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„Mobilität ist Lebensqualität“: Bekommt Edling einen Rufbus?

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Von: Katharina Heinz

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Einfach mit dem Handy einen Rufbus bestellen: Das wäre mit dem „On-Demand-System“ Omobi möglich.
Einfach mit dem Handy einen Rufbus bestellen: Das wäre mit dem „On-Demand-System“ Omobi möglich. © re

Edling will den ÖPNV ausbauen. Dazu will die Gemeinde ein Rufbus-System einführen. Verschiedene Rufbus-Firmen werden nun eingeladen, um ihre Konzepte vorzustellen.

Edling – Schnell und einfach von A nach B gelangen, auch ohne eigenes Auto. Das ist in ländlichen Gemeinden nicht immer möglich. Edling will das jetzt ändern. Bereits Anfang des Jahres hatte sich der Gemeinderat erstmals mit der Idee eines Rufbussystems beschäftigt. Anlass war ein Antrag der Unabhängigen Bürgergemeinschaft (UBG). Das Gremium einigte sich daraufhin, verschiedene Rufbus-Firmen einzuladen und sich die Konzepte genauer anzusehen.

Digitalisierung bietet viele Möglichkeiten

Los ging es nun in der vergangenen Sitzung des Gemeinderates mit der Firma Omobi GmbH aus Murnau. Die beiden Gründer und Geschäftsführer Robert Schotten und Clemens Deyerling stellten das „On-Demand-System“ vor. Sie erzählten, dass sie das Unternehmen gegründet haben, als sie nach dem Studium wieder zurück „aufs Land“ gezogen sind. „Da haben wir mit Erschrecken festgestellt, wie abhängig man dort vom Auto ist“, so Deyerling.

Dabei biete die Digitalisierung heute Möglichkeiten, Mobilität völlig neu zu denken. Die Herausforderungen des Öffentlichen Nahverkehrs (ÖPNV) auf dem Land liegen für die beiden auf der Hand: starre Fahrpläne und eine geringe Auslastung führten häufig zu leeren Bussen. Der klassische ÖPNV-Linienverkehr sei für individuelle Bedürfnisse ungeeignet.

Einzelne Ortsteile blieben ohne Anschluss und entfernte Haltestellen seien für Menschen mit Einschränkungen kaum zu erreichen. Daraus ergeben sich oftmals hohe Kosten für die Kommunen. Deyerling machte aber auch klar: „Wir sind nicht gegen Linienbusse.“ Vielmehr sei man überzeugt, dass alle Konzepte zusammengehen müssten.

Das Omobi-On-Demand-System will einen bedarfsorientierten digitalen Nahverkehr schaffen. Minibusse fahren im Einsatzgebiet individuell nach einem Algorithmus, der je nach Fahrgastzahl und Ziel eine sinnvolle Route errechnet. Die Betreiber nennen das „Ride-Pooling“. Die Software versuche, ähnliche Routen zu erfassen und Fahrwege zusammenzulegen. Wenn der Bus nicht gebraucht werde, fahre er auch nicht. Man könne Kapazitäten schnell rauf und runter fahren und damit auf die tatsächlichen Anforderungen eingehen.

Die Buchung laufe per App sowie per Telefon. Bei einer Anfrage errechne der Algorithmus eine Route, schlägt sie dem Fahrgast vor und dieser könne sich daraufhin entscheiden, ob er mitfahren will. Es gebe flexible Zahlungsmöglichkeiten. Durch virtuelle Haltepunkte erreiche man quasi eine 100-prozentige Abdeckung.

„Der nächste Haltepunkt ist nur einen Steinwurf entfernt“, so Deyerling. Er machte klar: „Mobilität ist Lebensqualität.“ Das Konzept könne von einer großen Zielgruppe genutzt werden und schaffe eine altersunabhängige gesellschaftliche Teilhabe. Im Gemeinderat kam die Idee gut an. „Es steht außer Frage, dass wir das jetzt angehen“, so Bürgermeister Matthias Schnetzer (CSU). Der Startschuss sei gefallen. Er wollte wissen, ob eine kleine Gemeinde wie Edling so ein System alleine etablieren könne. Möglich sei das, erklärte Geschäftsführer Schotten. Doch ein Zusammenschluss mit Nachbargemeinden mache mehr Sinn.

Die Frage von Florian Prietz (UBG) ging in eine ähnliche Richtung. „Kann man auch außerhalb der Gemeinde Haltepunkte setzen?“, wollte er wissen. Er denke dabei an Fahrgäste, die zum Beispiel nach Wasserburg möchten. Auch das sei natürlich möglich, wenn die andere Gemeinde einverstanden sei, so Geschäftsführer Deyerling.

Landkreis ist Aufgabenträger

Georg Berndl (CSU) erkundigte sich nach dem Prozedere der Einführung und der Betreibung des Systems. Schotten erklärte, dass grundsätzlich der Landkreis Aufgabenträger sei. Eine Gemeinde könne die Aufgabenträgerschaft aber auch zu sich holen, wenn der Landkreis nicht mitziehe. Dann gebe es verschiedene mögliche Konstellationen. Viele Kommunen, die die Expertise nicht im Haus haben, würden die Aufgabe aber komplett an einen Betreiber übertragen. Der Auftrag müsse ausgeschrieben werden. Zu den Kosten könne man nur schwer konkrete Aussagen machen. Die seien sehr individuell und richteten sich ganz nach Bedarf und den Anforderungen. Die Fahrpreise gebe die lokale Politik vor. In Holzkirchen koste eine Fahrt 2,50 Euro, egal, wohin. Allerdings: „Das System trägt sich nicht selbst“, machte Schotten klar. Helmut Hammerbacher (UBG) wollte wissen, ob bestehende Linien abgeschafft werden müssten. Darum gehe es ihnen nicht, machte Schotten klar. Es gebe im bestehenden ÖPNV Linien mit Bedarf. Sinnvoll könne es eher sein, Linien zu verlegen. „Es gibt ein hohes Synergiepotential“, ergänzte Deyerling.

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Sandra Waldherr (UBG) erkundigte sich, wie es mit bestehenden Konzessionen aussehe. Schotten erklärte, dass alle Betreiber in der Regel daran interessiert seien, ihre Fahrten auszulasten. Man dürfe den Betreibern mit bestehenden Konzessionen natürlich keine Leistung wegnehmen. Doch zum Beispiel mit einer Veränderung von Linien oder Haltestellen lasse sich die Mobilität ja verbessern. Das sei erfahrungsgemäß im Sinne aller Beteiligten.

Gemeinderat Prietz zeigte sich begeistert. „Das ist ein spannendes Thema und für die Region ein wirklich interessantes System.“ Er schlug vor, sich mit den Nachbargemeinden dazu auszutauschen. Aber auch das Konzept eines anderen Betreibers, das Rosenheimer Rufbussystem „Rosi“, wolle man sich noch anschauen. Das stehe in einer der nächsten Gemeinderatssitzungen auf der Tagesordnung. Einen Beschluss gab es zu dem Tagesordnungspunkt nicht.

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