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Hier muss nicht gegossen werden: So funktioniert der Gemeinschafts-Garten in Oberreith

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Von: Anja Leitner

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Im Permakulturgarten Oberreith wird gemeinschaftlich gegärtnert.
Im Permakulturgarten Oberreith wird gemeinschaftlich gegärtnert. © re

16 Familien gärtnern gemeinschaftlich im Permakultur-Garten in Oberreith von Liebgard Wessiak. Wie das Projekt läuft und warum hier nie gegossen werden muss. Ein Blick hinter die Kulissen.

Unterreit/Oberreith —Auf den ersten Blick scheint der Permakultur-Gemeinschaftsgarten in Oberreith im Winterschlaf, aber der Eindruck täuscht, denn so eine richtige Winterpause gibt es hier nicht. Selbst im Winter wird hier fleißig geerntet, nur die Arbeit ruht. „Gerade erst gestern ist mir im Garten eine Mitgärtnerin begegnet, es war ziemlich kalt bei Temperaturen unter Null, sie war mit dem Fahrrad da und hat sich frischen Grünkohl fürs Abendessen geholt“, erzählt Liebgard Wessiak, Initiatorin des Permakultur-Gemeinschaftsgarten.

Der Permakultur-Gemeinschaftsgarten in Oberreith scheint sich im Winterschlaf zu befinden, aber der Eindruck täuscht.
Der Permakultur-Gemeinschaftsgarten in Oberreith scheint sich im Winterschlaf zu befinden, aber der Eindruck täuscht. © re

Auch Rosenkohl, Rettich, Feldsalat, Postelein und Asiasalat stehen momentan auf dem Ernte- und Speiseplan der engagierten GemeinschaftsgärtnerInnen. Dabei kommen die 100 Meter Hügelbeete des Gemeinschaftsgartens ohne Folienabdeckung oder Gewächshaus aus, nur eine winterliche Mulchschicht aus Heu und Stroh schützt vor Austrocknung und Kälte.

Drei ethische Prinzipien

Gegärtnert wird hier nach den Grundsätzen der Permakultur, die drei ethische Prinzipien verfolgt: „Achte die Erde, achte die Menschen und alle Lebewesen, teile gerecht“, erklärt Wessiak. Natürliches Gärtnern ist hier oberste Priorität, die Natur gibt den Ton an und nicht der Mensch. „Wenn wir mit der Natur geschickt zusammenspielen, dann werden wir reichlich belohnt mit Arbeitserleichterung und Ernte und das in Gemeinschaft mit anderen Menschen zu erleben ist eine große Freude und Bereicherung. Es zeigt Möglichkeiten auf für nachhaltiges, enkeltaugliches Gärtnern und Miteinander“, so die Initiatorin.

Liebgard Wessiak, Betriebswirtin, Wildnispädagogin und Initiatorin des Permakultur-Gemeinschaftsgartens in Oberreith.
Liebgard Wessiak, Betriebswirtin, Wildnispädagogin und Initiatorin des Permakultur-Gemeinschaftsgartens in Oberreith. © re

Der Gemeinschaftsgarten in Oberreith - er steht auf dem Privatgrund der Familie Wessiak – ist im Frühjahr 2021 entstanden. Einem Aufruf in der Wasserburger Zeitung sind damals 13 Familien gefolgt und haben in kürzester Zeit mit vereinter Tatkraft acht Hügelbeete gebaut, Bohnentipis, einen Kräuter- und Beerengarten angelegt und vor allem sehr erfolgreich geerntet. Bereits in der ersten Saison hat der Garten für so viel Aufmerksamkeit gesorgt und interessierte Menschen angezogen, dass regelmäßig Gartenführungen angeboten werden in denen Wessiak, studierte Betriebswirtin, Wildnispädagogin und Waldgesundheitstrainerin und Karin Frank, die als Permakultur-Designerin Konzeption und Entstehung des Gartens maßgeblich unterstützte, den Besuchern im Detail erklären, wie hier gegärtnert wird und wie einfach es ist, die Kreisläufe der Natur zu verstehen und sie zu berücksichtigen.

In der zweiten Saison 2022 waren es schon 16 Familien — vom Kleinkind bis zum Rentner — , die in dem Gemeinschaftsgarten mitgeholfen haben. Es wurden weitere neue Hügelbeete und Bohnentipis angelegt und ein spannendes neues Projekt begonnen, nämlich die Pilzzucht auf Stroh und Holz. „Das sehr Besondere an unseren Hügelbeeten ist, dass diese wie Kompostwerke aufgebaut, sofort begärtnert und viel enger bepflanzt werden können als herkömmliche Beete. Wir pflanzen in bunter Mulch-Mischkultur und wir gießen nicht – auch in dem sehr heißen Sommer 2022 haben wir unsere Hügel kein einziges Mal gegossen und hatten dank guter Mulchschicht kein Thema mit Trockenheit. Unsere Ernte war auch 2022 sensationell, wir hatten so viele Tomaten – übrigens alle auf den Hügeln im Freiland ohne Abdeckung – dass ich kiloweise Tomaten eingekocht habe.“ schwärmt die Wildnis-Pädagogin.

„Outdoor-Cooking“ mit den Teilnehmern

Geteilt wird die Ernte, genauso wie die Arbeit gemeinschaftlich unter allen Mitgärtnern. „Da gibt es kein Aufrechnen, wer wieviel haben darf – es gibt so viel, dass wir oft Mühe haben, es unter uns wegzuessen“. Gerne sitzen die Teilnehmer auch nach getaner Arbeit noch beisammen und erfreuen sich an dem schönen Garten, dem wunderbaren Gemüse und dem geselligen Miteinander. Auch wird das frische Gemüse immer wieder gerne miteinander verarbeitet, so fand bereits mehrmals ein gemeinsames „Outdoorcooking“ statt, wurde miteinander die Kunst des Fermentierens erprobt und aus dem eigenen Weißkraut Sauerkraut gemacht.

Eine dicke Schneedecke bedeckt die Hügel, Grünkohl mit Haube kann trotzdem jederzeit geerntet werden.
Eine dicke Schneedecke hat bis vor kurzem die Hügel bedeckt, Grünkohl mit Haube kann trotzdem jederzeit geerntet werden. © re

Im Moment läuft die Planung der neuen Gartensaison 2023, Saatgut wird sortiert, besprochen, was in dieser Saison mehr oder weniger angepflanzt werden soll. „Vergangenes Jahr hatten wir erstmals ein paar Pflanzen Romanesco und waren so begeistert, dass wir heuer mehr davon haben wollen, auch Pastinaken und Karotten können wir eindeutig noch mehr brauchen“, findet Wessiak.

Im Garten kommen nur samenfeste Pflanzen zum Einsatz, Saatgut wird selbst gewonnen und sämt sich auch immer wieder selbst aus - die Natur regelt so mitunter ganz allein, was an Überraschungsgemüse hier demnächst wächst. Für die neue Saison nimmt der Gemeinschaftsgarten wieder neue Mitgärtner auf. Wer Lust auf selbst angebautes Gemüse, naturnahes Gärtnern nach Permakultur - Vorwissen ist nicht erforderlich - und Freude am Gemeinschaftsgedanken hat, darf sich gerne melden unter info@waldselig.com oder unter der Telefonnummer 08073/916535. Die neue Gartensaison startet schon bald.

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