Neubau hat einen Makel:
In Wasserburg entsteht ein hochmodernes Klinikum, doch in einem Punkt ist der Neubau von gestern
- VonHeike Duczekschließen
Der derzeit größte Klinikneubau im Freistaat entsteht in Wasserburg. Das Vorhaben von Romed und Inn-Salzach-Klinikum gilt als Vorzeigeprojekt: hochmodern, zukunftweisend. Doch in einem Punkt weist der Neubau einen Makel auf.
Wasserburg – Eine direkte Busanbindung steht nicht in den Plänen. Das soll sich ändern. Ein Großklinikum ohne Haltestelle vor dem Haupteingang? Das kann doch nicht wahr sein, finden angesichts des gemeinsamen Neubaus von kbo-Inn-Salzach-Klinikum und Romed-Klinik im Wasserburg Stadtteil Gabersee viele Bürger.
Es gibt viel Kopfschütteln
Vor allem im Sozialforum der Stadt gibt es dazu viel Kopfschütteln. Steter Tropfen höhlt den Stein? Immer wieder haben die Verwaltung und der Wasserburger Stadtrat nach Angaben von Bürgermeister Michael Kölbl darauf hingewiesen, dass vor dem Haupteingang des neuen Klinikums keine Bushaltestelle geplant ist.
Mehrfach waren Kölbl, Stadtbaumeisterin Mechtild Herrmann und Kommunalpolitiker bei den Behörden vorstellig geworden. Zuletzt hatte es eine Ortsbesichtigung gegeben, an der sogar Landrat Otto Lederer teilnahm.
Auch er ist der Meinung, dass eine barrierefreie Busanbindung an den Haupteingang des neuen Klinikums wünschenswert wäre, „wenn sie sich mit einem vertretbaren Aufwand realisieren ließe“, wie Lederer auf Anfrage mitteilt.
Dieser Halbsatz deutet an, dass die Sachlage komplex ist. Denn: Viele Köche verderben den Brei, um ein zweites Sprichwort zu bemühen. Das Bauvorhaben stemmen der Bezirk als Träger des Inn-Salzach-Klinikums gemeinsam mit dem Romed-Verbund, ein kommunales Unternehmen von Stadt und Landkreis.
Viele Entscheider in einem Boot
Mit im Boot der Entscheider sitzt das Staatliche Bauamt, denn eine Zufahrt könnte auch über die Bundesstraße 304 erfolgen. Für den Stadtbus, der das Großklinikum anfahren soll, ist wiederum die Stadt Wasserburg zuständig. Viele Verantwortliche also, doch es gibt noch ein weiteres Problem. Der Stadtbus ist eingebunden in eine Fahrstrecke zwischen Bahnhof Reitmehring und Badria. Er fährt ab Februar 2022 halbstündig. Die Taktung ist so eng, dass jede Minute, die verloren geht, zu Verzögerungen führen und die Anbindung des Bahnhofes in Reitmehring gefährden könnte.
Behindertenbeirat pocht auf Lösung
Auch die Seniorenreferentin des Stadtrates, Friederike Kayser-Büker, hatte 2021 einen Antrag gestellt, der auf eine barrierefreie Anbindung des Busses an das Großklinikum pochte. Unterstützung für das Anliegen gab es vom Behindertenbeirat im Sozialforum. Und vom Stadtrat sowieso – quer durch alle Fraktionen.
Dr. Karsten Jens Adamski, neuer Geschäftsführer des kbo-Inn-Salzach-Klinikums, hat die Angelegenheit zur Chefsache erklärt. Adamski bestätigt auf Nachfrage der Wasserburger Zeitung, dass er sich persönlich für eine Lösung stark mache. „Ich bin der festen Überzeugung, dass ein Großklinikum wie unseres eine ÖPNV-Anbindung bieten muss.“ Das sei in der heutigen Zeit, die für ein geändertes Mobilitätsverhalten der Bürger stehe, mehr als angezeigt. „Wir müssen unserer gesellschaftlichen Verantwortung diesbezüglich nachkommen.“ Es gibt zwei Wege, einen Bus bis vor das neue Klinikum fahren zu lassen: über die Bundesstraße 304, was jedoch bisher beim Staatlichen Bauamt auf Widerstand gestoßen ist, denn dann müsste vom Klinikgelände aus auch eine Zufahrt auf die Bundesstraße geschaffen werden – mit einer Ampel? Weiterer Nachteil in den Augen von Adamski: Es wären Höhenunterschiede zu überbrücken. Es würde also sehr teuer.
Klinikum mit 600 Betten
Lösung zwei sieht eine Fahrt des Stadtbusses über die Gabersee-Kreisel auf das Klinikgelände vor. Mit einem kleinen Schlenker – nach Angaben von Adamski ein Umweg von etwa 400 Metern – müsste der Bus hinter der Verwaltung einbiegen, eine Schleife über den Festplatz ziehen und vor Haus 15 wieder einbiegen. Das ist das Konzept, das in den Augen von Adamski die größten Chancen auf Verwirklichung hat.
Er denkt dabei nicht nur an Patienten der beiden Kliniken mit insgesamt 600 Betten, die – etwa mit orthopädischen Erkrankungen oder aus der Altersmedizin –, eine barrierefreie Anbindung des Busses benötigen und keine langen, steilen Strecken zu Fuß zurücklegen könnten. Adamski erinnert auch an die Mitarbeiter, die die Möglichkeit haben sollten, ohne eigenen Pkw zum Dienst zu kommen.
Er ist optimistisch, dass es gelingen wird, eine Bushaltestelle vor dem Haupteingang zu etablieren. Er stehe dazu in engem Kontakt mit der Stadt, „Wir wollen alle eine Lösung, wir werden sie schaffen.“ Dr. Gordon Hoffmann, Ärztlicher Direktor der Romed-Klinik Wasserburg, hält eine direkte Busanbindung ebenfalls für notwendig. „Wir sollten den Faden dort aufnehmen, wo er jetzt liegt, und versuchen, eine gute Lösung zu finden – und dabei alle Emotionen beiseite schieben“, appelliert er.
Seniorenreferentin Kayser-Büker mag sich auf ein Konzept nicht festlegen. Doch sie betont: „Toll, dass sich jetzt alle bemühen, einen Weg zu finden.“ Die Entscheidungsträger befänden sich in einem Dialog, der Hoffnung mache.