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Wählen ab 16 Jahre? – Wie sich die Parteien in Rosenheim dazu positionieren

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Von: Anna Heise

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Demonstration für Wählen ab 16
Eine Teilnehmerin hält während einer Demonstration für die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre ein Schild, auf dem «Ich will meine Zukunft selbst wählen #altgenug» steht. © Sebastian Gollnow

Die Initiative „Vote 16“ will, dass Jugendliche politisch mitentscheiden dürfen. In Rosenheim gehen die Meinungen darüber auseinander: Während sich SPD, Freie Wähler/UP und Grüne für ein Wahlalter ab 16 Jahren aussprechen, sind CSU und AfD strikt dagegen.

Rosenheim - Valentin Laupheimer will endlich mitentscheiden. „Es werden viele langfristige Entscheidungen in der Politik getroffen“, sagt der 15-jährige Rosenheimer. Er nennt den Klimaschutz als Beispiel, erinnerte daran, dass seine Generation diejenige sei, die mit den Folgen der getroffenen Entscheidungen leben müsste. Zudem finde er es wichtig, Verantwortung zu übernehmen und hofft deshalb auf eine Senkung des Wahlalters.

Volksbegehren gestartet

Damit das gelingt, hat der Bayerische Jugendring ein Volksbegehren zur Herabsetzung des Wahlalters in Bayern gestartet. Junge Leute sollen demnach bereits im Alter von 16 Jahren bei Landtags- und Kommunalwahlen ihre Stimme abgeben dürfen. „Im ersten Schritt müssen 25.000 Unterschriften gesammelt werden“, sagt Sonja Gintenreiter. Sie ist die Vorsitzende des Rosenheimer Stadtjugendrings und unterstützt die Initiative des Dachverbands. In der Geschäftsstelle liegt deshalb eine Unterschriftenliste, beim Parkfest soll die Initiative zudem vorgestellt und beworben werden.

„Junge Menschen sind an der Politik interessiert, werden aber nicht ermutigt“, sagt Gintenreiter. Dadurch entstehe ihr zufolge eine Politikverdrossenheit. „Jugendliche arbeiten und zahlen Steuern, werden aber beim Wahlrecht aktiv ausgeschlossen“, fügt sie hinzu. Gintenreiter erinnerte daran, dass in anderen Bundesländern das Wahlrecht mit 16 Jahren bereits eingeführt wurde - darunter in Bremen, Baden-Württemberg und Brandenburg.

In Rosenheim gehen die Meinungen auseinander

Zumindest in Rosenheim gehen die Meinungen darüber auseinander. „Wir sind nicht davon überzeugt, dass das Absenken des Wahlalters auf 16 Jahre das geeignete Mittel ist, um die Stimme der Jugend stärker in den Mittelpunkt des politischen Diskurses zu stellen“, sagte Herbert Borrmann, Fraktionsvorsitzende der CSU, auf OVB-Anfrage. Das Wahlrecht sei ihm zufolge eines der höchsten Bürgerrechte und sollte daher an die Bürgerpflichten, die aus Volljährigkeit und Strafmündigkeit entstehen, gekoppelt sein. „Warum sollte jemand über die Geschicke der Gesellschaft mitentscheiden, dem diese Gesellschaft noch nicht zutraut, einen Handyvertrag abzuschließen?“, hinterfragte Borrmann. Statt das Wahlalter auf 16 Jahre zu senken, plädierte er dafür, die demokratische Beteiligung der jüngeren Generation durch mehr politische Bildung an Schulen und Partizipation über kommunale Jugendparlamente zu erhöhen.

In Rosenheim laufen laut Valentin Laupheimer derzeit die Vorbereitungen zur Gründung eines Jugendparlaments. In den kommenden Monaten soll das Gespräch zu den jeweiligen Fraktionsvorsitzenden gesucht werden, um sie von der Idee zu überzeugen. Wie wichtig es ist, dass sich Jugendliche politisch engagieren, weiß auch Ricarda Krüger, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD. „Ich denke, dass Jugendliche mit 16 durchaus in der Lage sind, eine vernünftige Entscheidung zu treffen“, sagte sie. Mit einem Wahlrecht ab 16 könnte es ihr zufolge nicht nur gelingen, die Wahlbeteiligung zu erhöhen, sondern auch Jugendliche dazu zu animieren, sich parteipolitisch einzubringen.

Politikverdrossenheit entgegenwirken

Auch Robert Multrus, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler/UP, hält ein Wahlrecht ab dem 16. Lebensjahr für „durchaus begrüßenswert“. „Unsere jugendlichen Mitbürger sollen in die Verantwortung für das Gemeinwesen einbezogen werden“, sagte er auf OVB-Anfrage. Dies sei sobald als möglich erforderlich, um der Entwicklung einer Politikverdrossenheit entgegenzuwirken. „Mit 16 sind die jungen Menschen grundsätzlich in der Lage, das politische Geschehen zu beobachten und zu beurteilen“, ist Multrus überzeugt. Die Jugendlichen sollten laut dem Fraktionsvorsitzenden in die Entscheidungsfindung einbezogen werden, zumal die Wahlentscheidungen zum Teil auch Zeiträume betreffen würden, in denen sie „dann voll eigenverantwortlich sind“.

Dass 16- und 17-Jährige in der Lage sind, sich reflektiert mit politischen und gesellschaftlichen Themen auseinanderzusetzen, unterstreicht auch Peter Rutz, Fraktionsvorsitzender der Rosenheimer Grünen. Seine Fraktion habe sich bereits in den vergangenen Jahren immer wieder dafür eingesetzt, dass Jugendliche mehr an der Kommunalpolitik beteiligt werden. „Das ging von der Forderung nach Diskussionsforen für Jugendliche, über Jungbürger-Versammlungen bis hin zu einem Jugendparlament, immer vor dem Hintergrund, dass Jugendliche Gehör finden müssen in der Politik“, sagte Rutz. Klimawandel, Generationengerechtigkeit und lebenswerte Stadtlandschaften würden die Jugendlichen direkt betreffen, da sie „am längsten mit den Konsequenzen politischer Entscheidungsträger leben müssen“. Für ihn liege es deshalb auf der Hand, dass Jugendliche mitbestimmen müssen.

AfD kritisiert Vorschlag

Komplett gegen ein Wahlrecht ab 16 Jahren ist Andreas Kohlberger, Fraktionsvorsitzender der AfD. „Wahlrecht ab 18 wie bisher reicht völlig. Aber wir wissen, dass den Grünen und Roten die Wähler davon laufen, darum wollen die zwei genannten Parteien auch ein solches Wahlrecht einführen“, kritisierte Kohlberger. Er erinnerte daran, dass man erst ab 18 Jahren volljährig ist und das Erwachsenenstrafrecht sogar erst ab dem 21. Lebensjahr gilt. „Kinder kann man nicht belangen, über die Zukunft eines Landes zu entscheiden ohne jegliche Selbstständigkeit, Berufsleben oder fertige Ausbildung“, ergänzte er.

Trotz der Meinung von CSU und AfD ist Sonja Gintenreiter optimistisch, dass die 25.000 Unterschriften für den angestrebten Gesetzesentwurf zusammenkommen. Ist man erfolgreich, prüft das Innenministerium das Vorhaben. Anschließend wird ein Zeitraum für das Volksbegehren festgelegt. Innerhalb von 14 Tagen müssen sich dann mindestens zehn Prozent der Wahlberechtigten in Bayern in Eintragungslisten der Rathäuser wiederfinden. Erst danach wird das Begehren dem Landtag vorgelegt und ein Volksentscheid abgehalten.

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