Sorge um das InnKlinikum
Nicht die erste Krise: Die bewegte Geschichte des Haager Krankenhauses
- VonLudwig Meindlschließen
Die aktuelle Krise rund ums Haager Krankenhaus ist nicht die erste: Schon seit langen Jahren wird um das Bestehen des Klinikums gekämpft.
Haag – Das Haager Krankenhaus hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Im Jahre 1864 machte das Haager Forstamt dem neuen „Distriktskrankenhaus“ Platz. Doch die Ursprünge liegen noch weiter zurück, denkt man an die Initiativen für Arme und Kranke zur Zeit der Haager Grafen und an die daraus hervorgegangene Leprosenhausstiftung, das heutige Seniorenheim St. Kunigund.
Einen Plan zur stationären Behandlung gab es aber erst 1822, als Dienstboten und Handwerksgesellen in einer Art Krankenversicherung in einen Fond einzahlten. Daraus ging 1833 als erste offizielle „Hülf“ die „Krankenanstalt für Dienstboten und Handwerksgesellen beyderley Geschlechts“ hervor, die zunächst unter der Schlossturmtreppe vor dem Pfarrhof untergebracht war (heute Maler Holzner).
Erster Arzt war Dr. Leopold Lang
„Kost und Trunk“ wurden nach einem „Diätbuch“ vom Krankenwart in einem Haager Wirtshaus bestellt und abgeholt. Als erster Arzt wirkte Dr. Leopold Lang, der mit einer jährlichen Pauschale bezahlt wurde.
Die Haager Gemeinde war bald mit der nötigen Erweiterung konfrontiert, da die erste „Krankenanstalt“ nur über zwei Patientenzimmer verfügte. So nahm man die Gelegenheit wahr, das frei gewordene Forstgebäude zu erwerben, um ein „Lokalkrankenhaus“ einzurichten.
Gleichzeitig meldete die Gemeindeverwaltung Bedenken an. Man befürchte, dass Leute mit ansteckenden und ekelerregenden Krankheiten nach Haag abgeschoben würden. Protest kam auch aus Mühldorf, das in Haag eine Konkurrenz erkannte.
Im 20. Jahrhundert traf dann ein Beschluss des Kreistages die Haager wie ein Donnerschlag: 29 gegen 25 Stimmen waren für die Schließung der Inneren Abteilung. Das bedeutete das Ende. Doch die „Sanierer“ der Gesundheitsstruktur des Landkreises hatten nicht mit der Bevölkerung gerechnet. Sie stellte sich in ungewöhnlicher Einmütigkeit sofort hinter die „Rebellen“ aus Haag, die ihr Krankenhaus retten wollten. Über Parteigrenzen hinaus trieben von den Freien Wählern Dr. Bernhard Grabmeyer, heute noch Vorstand des Krankenhausfördervereins, von der CSU Ludwig Schletter und von der SPD Sissi Schätz das Bürgerbegehren voran.
Den Arbeitskreis, der sich unter dem Dach der „Agenda 21 Haager Land“ formierte, leiteten Dr. Winfried Weiß (CSU) und Franz Moser (SPD). Ein erster Schlag ins Gesicht der Planer der Schließung war die Demonstration – Haag erlebte bisher zwei große Protestaktionen mit mehr als 1 000 Leuten, eine gegen die Mülldeponie und eine für den Erhalt des Krankenhauses.
Von der Krankenhausstraße, wo über Megafon die Parolen dröhnten, setzte sich der Marsch in Richtung Bürgersaal in Bewegung. Der Aufruf fruchtete: Bürger, Geschäftsleute, Ärzte von Haag und Umgebung hielten zusammen. In den Zeitungen wurden Sonderseiten unter dem Titel „Ja zum Haager Kreiskrankenhaus“ geschaltet. Das rüttelte den ganzen Landkreis auf. Tausende von Briefen wurden verschickt, 14 000 Unterschriften waren gesammelt, die letzten Diskussionen wurden angesetzt. Schließlich brachten die Organisatoren nicht nur Plakate und Werbesprüche nach Mühldorf, sondern auch die Unterschriften zum Bürgerbegehren. Die Abstimmung fiel überwältigend zugunsten des Haager Krankenhauses aus.
Das überzeugte auch den Kreistag. Mit deutlicher Mehrheit von 40 zu 13 Stimmen fiel die Entscheidung schließlich für Haag. Sissi Schätz verlieh Mitstreiterin Waltraud Sax die erste und bislang einzige „Haager Tapferkeitsmedaille“.
Das Haager Krankenhaus hatte sich aus einer bodenständigen Tradition entwickelt, als Milchkühe und Gemüsegärten noch zum Umfeld dieser Institution gehörten. Kostensparender als es wohl heute möglich ist, wirkten die Schwestern, die erst ab 1945 als kleine Anerkennung ihres Dienstes 25 Mark Gehalt pro Monat erhielten, dazu kam das „Nadelgeld“ und ein freier Tag im Monat. So übernahm der Landkreis 1972 nach der Gebietsreform mit dem Krankenhaus eine „heile Welt“.
Geriatrie kam, Chirurgie ging
1990 ging die Geburtshilfe verloren. 1993 wurde die Chirurgie wegen Unterbelegung auf 15 Betten reduziert, da man „Haag nur so erhalten“ konnte. Die Geriatrie kam, die Chirurgie machte 1998 zu.
Im Jahr 1995 kam die geriatrische Abteilung nach Haag. Zuerst stellte man ihr 30 Betten zur Verfügung, ab dem Jahr 2000 dann 60 stationäre Behandlungsplätze zur „intensiven Rehabilitation älterer Menschen“. Seitdem war sie voll belegt, worauf Chefarzt Dr. Raymund Hahn stolz verweisen konnte. Später übernahm Chefarzt Dr. Stephan von Clarmann, nachdem Chefarzt Dr. Dötterl 2009 verabschiedet worden war. Er wurde von Parkinson-Experten Professor Dr. Johannes Schwarz unterstützt, der aber ebenfalls Haag schon den Rücken gekehrt hat.
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