Debatte um Kita-Essen
München streicht Fisch von der Speisekarte: Fliegt er auch in Rosenheim vom Tisch?
- VonThomas Stöpplerschließen
In München soll es ab Herbst sehr viel weniger Fisch in den städtischen Krippen, Horten und Kindergärten geben. Von der Opposition gibt es viel Kritik. Aber wie wichtig ist Fisch eigentlich, und wie schaut es in Rosenheimer Kitas aus?
Rosenheim - „Jein“, sagt die Rosenheimer Ökotrophologin Bettina Knörr auf die Frage, ob Fisch denn auf den Tisch gehöre oder man ihn doch weglassen könne. „Wir brauchen zwei Inhaltsstoffe, die im Fisch besonders gut verfügbar sind: Jod und Omega 3 Fettsäure“, erklärt sie. Eiweiße und andere Nährstoffe und Mineralien, die im Fisch enthalten sind, könne man gut durch andere Lebensmittel ersetzen. Nur eben bei Omega-3-Fettsäuren und beim Jod wird es schwierig. Das gelte für Erwachsene genauso wie für Kinder.
Überfischung und Schwermetalle
Die Kinder sollen in Zukunft allerdings deutlich weniger Fisch bekommen als bisher - jedenfalls in München. Das Bildungsreferat will ab kommendem Herbst bei den sogenannten „Cook and Freeze“-Mahlzeiten ohne Fisch auskommen. Die „Cook and Freeze“-Mahlzeiten machen rund 60 Prozent des Mittagessens in Kitas aus, in Horten sind es sogar 80 Prozent. Damit würde Fisch weitestgehend aus dem Speiseplan verschwinden. Hintergrund sei eine Empfehlung der deutschen Gesellschaft für Ernährung, die wegen der Überfischung der Weltmeere sowie der Schwermetall- und Mikroplastikbelastung davor warnt, zu viel Fisch zu essen.
In Rosenheim gibt es solche Planungen nicht. Wie ein Sprecher der Stadt mitteilte, sei der Speiseplan der städtischen Kindergärten und Horte deren Sache und die Stadt hätte - anders als in München - keine Verträge mit Anbietern von Tiefkühlkost. Auch bei den Kindergärten der Diakonie in Rosenheim gibt es keine klaren Vorgaben. Allerdings erklärte Ulrike Blank, Regionalleiterin Kitas bei der Diakonie, dass man „Wert auf einen ausgewogenen Speiseplan legt, der sowohl für Krippen als auch für Kindergartenkinder geeignet ist.“ Fisch gehöre da dazu, er werde allerdings maximal einmal pro Woche serviert, oftmals deutlich weniger.
Kritik von CSU und Freien Wählern
Im Münchner Stadtrat hagelte es gleich Kritik, CSU und Freie Wähler monierten, dass man statt des ökologisch vorbelasteten Seefischs heimische Zuchtfische nehmen könnte: Also Lachsforelle statt Lachsfilet aus Norwegen, und Karpfen und Wels für Fischstäbchen statt Seelachs. Das ist aber nur bedingt eine Alternative: In München wird vor den Gräten gewarnt. Mag überzogen klingen. Aber eine Aufsicht über 15 Kinder beim Essen ist für das Personal wohl kaum zu leisten.
Den anderen wichtigen Punkt, der heimischen Fisch nur bedingt als Alternative zulässt, nennt Ökotrophologin Knorr: „Süßwasser-Fisch enthält kein Jod.“ Während man den Bedarf an Omega-3-Fettsäuren durch Raps- und Leinöl oder etwa Walnüsse gut decken könne, ist das bei Jod schwieriger. „Eigentlich kann man nur jodiertes Salz nehmen“, erklärt sie. Und Milchprodukte, die enthalten auch Jod, aber nichtsdestotrotz sei Bayern eine Jodmangelregion. Da helfe der lokale Fisch eben auch nicht.
„Der größte Fehler ist Einseitigkeit“
Knörr sagt, man könne keine generelle Entscheidung für oder gegen Fisch treffen. Zum einen sei das schlicht eine Abwägungsfrage: „Was ist mir wichtiger: Die Nährstoffe oder die ethischen Gesichtspunkte?“.
Zum andern seien Menschen eben unterschiedlich, und so sei auch ihr Nährstoffbedarf unterschiedlich. „Der eine kann etwas leicht ergänzen, der andere vielleicht nicht.“ Grundsätzlich gelte aber, dass Salzwasserfisch für Kinder nicht wichtiger sei als für Erwachsene. Wichtig sei bei der Ernährung, ob von Erwachsenen oder Kindern, vor allem die Abwechslung. „Der größte Fehler ist die Einseitigkeit“, sagt Knörr.