Heimatforschung: die Geschichte der Haager Freyung
Im Mittelalter gewährte der Graf in der Haager Freyung den Schutzsuchenden sicheres Geleit
- VonLudwig Meindlschließen
Der Haager Heimatforscher Rudolf Münch gibt eine Abhandlung über die Freyung Haag heraus. Der Kaiser persönlich verlieh damals außergewöhnliche Privilegien für Schutzsuchende – einzigartige Sonderrechte im Mittelalter.
Haag – Die Freyung in Haag: Ein großes, lang gezogenes und unbebautes Gelände unterhalb der Haager Burg. Nur ein kleiner Teil dieses Gebiets ist heute bebaut – und dabei soll es auch bleiben. Denn der Gemeinderat hat dort das Bauen verboten. Im Mittelalter war der Bereich umzäunt und bot sogenannten Freyungs-Suchenden – also Asylsuchenden – Zuflucht. In Haag hatte die Freyung eine einzigartige Stellung für Schutzsuchende
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Der Haager Heimatforscher Rudolf Münch gab dazu jetzt eine Abhandlung mit historischer Einordnung heraus. Mit Bildern, Katasterplänen, Beschreibung und historischen Beispielen behandelt der Historiker mit dem Thema Freyung ein außergewöhnliches Sonderrecht, dass der Kaiser persönlich den Haagern vor 600 Jahren verlieh.
„Schutz und Schirm“ in der Freyung für alle Asylsuchenden
Ein Verwaltungsbeamter der Grafschaft Haag beschrieb das politisch-historische Kleinod so, dass hier alle – egal, welche Herkunf und Stand – „Schutz und Schirm begehren“ durften, indem sie sich „am Platz der Freyung auf den alt hergekommenen Stein“ stellten. 14 Tage gewährte ihnen der Graf sicheres Geleit. Es konnte auf ein Jahr und einen Tag verlängert werden. Die Verlängerung kostete 72 Pfennige.
Das Gelände mit Obstbäumen, südlich des Friedhofs, der Burg und des Marktplatzes war früher eingefriedet. Das genaue Alter der Freyung konnte auch Münch nicht ermitteln. Er fand die ersten urkundlichen Erwähnungen aus den Jahren 1435, als Oswald der Toerringer durch sein Betreten des Geländes mit Waffen einen Krieg auslöste, 1467, als von „Geleitten“ berichtet wurde, und 1494 mit Erwähnung der Freyung in einem kaiserlichen Lehensbrief.
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Eine eindrucksvolle Freyungsszene ist mit dem „Wolffhauser“ geschildert, der des Mordes angeklagt war und sich nach Haag flüchtete.
Er wurde verhört, für unschuldig befunden und nicht ausgeliefert. Die Konsequenz hieß nach Angaben von Münch: „Die Reaktion der bayerischen Behörden war eine Wirtschaftsblockade gegen die Grafschaft Haag.“
Als der „Wolffhauser“ später „zum Teil zugab“ und er von seiner bevorstehenden Auslieferung erfuhr, war er völlig verzweifelt, musste in „Eysen geschlagen“ und bewacht werden. Bei der Wachablösung griff er das „Beymeser“ eines seiner Wächter und hat es sich „bey dem Knöpfl der Gurgl eingestossen, dass keine Verhinderung so schnell geschehen mögen, als er seine erbarmlich Seelen aufgeben.“
Unter die Episoden auf der Freyung fällt auch die Flucht zweier Münchener Kaufleute, die von ihren Gläubigern hart bedrängt wurden. Mit ihren Waren, die nicht alle bezahlt waren, fuhren sie auf vollbepackten Pferdewägen ins Freyungsgelände und entfachten einen regen Schriftverkehr zwischen den Haager Beamten, Gläubigern und dem Hof des Herzogs von Bayern.
Morgens Suppe, mittags Kraut, abends Brot
Quasi als historische Randnotiz nahm Münch auch das Säubern des Geländes in seine Darstellung auf. Am 17. April 1590 mussten Bürger, „so im Markt alhie wohnen“, die Freyung „in Scharwerksdienst ausräumen“.
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Dafür bekamen sie morgens eine Suppe, mittags Kraut, abends Brot und für die Nacht „wieder zu essen“ und ein Scharwerksbrot, das in der Haager Pfisterei oberhalb der Düritz, dem traditionellen Burglokal, im südlichen Grafen-stock gebacken war.
Geleitwort und Lob gab es von Bürgermeisterin Sissi Schätz, die einen praktischen Aspekt ins Vorwort schrieb: „Die Haager schätzen und lieben ihre Freyung, denn in schneereichen Wintern können die Kinder Schlitten fahren.“ Eine Vorstellung des neuen „Hagaensis“-Heftes wird wegen Corona aufs Frühjahr verschoben. Das Heft kann jedoch bei Uhrenschmuck Reiter in der Hauptstraße erworben werden.