Container sind vom Tisch
Stadtverwaltung denkt um: So sollen Ukraine-Flüchtlinge in Westerndorf untergebracht werden
- VonAnna Heiseschließen
In Rosenheim leben derzeit 350 registrierte Ukraine-Flüchtlinge, in der kommenden Woche sollen es noch mehr werden. Die Stadt benötigt deshalb noch mehr Unterkünfte. Doch für einen der Vorschläge gab es vom Gremium jetzt vor allem eins: Kritik.
Rosenheim – Hinter Klaus Jordan liegen anstrengende Wochen. Erst vor einem Monat hatte die Stadt dem Vorsitzenden des SV Westerndorf St. Peter mitgeteilt, dass angedacht sei, auf dem Schulsportplatz in Westerndorf St. Peter Wohncontainer aufzustellen, um dort Menschen aus der Ukraine unterzubringen. So hatte die Stadt von der Regierung von Oberbayern den Auftrag erhalten, Platz für 463 Menschen zu schaffen. „Das kann mit der kurzfristigen Anmietung von Einzelwohnungen oder auch größeren Anlagen nicht bewältigt werden“, heißt es aus dem Rathaus.
Drei zweigeschossige Unterkünfte
Also haben sich die Verantwortlichen auf die Suche nach Unterbringungsmöglichkeiten gemacht. Das Problem: Die Standorte, die in Frage gekommen wären, seien entweder kurzfristig nicht verfügbar, nicht im städtischen Eigentum, aus Immissionsschutzgründen nicht möglich oder würden sich baurechtlich im Außenbereich befinden.
Rasenspielfeld in Mitte geteilt
Denkbar gewesen sei lediglich ein Teil des städtischen Grundstücks an der Römerstraße, auf dem sich im Moment das Schulsport- und Trainingsgelände des SV Westerndorf St. Peter befindet. Hier hätte dass Rasenspielfeld in der Mitte geteilt werden sollen, sodass die an das Schulgelände angrenzende Hälfte des Grundstücks weiterhin für den Sport zur Verfügung steht.
„Auf der östlichen Grundstückshälfte könnten bis zu drei zweigeschossige Unterkünfte für jeweils 50 Personen inklusive notwendige Auto- und Fahrradstellplätze und kleinem Außenbereich geschaffen werden“, teilt die Verwaltung mit. Die grob geschätzten Kosten hierfür liegen laut Verwaltung bei bis zu 2,5 Millionen Euro für zwölf Monate inklusive Rückbau.
Vor vollendete Tatsachen gestellt
„Wir wurden mehr oder weniger vor vollendete Tatsachen gestellt“, kritisiert Klaus Jordan. Weil er die Situation so nicht hinnehmen will, hat er einen Brief an Oberbürgermeister Andreas März (CSU) verfasst, in dem er gleich mehrere Argumente aufgelistet hat, warum über einen Alternativstandort nachgedacht werden sollte.
„Wenn dieser Standort so kommt, dann würden wir nicht mit der gleichen Anzahl an Jugendmannschaften weitermachen können“, schreibt Jordan. Er müsste Mannschaften abmelden und einen Aufnahmestopp verkünden. Zudem hätte die Entscheidung Konsequenzen für das soziale Umfeld im Rosenheimer Norden.
Eilantrag kurz vor dem Haupt- und Finanzausschuss
Es sind Gründe, die auch die SPD und „Die Partei“ auf den Plan gerufen haben. Kurz vor der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses forderten sie die Verwaltung per Eilantrag auf, andere Standorte zu untersuchen und von der Schulsportanlage in Westerndorf St. Peter abzusehen.
„Mit der Auswahl dieses Standortes wird die schwierige Entscheidungsgrundlage „Schul- und Vereinssport“ versus „Unterbringung ukrainischer Flüchtlinge“ provoziert, obwohl es eine Reihe geeigneter Alternativen gäbe, die es zu untersuchen gilt“, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende Abuzar Erdogan.
Alternativvorschlag erarbeitet
Der Protest aus den Reihen der Politik und dem Verein schien auch Oberbürgermeister Andreas März (CSU) dazu bewogen zu haben, kurz vor der Sitzung einen Alternativvorschlag zu erarbeiten: eine Tiny-House-Siedlung im Rosenheimer Norden. „Die Unterbringung in Containern ist nicht menschenwürdig“, sagte März.
30 Tiny-Häuser bis Herbst 2022
Auch deshalb spreche ihn die Vorstellung mehr an, bis zu 30 Tiny-Häuser für die städtischen Flächen nördlich der Technischen Hochschule bis Herbst 2022 anzuschaffen. „Ich finde die Idee gut, dass wir von den Containern wegkommen“, sagte auch Abuzar Erdogan. Aber er machte auch noch einmal deutlich, dass man in Zukunft bei der Suche nach Standorten nicht nur auf städtische Flächen schauen dürfte. So würde seiner Meinung nach auch das Gelände der Bundespolizei oder Grundstücke, die der Kirche gehören, in Frage kommen.
Weg von Bebauung auf Sportflächen
„Wir sollten uns intensiv um Alternativen bemühen“, sagte auch Robert Multrus, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler/UP. Die Möglichkeit, die Menschen aus der Ukraine in Tiny-Häusern unterzubringen, sei in seinen Augen sehr erfreulich. „Wir müssen damit aufhören, immer auf Sport- und Spielflächen zurückzugreifen“, sagte Stadtrat Franz Opperer (Grüne).
Die Anschaffung von Tiny-Häusern sei der richtige Weg, zudem hätten die Häuser einen höheren Wiederverkaufswert als Container. Er regte an, mit der Technischen Hochschule oder heimischen Firmen zusammenzuarbeiten, um Holzhäuser zu bauen, da „Tiny-Häuser eine schlechte Ökobilanz haben“. „Geschwindigkeit geht jetzt vor Ökologie“, entgegnete Herbert Borrmann, Fraktionsvorsitzende der CSU. Man müsse schauen, den Vorschlag zügig auf den Weg zu bringen.
Baurechtliche Prüfung
Einstimmig sprachen sich die Stadträte letztendlich für den Vorschlag von Oberbürgermeister Andreas März aus, eine Tiny-Hause-Siedlung im Rosenheimer Norden zu errichten. „Jetzt folgen eine baurechtliche Prüfung, die Erschließungsplanung sowie der Beschaffungsprozess“, teilt die Stadt auf Nachfrage mit.