Demos für und gegen die Corona-Politik
Aufruf zum Umsturz? Irritierender Auftritt eines angeblichen Ex-Soldaten in Wasserburg
- VonHeike Duczekschließen
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Ein Redner sorgte bei einer Demo von Impfgegnern in Wasserburg für Besorgnis. Die Aussagen des nach eigenen Angaben wegen Extremismusverdachts aus der Bundeswehr entlassenen Mannes wurden von Beobachtern als Drohung gegen den Staat bewertet.
Wasserburg – In Wasserburg fanden am Montagabend, 10. Januar, drei Demonstrationen statt - zwei davon angemeldet.
Hier waren die „Montagsspaziergänger“, die seit Wochen in Gruppen mit Laternen und Lichtern unterwegs sind, vom Landratsamt Rosenheim erneut per Anordnung aufgefordert worden, sich stationär in der Hofstatt zu treffen, was kaum wahrgenommen wurde. Stattdessen war ein Demonstrationszug von Impfgegnern, der noch am Montag, 10. Januar, beim Landratsamt für bis zu 1000 Teilnehmer angemeldet worden war, gut besucht. Er startete am Altstadtbahnhof, wo sich laut Polizeipräsidium Oberbayern Süd etwa 200 Menschen versammelten. Gemeinsam ging es bis zur Ledererzeile, wo die zentrale Kundgebung stattfand. Die Versammlungsleitung hatte ÖDP-Kreisrat Ludwig Maier.
Am Rathaus fand auf Einladung der Jusos eine ebenfalls angemeldete Versammlung statt, die sich erneut zum Ziel gemacht hatte, ein Zeichen gegen Verschwörungsmythen und die Gefahr der Unterwanderung von Gegnern der Corona-Politik durch rechtsextreme Kräfte zu setzen.
Polizei: „Friedlich verlaufen“
Alle drei Veranstaltungen verliefen nach Polizeiangaben „friedlich ohne nennenswerte Zwischenfälle“. Es habe nur eine Anzeige wegen eines Verstoßes gegen die Maskenpflicht gegeben, so Präsidiumssprecher Stefan Sonntag. Am vergangenen Montag hatte es noch 25 Anzeigen wegen Verstoßes gegen die Allgemeinverfügung des Landratsamts Rosenheim gegeben.
„Paramilitärische Schlägertrupps“
Entsetzen hat allerdings der Verlauf der Beiträge bei der von Maier angemeldeten Versammlung ausgelöst. Nachdem mehrere Redner vor allem aus Pflegeberufen ihre Verärgerung über die Impfpflicht für Mitarbeitende im Gesundheitswesen ab Mitte März zum Ausdruck gebracht und sich grundsätzlich kritisch, aber sachlich mit der Impfung und der staatlichen Pandemiebewältigung auseinandergesetzt hatten, trat ein angeblicher ehemaliger Bundeswehrsoldat ans Mikrofon.
Julian C., nach eigenen Angaben wegen „Extremismusverdachts“ aus der Bundeswehr entlassen, sprach von einem drohenden Bürgerkrieg, solidarisierte sich mit dem in Rosenheim bei einer Demo aufgefallenen, später verhafteten und wieder freigelassenen Soldaten Andreas O. und behauptete, paramilitärische Schlägertrupps seien im Einsatz, um die Bevölkerung zu attackieren. Der Redner betonte außerdem, „dieses System“ werde nicht mehr lange am Leben bleiben. Soldaten würden eine Aktion in Uniform vorbereiten. Dafür gab es aus Reihen der Zuhörer ebenfalls Applaus.
Versammlungsleiter Maier warf der Politik bei der Bewältigung der Pandemie Verstöße gegen das Grundgesetz und Kollegen aus dem Kreistag, an den er einen Antrag zur Corona-Politik gestellt habe, Meineid vor, wenn sie diesen Antrag ablehnen würden.
Das Polizeipräsidium teilt auf Nachfrage zum Beitrag von Julian C. mit, die Redebeiträge würden genau angehört, rechtlich bewertet auf die Frage hin, ob es einen Anfangsverdacht auf strafbare Äußerungen gebe und – wenn notwendig – der Staatsanwaltschaft zur Überprüfung übergeben.
Jusos warnen vor Verschwörungstheorien
Bei der Demonstration auf Einladung der Jusos Rosenheim-Land warnten mehrere Redner vor der Gefahr, dass Gegner der Corona-Politik von verfassungsfeindlichen Kräften unterwandert werden könnten. Versammlungsleiter Luca Fischer betonte: . „Wir treffen uns hier, um für Demokratie und gegen Verschwörungstheorien und Querdenker zu demonstrieren. Die Mehrheit der Wasserburger Bürger ist für die Corona-Maßnahmen und setzt sich fürs Impfen ein.“ Wasserburgs Polizeichef Markus Steinmaßl betonte, die Beamten hätten etwa 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Versammlung am Rathaus gezählt.
Wasserburger Erklärung: Appell für Solidarität
Zu den Rednern gehörte hier unter anderem Walter Linner vom Bündnis„Wasserburg.bunt“. Er betonte. „Wir setzen hier ein Zeichen für Solidarität“. Das könnten die Bürgerinnen und Bürgern auch online tun, wenn sie die „Wasserburger Erklärung “ zeichnen würden. Diese wil der „schweigenden Mehrheit“ eine Stimme geben, die nach Überzeugung des Bündnisses hinter den Maßnahmen zur Bewältigung der Corona-Pandemie stehe und ihrer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung in diesem Zusammenhang nachkomme.