbetreuung des Vereins „Schumi“ e.V. Dazu komme mangelhaftes Textverständnis, das in allen Fächern, auch in Mathe, Probleme bereite, würden die Mitarbeiterinnen aus der Mittagsbetreuung feststellen. Wenn dies mitunter nicht aufgefallen sei, sei das auf die Versteck-Strategien zurückzuführen, die die Kinder entwickelt hätten. Drubel empfiehlt deshalb, zusätzliche Förderkurse an den Schulen einzurichten.