Verkehr und Stadtbild
Neugestaltung: Warum liegen Pläne für Münchener Straße seit 30 Jahren in der Schublade?
- VonThomas Stöpplerschließen
Schon vor 32 Jahren gab es Pläne für die Neugestaltung der Münchener Straße, umgesetzt worden sind sie nur bruchstückhaft. Nicht nur der Planer wundert sich darüber. Die Stadt sagt, sie müsse priorisieren.
Rosenheim – Bernhard Schellmoser schreibt. Mal wieder. Eine E-Mail, einen Leserbrief. Das Thema ist meist das gleiche, aber Schellmoser findet immer einen Aspekt, der noch nicht behandelt wurde, oder zu dem er auch etwas zu sagen hat. Etwa zu den sieben Bäume, die in der Münchener Straße gepflanzt werden sollen. Schellmoser hätte nämlich gerne ein paar mehr: 55 insgesamt. So sah es sein Konzept vor, mit dem die Werkgemeinschaft Rosenheim, die Ausschreibung zur Neugestaltung der Straße zwischen Kufsteiner Straße und Aventinstraße gewann. Das ist jetzt 30 Jahre her und passiert ist manches, aber weitem nicht alles.
Spanische Treppe statt Burger King
Nach Schellmosers Vorstellungen umgesetzt wurde der Abschnitt rund um den Salingarten. Schellmoser legt zwei Fotos auf den Tisch: Einmal die Münchener Straße vor 1990, breite Straße, schmaler Gehweg und kein bisschen grün, und einmal danach: Menschen, Bäume, wenig Autos. Auf Schellmosers Plan ist noch eine Pagode zu sehen, aber um die sei es nicht schade, sagt er. Hauptsache weniger Verkehr, mehr Platz für Fußgänger und das viele Grün. Mit der Herrlichkeit ist es dann aber gleich wieder vorbei. Westlich der Bahnhofstraße ist alles wie gehabt: sehr grau. Dabei sah Schellmosers Plan vor, dass die Bepflanzung weiter bis zur Ecke Aventinstraße geht.
Auch sah der Plan einen Platz vor, den es nicht gab und auch nicht gibt, den „Samerplatz“. An der Ecke zur Samerstraße sollte ein kleiner Platz entstehen. „Mit spanischer Treppe“, sagt Schellmoser und lacht ein wenig angesichts der Größendimension. „Aber im Ernst, um den Platz bin ich immer noch traurig“, sagt er.
Trotz Sperrung kein Verkehrschaos
Ihm muss es manchmal wie Hohn vorkommen, wenn über Fußgängerzonen oder Straßenbegrünung diskutiert wird. Wie jetzt im Zusammenhang mit dem nächtlichen Autofahrverbot rund um den Salingarten. „Anfang der 90-er war die Straße mal ein Jahr lang gesperrt, weil die Wasserleitungen erneuert wurden“, erzählt er. Schon damals sei die Angst vor dem Verkehrskollaps groß gewesen. Aber nichts da. Der Verkehr floss ruhig ab.
Schellmoser erzählt von den Planungen und erinnert sich an noch so kleine Details: Den Boden etwa, was für Steine man nimmt und weshalb, denn zu klein dürfen sie nicht sein, weil das bei Schuhen mit hohem Absatz unangenehm ist. Werden sie zu groß, schaut es klobig aus. „Die Bäume so zu platzieren war Millimeterarbeit“, erinnert er sich. Er und seine Kollegen hätten viel mit den Anliegern gesprochen, damit deren Wünsche auch zur Geltung kämen. Schellmoser schüttelt mit dem Kopf: „Ich muss das gar nicht selber machen, mir geht es um die Stadt.“
„Wir haben das nie aus den Augen verloren“
Die freilich kennt die Pläne sehr gut. In einem Mitteilungsblatt vom Mai 1990 werden die Pläne vorgestellt: „Es ist beabsichtigt, mit einem Bauabschnitt schon im kommenden Jahr zu beginnen“, schreibt der damalige Bürgermeister Michael Stöcker.
Aber alles westlich der Bahnhofstraße? „Wir haben das nie aus den Augen verloren“, erklärt ein Sprecher der Stadt. Aber die Stadt müsse halt priorisieren – besonders in Krisenzeiten wie der Coronapandemie. Dazu habe das Konzept ein Problem – also nicht das Konzept als solches sondern sein Kontext: Die Münchener Straße gehört zum Gesamtkonzept Bahnhofsareal. Da gehe es um viele andere Fragen und Baustellen. Etwa eine Brücke für Fußgänger und Radler über die Gleise am Medical Cube. Auch seien Grundstücksfragen ungeklärt. Welche Grundstücke es betrifft, dazu machte die Stadt keine Angaben.
Ob die Stadt den „Samer Platz“ gebaut hätte, ist eine Frage, die sich nicht stellte. Das Grundstück gehört und gehörte auch in der jüngeren Geschichte nicht der Stadt.
Ein Fundament ohne Aufbauten
Definitiv unter den Tisch gefallen ist allerdings die Pergola. Die Werkgemeinschaft Rosenheim hatte am Salingarten eine solche angedacht und dafür wurde bereits ein Fundament gegossen. Der städtische Sprecher erklärt hierzu, dass man im Zuge der Bauarbeiten Anfang der 90er das Fundament gegossen habe, um sich nicht die Chance für die Überdachung zu nehmen, der Stadtrat habe sich aber dann gegen diese ausgesprochen. Schellmoser sei das nicht wichtig, er findet den Bereich am Salingarten schön. Nur den Rest der Münchener Straße, der sei halt grau und voller Autos. Dass die sieben Bäume „nicht das Ende der Fahnenstange sein sollen“, so der städtische Sprecher, ist da ein schwacher Trost.