Pfiat di Altlandkreis Wasserburg – 50 Jahre Gebietsreform Teil 4
Niemand wollte zu Wasserburg: Die Nachbargemeinden wehrten sich vehement
- VonSophia Huberschließen
Eiselfing wird gegründet, Penzing geht lieber zu Babensham und Edling widersetzt sich: Der vierte Teil unserer Serie „Pfiat di Altlandkreis Wasserburg - 50 Jahre Gebietsreform“
Wasserburg a. Inn – Am 1. Juni 1972 wurde die Landkreisauflösung trotz der massiven Proteste vieler Wasserburger durchgezogen. Die Stadt stand damit vor einem neuen Problem, dem Zentralitätsverlust. Wie aus dem „Schwarzbuch Wasserburg zur Vernichtung des Landkreises“, das die Bürgerinitiative wenige Jahre nach der Auflösung herausgab, befürchteten die Beteiligten vor allem um Arbeitsplätze.
Edling klagt sich erfolgreich frei
Die Kreisverwaltung würde abwandern und eine Lücke im Arbeitsmarkt hinterlassen, so der Gedanke. Wasserburg würde nachhaltig geschädigt werden, das war die Befürchtung. Mit einer Gebietserweiterung wollte die Stadt dem entgegenwirken und stieß dabei auf ein altbekanntes Problem: „Niemand wollte zu Wasserburg.“
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Einer der Pläne der Wasserburger, so erklärt Experte und Heimatvereinsvorsitzender Peter Rink, sei die Eingemeindung von Bachmehring gewesen. Doch die Gemeinde war schneller und schloss sich mit Aham und Freiham zusammen, um die Gemeinde Eiselfing zu gründen. Auch Penzing ging lieber nach Babensham als nach Wasserburg. Der Alternativplan war, um die Gemeinden Attel und Edling zu werben. Eigentlich war das Ziel, die beiden Gemeinden dazu zu bringen, sich der Stadt freiwillig anzuschließen. Ein Werben, das auch über die Wasserburger Zeitung ausgetragen wurde, wie etwas Berichte mit dem Titel „Was Wasserburg der Gemeinde Attel zu bieten hat“ belegen.
Doch auch das scheiterte. Attel und Edling widersetzen sich, sodass es erst 1978 zur Zwangseingemeindung kam. Damit aber nicht genug, Edling wollte weiterhin nicht zu Wasserburg und klagte sich schon 1981, also nur drei Jahre später wieder frei. „Die Edlinger fühlten sich wirklich in ihren Freiheitsrechten eingeschränkt“, stellt Rink fest. So stark sei damals die Überzeugung gewesen, nicht zu Wasserburg zu wollen.
Letzten Endes wurde also der Zentralitätsverlust gebietsmäßig lediglich durch die Eingemeindung von Attel ausgeglichen.
Aber hat die Stadt Wasserburg deshalb tatsächlich schaden davongetragen? Matthias Haupt, Stadtarchivar, und Rink beantworten die Frage mit einem eindeutigen „Nein“ und setzen sogar noch eines drauf, die Stadt habe davon profitiert. „Es gibt Dokumente bei uns im Archiv, die das eindeutig belegen“, erklärt Haupt. Dokumente, wie das „Entwicklungsprogramm für den Raum Wasserburg am Inn“, das kurz nach der Auflösung verfasst wurde.
„Der Raum Wasserburg a. Inn hat durch den Zentralitätsverlust, der aus der Landkreisauflösung entstand und seiner Bestimmung zum Mittelzentrum erhebliche Kraftanstrengung nötig, um die kommende Entwicklung in die Bahnen zu lenken, die die Lebensbedingung für den gesamten Raum verbessern und den Charakter der Stadt erhalten“, heißt es dort im Vorwort.
Die Stadt hat auch profitiert
Eindeutiger, so die Überzeugung von Haupt, geht es nicht mehr. „Das wäre nicht zustande gekommen, wenn der Altlandkreis nicht aufgelöst worden wäre.“ Wasserburg, so die Überzeugung von Haupt, wäre nicht die Kulturstadt, die sie heute ist. „Es gebe zum Beispiel kein Badria.“ Denn durch die Auflösung des Altlandkreises hätten erst die Ressourcen, die zuvor in Verwaltung gesteckt wurden, für solche Projekte mobilisiert werden können. „Das Thema Altlandkreisauflösung ist bis heute ein emotionales Thema“, weiß Haupt, aber zumindest für Wasserburg sei es positiv verlaufen.