Wenn das Geld nicht für den Baum reicht
Rosenheim – Vorsichtig befestigt Joseph Darnreiter (60) den Christbaum auf dem Gepäckträger seines Radls.
„Ich bekomme noch keine Rente, da reicht das Geld nicht für einen Baum“, sagt er. Umso schöner findet er die Christbaum-Schmück-Aktion des Wirtschaftlichen Verbandes. Dieser spendete 80 Bäumchen für Menschen in Not (wir berichteten). Auch Darnreiter gehört zu den Beschenkten.
Eine Woche hatten Passanten die Möglichkeit, die Bäume in der Heilig-Geist-Kirche mit selbst mitgebrachten Kugeln und Figuren zu verschönern. Die Ergebnisse können sich sehen lassen, findet auch Darnreiter beim Blick auf seinen Baum. Goldene, grüne und silberne Kugeln hängen in den Zweigen, rote Ornamente sorgen für zusätzliche Hingucker. „Fehlen nur noch eine Lichterkette und ganz viel Lametta“, sagt der 60-Jährige, bevor er sein Radl vorsichtig mit dem Christbaum auf den Gepäckträger über den Max-Josefs-Platz nach Hause schiebt.
Für die Dekoration der Bäume verantwortlich waren unter anderem Karin Krieger, Christine Wagenstaller und Gabrielle Engmann. „Wir wollten einfach jemanden eine Freude machen“, sind die drei sich einig. Einer der von ihren geschmückten Bäume ging an Verona A. Die 81-Jährige nimmt das liebevoll geschmückte Christbäumchen vom Projektleiter des vom Wirtschaftlichen Verband organisierten Christkindlmarktes, Klaus Hertreiter, entgegen.
Seit fast 50 Jahren lebt die stets gut gelaunte Rentnerin in Rosenheim. „Ich bin in Ungarn geboren, in Jugoslawien aufgewachsen und in Deutschland alt geworden“, erzählt sie, während sie ihren mit blauen Kugeln und Ornamenten geschmückten Baum betrachtet. „Ich hänge zuhause noch ein paar Kugeln dran.“ Seit acht Jahren bekommt die Rosenheimerin jetzt schon einen Christbaum vom Wirtschaftlichen Verband. Mit einem Monatseinkommen von 550 Euro könnte sie sich einen Kauf nicht leisten, bedauert sie. Wie gut, dass die Leiterin der Rosenheimer Tafel, Elisabeth Barl, Verona A. vor einigen Jahren von der Aktion des Wirtschaftlichen Verbandes erzählt hatte.
Weihnachtsstimmung herrscht so auch in ihrem Wohnzimmer, trotz fehlenden finanziellen Mittel. Und auch sonst macht die Rentnerin das Beste aus ihrem bescheidenen Leben. „Ich bin zufrieden“, betont sie immer wieder. Seit dem Tod ihres Mannes vor zehn Jahren feiert sie die Festtage mit ihren Söhnen und deren Familien. Alle erhalten Kekse, selbst gebacken – mit viel Liebe. „Ich bastle und backe unheimlich gern“ sagt sie. Die kleinen Dinge des Lebens bereiten der Rentnerin die größten Freuden. Und helfen ihr, über viele Schicksalsschläge hinweg. Ihren Optimismus hat sie nicht verloren. „Ich bin unheimlich dankbar“, sagt sie mit Blick auf ihren liebevoll geschmückten Christbaum. Worte die nicht nur an den Wirtschaftlichen Verband gerichtet sind, sondern auch die Rosenheimer Tafel und den Vinzentius-Verein, dessen Helfer ihr geholfen haben, den Baum nach Hause zu transportieren.