Verband schlägt Alarm
„Schlag ins Gesicht“: Apotheker befürchten Massenschließungen - Das steckt dahinter
- VonSophia Huberschließen
Kommt es am Ende des Jahres zu einer Schließungswelle der Apotheken? Das befürchten einige Apotheker der Region.
Wassserburg – „Ganz ehrlich, das ist ein Schlag ins Gesicht“, sagt Florian Nagele, Inhaber der Mangfallapotheke in Kolbermoor und Pressesprecher des bayerischen Apothekerverbands für die Region Rosenheim, mit Blick auf die durch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach geplanten Kürzungen des Apothekerhonorars.
Fixaufschlag seit 2013 nicht mehr erhöht
Bei dem Honorar handelt es sich um einen Fixabschlag, den die Pharmazeuten für jedes Arzneimittel von den Krankenversicherungen ausgezahlt bekommen. Seit 2013 sei es nicht mehr erhöht worden, erzählt Nagele. „Deshalb sind wir auch dieses Jahr nicht davon ausgegangen, dass wir eine Erhöhung bekommen, aber jetzt von Kürzungen zu sprechen, das ist schon heftig.“
„Unser Personal ist durch“
Er habe dafür wenig Verständnis, denn immerhin, so Nagele, hätten die Apotheker in den vergangenen zwei Jahren, eine echte Mehrleistung gebracht. „Unser Personal ist durch“, sagt er. Jetzt auch noch von Honorarkürzungen zu sprechen, könne gravierende Auswirkungen haben. „Im Jahr schließen in Deutschland 300 Apotheken“, erklärt Nagele. Auch im Gebiet Oberbayern Südost verringere sich die Apothekenzahl massiv. 2009 seien es noch 264 Apotheken gewesen, 2017 noch 233, Ende des dritten Quartals 2022 seien es noch 213 Apotheken gewesen. „Eine Kürzung wird diese Entwicklung noch beschleunigen“, so Nagele.
Erste Apotheker kündigen Schließung an
Das befürchtet auch Jörg Heider, Inhaber der Apotheke im Wasserburger Burgerfeld, der Alpen-Apotheke in Griesstätt und der Vitalis Apotheke in Taufkirchen. „Mir geht es gut, weil ich drei Apotheken betreibe, aber jemand, der nur eine hat, da wird es schwierig“, sagt er. „Ich weiß nicht, wie sie das stemmen sollen.“ Auch wegen der steigenden Inflation und Energiepreise, die natürlich auch eine Belastung für die Apotheken darstellen würde. Bereits jetzt wisse er von vier Kollegen, die zum Ende des Jahres schließen werden.
Personalmangel belastet zusätzlich
Auch Christina Mayerhofer, ist schockiert. „Das fehlen mir ehrlich die Worte“, sagt sie. Mayerhofer betreibt in Haag und Gars drei Apotheken. Seit Jahren würden die Apotheken mit Lieferenpässen kämpfen. Zudem würden die bürokratischen Hürden immer weiter aufgebaut und aufgebläht. „Kurz gesagt, die Arbeit wird immer mehr, der Bundesgesundheitsminister dankt den Apothekern ihren Einsatz mit Worten und handelt mit einer Honorarkürzung“, sagt Mayerhofer verständnislos.
Außerdem sei die Situation, da sind sich Heider, Mayerhofer und Nagele einig, schon vor den angekündigten Kürzungen alles andere als ideal gewesen sei. Der Personalmangel sei schon seit Jahren schwierig. „Apotheker gehören seit Jahren zu den sogenannten Mangelberufen“, sagt Mayerhofer. „Wir stehen als kleine Unternehmen im Wettbewerb um Fachkräfte mit großen Pharmaunternehmen.“ Die Arbeitsbedingungen in den Apotheken seien ebenfalls problematisch, so Nagele. „Wir haben samstags geöffnet und wir müssen die Notdienste stemmen“, erklärt er. Die Kürzungen seien dafür nicht förderlich.
Arbeitsbedingungen schwierig
Heider bestätigt dies. „Ich kann jeden verstehen, der im Moment sagt: Das will ich nicht machen, das macht keinen Spaß“, sagt er. Sowohl Mayerhofer als auch Heider sprechen zwar von einer stabilen personellen Situation in ihren Apotheken, sind aber ebenfalls von Personalmangel betroffen. „Ich habe eine Mitarbeiterin, die demnächst in die Herstellung gehen wird. Und ich mache ihr keinen Vorwurf“, erzählt Heider, die Bedingungen seien einfach besser in der Pharmaindustrie.