„Kein Talent darf verloren gehen“
So hilft ein neues Projekt geflüchteten und sozial benachteiligten Familien in Rosenheim
- VonAnna Heiseschließen
Unter dem Motto „Kein Talent darf verloren gehen“ findet in der Endorfer Au eine Lern- und Hausaufgabenhilfe statt. An zwei Tagen in der Woche bekommen Kinder Unterstützung, die bisher kein Betreuungsangebot erhalten oder aufgrund von Corona Nachholbedarf haben. Wie wichtig das ist, zeigt ein Besuch.
Rosenheim – Can Shahabi lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Auch dann nicht, als sich gleich mehrere Menschen über seine Schulter beugen, um zu beobachten, wie er den rechten Arm von Spider-Man rot anmalt. Schräg gegenüber sitzt Esila Zümra. Sie tüftelt gerade daran, sich in wenigen Worten vorzustellen. Auf dem Papier vor ihr, das sie in rot, blau und grün gestaltet hat, stehen bereits ihr Name, ihr Alter und einige ihrer Hobbys.
Zahlreiche Partner sind mit an Bord
Shahabi und Zümra sind zwei von insgesamt 20 Kindern, die jeden Dienstag und Donnerstag ins Bürgerhaus E-Werk kommen, um dort gemeinsam mit Mitarbeitern von „Startklar Rosenheim-Ebersberg“ und „Socius“ Zeit zu verbringen. Einige machen ihre Hausaufgaben, andere basteln oder unterhalten sich mit ihrem Sitznachbarn. „Wir haben uns gefragt, wie wir Kinder aus bildungsfernen und sozial benachteiligten Familien bestmöglich unterstützen können“, sagt Christian Hlatky von „Startklar“. Seine Kollegin Lea Mutzbauer fügt hinzu: „Wir wollten die Kinder unterstützen, die pandemiebedingt abgehängt worden.“ Ziel sei es präventiv zu agieren und nicht erst dann, wenn die ersten Probleme entstehen.
Entstanden ist das Projekt „Kein Talent darf verloren gehen“, möglich gemacht durch die Bürgerstiftung, die in Zusammenarbeit mit der Hubert-Beck Stiftung, der Reichalmosenstiftung, beiden Rotary-Clubs der Stadt Rosenheim, der Sparkassenstiftung Zukunft und vielen weiteren Spendern, über 50 000 Euro gesammelt hat.
Wie gut das Projekt ankommt, weiß auch Miriam Lakowski, Rektorin an der Grundschule Pang. „Man merkt es nicht nur an den schulischen Leistungen, sondern auch am Selbstbewusstsein der Kinder“, sagt sie. Ihr sei es wichtig, dass es ein Angebot direkt in der Endorfer Au gibt. Unter anderem deshalb, weil viele der Eltern kein Auto hätten. An der Grundschule in Pang gebe es zwar Betreuungsplätze, diese würden aber nicht für alle Kinder ausreichen. „Es ist wichtig, dass jemand da ist, der Zeit hat“, sagt Lakowski.
Kinder bleiben auf der Strecke
Zeit nimmt sich, neben den Mitarbeitern von Startklar, auch der Verein „Socius“ um Geschäftsführer Mikail Akgül. „Socius“ bietet unter anderem eine Nachmittagsbetreuung an verschiedenen Schulen in der Stadt an. „Wir kennen die Probleme rund um die Pandemie. Viele Kinder bleiben auf der Strecke“, sagt Akgül.
Doch genau das soll in der Endorfer Au eben nicht passieren. „Wir helfen Rosenheimer Kindern mit Rosenheimer Geld. Darauf können wir stolz sein“, sagt Christian Hlatky. Im Moment würden vor allem Kinder, die in Gemeinschaftsunterkünften oder in der Endorfer Au leben, das Angebot – das vorerst bis Ende des Schuljahres 2022/23 läuft – wahrnehmen.
Dass der Bedarf da ist, zeigt die Tatsache, dass es mittlerweile sogar eine Warteliste gibt. „Wir wollen die Kinder so fit machen, dass sie vielleicht auch eine weiterführende Schule besuchen können“, sagt Miriam Lakowski. Die Kinder im Bürgerhaus E-Werk jedenfalls sind auf einem guten Weg.