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Damit keiner beim Wasserburger Festzug aus den Reihen schert

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Mit Trommelklängen über die Wasserburger Innbrücke: So geht es auch heuer von der Altstadt Richtung Festplatz am Badria, wo das Frühlingsfest am 6. Juni eröffnet wird..  JOhn Cater
Mit Trommelklängen über die Wasserburger Innbrücke: So geht es auch heuer von der Altstadt Richtung Festplatz am Badria, wo das Frühlingsfest am 6. Juni eröffnet wird.. JOhn Cater

1200 Menschen, fünf Kutschen, 20 Pferde, fünf Kapellen, 250 Böllerschützen: Einen solch großen Festzug durchzuführen, ist eine logistische Meisterleistung. Genau eine Woche vor dem Frühlingsfeststart steht beim Wirtschaftsförderungsverband (WFV) die Planung. Nur eine ist heuer nicht dabei: die dicke Berta.

Wasserburg – Wenn die Böllerschützen auf der Burg das Signal zum Start des Festzuges am Altstadtbahnhof geben, packt Festzugmanager Christian Huber alljährlich ein Gefühl der Rührung: „Das ist ein sehr emotionaler Moment.“ Nach dem ersten Festzug im Jahr 2014 hatte er sogar Tränen der Erleichterung in den Augen – darüber, dass niemand der über 1000 Teilnehmer aus der Reihe geschert war.

Frühlingsfeststart heuer schon am Donnerstag, 6. Juni

Heuer hat die Aufregung einen anderen Grund: Denn der Wirtschaftsförderungsverband (WFV) als Veranstalter des Frühlingsfestes hatte sich entschlossen, den Start einen Tag vorzuverlegen. In diesem Jahr setzt sich der Festzug bereits am Donnerstag, 6. Juni, in Bewegung. Wie werden die Vereine diese Änderung annehmen? Etwas bange war dem WFV schon, dass sich der neue Termin negativ auf die Anmeldezahlen auswirken könnte. Dem war jedoch nicht so: Auch 2019 haben 60 Gruppierungen mit insgesamt 1200 Teilnehmern ihr Kommen zugesagt.

Sie nehmen um 17.45 Uhr Aufstellung auf dem Parkplatz an der Rampe und bewegen sich ab 18.15 Uhr durch die Ledererzeile, die Hofstatt, am Rathaus und Marienplatz vorbei über die Innbrücke und durch das Burgerfeld zum Festplatz am Badria.

Die Marschroute schlägt eine Brücke zwischen Altstadt und Badria-Festplatz

Diese Marschroute hat Symbolkraft: Denn der Wirtschaftsförderungsverband möchte mit dem Zug eine Brücke zwischen der Altstadt, wo das Fest jahrzehntelang am Gries stattfand, und dem Badria schlagen, wohin es 1985 aufgrund der Lärmproblematik und der notwendigen Parkplätze ausgelagert wurde. Deshalb startet die Großveranstaltung heuer im fünften Jahr hintereinander in der Altstadt, obwohl es am Badria stattfindet.

3,5 Kilometer schwer bepackt und stets bergauf

Für die symbolische Geste de Zuges nehmen die Vereine und Kapellen eine Kraftanstrengung in Kauf: Denn es gilt 3,5 Kilometer zu laufen – bis zu einer Stunde lang. Die Männer in Haferlschuhen, viele Frauen in Pumps, die Musiker bepackt mit Instrumenten, die Schützen mit ihren Böllern. Nur die Ehrengäste haben es leicht: Sie dürfen in der Kutsche Platz nehmen.

Festzugleiter Huber trifft stets als allerletzter am Badria ein. „Alte Bundeswehrtugend“, erklärt er, warum er erst dann einen Fuß ins Zelt setzt, wenn alle 1200 Zugteilnehmer wohlbehalten angekommen sind. Wenn das geklappt hat, küsst Huber – meist unbemerkt von den Massen, deren Aufmerksamkeit sich auf den Bieranstich richtet – vor Dankbarkeit den Zeltboden. Und eilt dann auf die Bühne, wo Bürgermeister Michael Kölbl den Schlegel erst schwingt, wenn der Festzugleiter ebenfalls da ist.

Besondere Herausforderung beim Festzug in Wasserburg: In keinem anderen in der Region treten so viele Böllerschützen auf. 250 aus zehn bis 15 Vereinen sind es, die an der Innbrücke vom Zug abschwenken und sich bis zur Staustufe aufreihen, um nach dem Kommando von Ludwig Bürger aus Griesstätt lautstark die nahende Ankunft des Zuges zu verkünden. Pferde und Gespanne sowie Kutsche dürfen dann nicht in der Nähe sein, denn die schnell zu verschreckenden Tiere könnten den Krach übel nehmen.

Die Stadtkanone hat keinen TÜV mehr

Ein Knaller wird heuer übrigens fehlen: der Schuss aus der dicken Berta. Die Stadtkanone zieht nicht mit, denn sie hat keinen TÜV-Stempel mehr. Egal, findet der WFV angesichts der prächtigen sechs Züge.

Wichtigster Mitorganisator ist Sepp Christandl, der sich als erster im Zug eins in Bewegung setzen und auch als erster das Festzelt betreten wird. Mit ihm und den weiteren Zugführern Oliver Winter, Markus Ruepp, Carl Heinz Hartmann, Witgar Neumaier und Chris Klein steht Huber den Marsch hindurch stets im Funkkontakt. Etwas langsamer gehen, mehr Tempo machen, aufschließen, Böllerschützen wieder eingliedern: Das sind die gängigen Anweisungen, die die Gespräche der Zugführer bestimmen.

Pannen gab es in den vergangenen Jahren nicht. Wobei: „Einmal habe ich einen echt groben Fehler gemacht“, berichtet Huber schmunzelnd, „ich habe den FC Bayern-Fanclub auf Platz 60 des Zuges gesetzt. Da habe ich mir eine Rüge eingehandelt. Mensch, war mir das peinlich.“

Im Burgerfeld gibt es für alle ein Schnapserl zur Stärkung

Ansonsten hat immer alles gut geklappt, will heißen: Nicht einmal entstand ein Durcheinander in den Zügen, keiner scherten aus den Dreier-Reihen aus. Damit der Festzug optisch was hermacht, gibt es außerdem eine Marschordnung: einheitliche Kleidung in Tracht oder in Vereinsgewand.. „Schlampert aussehen sollte keiner, das passt nicht zu einem bayerischen Fest“, findet der Zugmanager. Und freut sich darüber, wenn Vereine mit Fahnenträgern, Taferlbuam und Marketenderinnen kommen. Die schenken übrigens im oberen Burgerfeld kurz vor Erreichen des Festplatzes traditionell ein Schnapserl zur Stärkung aus. Die Stadtknechte helfen bei der Straßen- und Parkplatzsperrung. „Wichtig sind auch die Helfer von der Feuerwehr, ohne sie können wir einen solch großen Festzug, für den schließlich auch der Verkehr zum Stehen gebracht werden muss, nicht stemmen“, erklärt Huber.

Herausforderung ist nicht nur der Marsch durch die Gassen und Straßen der Altstadt, sondern auch die erneute Zusammenführung der Böllerschützen nach ihrem Auftritt mit dem übrigen Zügen – ein besonderer Moment, der noch einmal die Nerven flattern lässt. Und weil es stets bergauf geht, freuen sich alle auf die erste Mass Bier. Ist sie im Krug, beginnt für Huber die schönste Zeit des Jahres. „Das Frühlingsfest gehört zu mir“, sagt er, der sich als bekennender Traditionalist bezeichnet. Elf. Tage zieht er ab dem 6. Juni deshalb die Lederhose nicht mehr aus.

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